Das Projekt „Prison Break“ vermittelt Geschichte spielend
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QR-Codes scannen, Morsezeichen-Nachrichten entschlüsseln und dabei den Ort des heutigen Pavillon besser kennenlernen: das App-Spiel „Pavillon Prison Break“ von Marcus Munzlinger wird nun ausgezeichnet.
© Quelle: Tim Schaarschmidt
Hannover. Die Idee für das App-Spiel „Pavillon Prison Break“ klingt nach Science Fiction und „Terminator“: Im Jahr 2168 steht auf dem Gelände des Kulturzentrums Pavillon eine Besserungsanstalt. Eine Künstliche Intelligenz namens Good Sense möchte dort aus Menschen willenlose Cyborgs machen. Doch es regt sich Widerstand. Eine Lucy aus dem Jahr 2168 wendet sich daher eindringlich mit Videobotschaften an die Besucher des Pavillon in der Gegenwart und bittet um Hilfe. Der Kampf um die Zukunft beginnt: Spieler müssen Rätsel lösen und im Kulturzentrum QR-Codes scannen, Morsezeichen entschlüsseln, nach immer neuen Hinweisen suchen. Dabei führt sie die digitale Schnitzeljagd zum Welfenplatz, ins Ihme-Zentrum und immer wieder in die Vergangenheit. Denn um die Missionen der Gegenwart und Zukunft zu lösen, braucht es Hinweise aus der Vergangenheit – und da bietet die Geschichte des Orts von 1863 bis 1965 eine Fülle von gesellschaftlichen Ereignissen. Die Spieler erfahren durch Texte, Videos und Bilder von Fritz Haarmanns Enthauptung im Gerichtsgefängnis, von politischen Insassen wie die Aktivisten Ernst Thälmann und Otto Brenner, und von Geschichten wie der Hoffnungsbirke, die auf der Mauer des Gefängnisses wuchs.
Um diese spielerische Vermittlung von Geschichte und Stadtentwicklung geht es Marcus Munzlinger. 2017 stellte der studierte Philologe und Pavillon-Programmplaner mit Netzpolitik-Schwerpunkt das Spiel vor, dessen Level gemeinsam mit Senioren, Studenten und Anwohnern in Workshops entwickelt wurden. Das Spiel war für den Preis des Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung nominiert, nun bekommt der 35-Jährige den mit 7777 Euro dotierten Kunstpreis „Pro Visio“ der Stiftung Kulturregion für das sogenannte Gamification-Projekt. „Es ist eine tolle Wertschätzung für unsere Arbeit und ein guter Hinweis darauf, dass unser partizipatives Angebot richtig liegt“, sagt Munzlinger. „Ein Spiel ist das richtige Medium, um Geschichte mehrdimensional zu erzählen. Geschichte kann sich so richtig entfalten.“ Der Pavillon sei bundesweit das erste Kulturzentrum mit einem eigenen digitalen Spiel.
Seit 2017 wurden 19 Levels mit Schulklassen oder Vereinen entwickelt, das Spiel wächst. „Aber man muss das Programm ständig aktualisieren“, sagt Munzlinger. „Wir hatten einen Hinweis im Plattenladen 25 Music versteckt – nun ist er umgezogen.“ Ein anderes Rätsel verbarg sich am Andreas-Hermes-Platz – dort entsteht gerade ein Hotel. Sechs Level stehen Nutzern derzeit zur Verfügung, um Platz- und Stadtgeschichte auf spannende Art kennenzulernen. Demnächst sollen wieder weitere Level freigeschaltet werden. „Und das Level, das alle Handlungsstränge verbindet, kommt auch noch“, verrät Munzlinger, der derzeit an einem intuitiven Chatbot arbeitet. Aber zunächst steht die Preisverleihung am 2. April im Pavillon an. Wenn die Spieler erfolgreich sind, wird sich Widerstandskämpferin Lucy aus der Zukunft gern daran erinnern.
Die App des sogenannten Location Based Game „Pavillon Prison Break“ ist für Smartphone und Tablet kostenlos zu haben. Das Spiel wurde mit Mitteln der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Niedersachsen und des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur gefördert.
Von Jan Sedelies