Influenza

Die Grippe legt Hannover lahm

Die Grippewelle führt dazu, dass manche Geschäfte und Cafés, wie hier in der Nordstadt, ihre Öffnungszeiten einschränken oder ganz geschlossen bleiben.

Symbolbild

Hannover. Die Zahl der Grippekranken in Hannover ist innerhalb einer Woche stark gestiegen. Kleinere Betriebe melden sich komplett ab, Geschäfte schränken ihre Öffnungszeiten ein. „Bei uns sind acht von zehn Mitarbeitern krank“, berichtet ein Cafébetreiber in der Nordstadt. An der Tür verkündet ein handschriftlicher Zettel, dass das Lokal wegen Grippe ab 18 Uhr geschlossen ist.

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Die Grippewelle führt dazu, dass manche Geschäfte und Cafés, wie hier in der Nordstadt, ihre Öffnungszeiten einschränken oder ganz geschlossen bleiben.

Die Grippewelle führt dazu, dass manche Geschäfte und Cafés, wie hier in der Nordstadt, ihre Öffnungszeiten einschränken oder ganz geschlossen bleiben.

Die Region Hannover hat aktuell – Stand Freitag – 345 bestätigte Grippefälle registriert. Eine Woche zuvor gab es gut 200 offiziell festgestellte Fälle der echten Grippe. Die Region erfasst dazu alle Kranken aus Kliniken und Arztpraxen, deren Infektion per Laboruntersuchung bestätigt ist. Der bisher erreichte Stand von 345 Influenzakranken liegt weit mehr als doppelt so hoch wie im vorhergehenden Winter. In der vergangenen Saison wurden 141 Fälle registriert, im Winter 2015/16 waren es 133 Kranke. Die Schwankungen in Stärke und Dauer der Grippewelle seien allerdings noch als normal zu werten, sagt Mustafa Yilmaz, Leiter des Fachbereichs Gesundheit der Region.

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Wartezimmer sind übervoll

Neben der echten Grippe, die mit starkem Fieber einhergeht und Kranke oft zwei bis drei Wochen ans Bett fesselt, grassieren etliche weitere Virusinfektionen. Zu den Hausärzten wie der Praxis Allinmed in der Südstadt kommen derzeit vor allem Patienten mit Influenza oder grippalem Infekt. Wenn sie es nicht gleich vorziehen, sich per Ferndiagnose am Telefon beraten zu lassen. Die Wartezimmer sind oft übervoll. „Bei uns müssen fast täglich Patienten im Stehen warten, weil die Sitzplätze nicht reichen. Das haben wir so noch nicht erlebt“, berichtet Christina Ertel, Medizinische Fachangestellte bei den Ärztinnen Cordula Koch, Charlotte Albers und Maryam Mokhtarzadeh-Elki.

„Es gibt keine wirksamen Medikamente gegen die Grippe“, betont Prof. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Die MHH-Ärzte sind aktuell mit besonders vielen Schwerkranken konfrontiert, deren Grippe zu Atemversagen oder Herzinfarkt führte. Die Intensivstationen für Kardiologie und Innere Medizin sind zur Hälfte mit Influenza-Patienten belegt. Der Lungenexperte Welte bemängelt angesichts der tödlichen Risiken einer Grippe die Impfskepsis in der Bevölkerung.

Eine frühzeitige Impfung im Herbst sei der beste Schutz gegen Grippe, sagt auch Amtsarzt Yilmaz. Jetzt lässt sich das Risiko einer Ansteckung nur verringern, indem  an Grippe Erkrankte möglichst gemieden werden. Auch regelmäßiges Händewaschen sowie Husten und Niesen in die Armbeuge sind ratsam. Zur Stärkung des Immunsystems empfiehlt Yilmaz Bewegung an der frischen Luft in warmer Kleidung, ausreichend Schlaf sowie vitaminreiche Ernährung.

Kritik an falscher Impfempfehlung

Lungenexperte Prof. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, kritisiert die Impfstoffwahl der Krankenkassen.

Herr Prof. Welte, steht die starke Grippewelle dieser Saison in Zusammenhang mit dem von den Krankenkassen finanzierten Impfstoff?

Die Empfehlung für den Dreifachimpfstoff, der nicht gegen die Influenza-B-Variante Typ Yamagata wirkt, war schlicht eine Fehlentscheidung der Behörden. Der bessere Vierfachimpfstoff wurde aus Kostengründen nicht gewählt. 80 Prozent der Kranken sind mit Influenza B infiziert. Deutschlandweit sind knapp über 200 Todesfälle gemeldet.

Als sich im November zeigte, dass in dieser Saison Influenza B dominiert, war der Impfstoff längst produziert, viele Patienten bereits geimpft.

Unserer Gesundheitsbürokratie fehlen schnelle Entscheidungswege. Es wäre möglich gewesen, die Industrie zu stimulieren. Mitte/Ende Dezember hätten wir den richtigen Impfstoff gehabt.

Raten Sie im Zweifelsfall dazu, einen teureren Impfstoff selbst zu zahlen?

Ja, die echte Grippe ist kein Schnupfen, man kann an ihr sterben. Aber die irrationale Impfskepsis in Deutschland ist ein echtes Problem. Selbst in den Risikogruppen, chronisch Kranke, über 60-Jährige, Schwangere, Immungeschwächte sowie Berufstätige wie Busfahrer, Lehrer und Erzieher, lässt sich nur jeder Zweite impfen.

Von Bärbel Hilbig

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