Einstein-Elevator bekommt seine Gondel
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Ein Kran bugsiert die Gondel in den Turm des Hannover Institute of Technology (Hitec).
© Quelle: Frank Wilde
Hannover. Unscheinbar sieht der Behälter aus, wie ein vier Meter hohes dunkelgraues Überraschungsei. Doch die Forscher im Hannover Institute of Technology (Hitec) haben dem Objekt ungeduldig entgegen gefiebert. Erst mit dieser sogenannten Gondel ist der 40 Meter hohe Fallturm im neuen Forschungszentrum der Leibniz-Universität in der Callinstraße komplett.
Donnerstag Morgen haben Dachdecker eigens den „Deckel“ vom Turm entfernt, damit die Gondel von oben per Kran an ihren Platz gehievt werden kann. Denn im Fallturm befindet sich ein Gestänge, an dem die Gondel bei Experimenten wie eine Fahrstuhlkabine hinauf und hinab saust.
Im Einstein-Elevator, so der Name der ganzen Konstruktion, lässt sich innerhalb der Gondel für Experimente Schwerelosigkeit erreichen. Dafür schießen die Wissenschaftler die Vakuum-Kapsel an Schienen in dem Gerüstturm in die Höhe. Die Kapsel beschleunigt auf den ersten fünf Metern. Nach der Beschleunigungsphase löst sich die eigentliche Versuchsapparatur im Inneren und schwebt für vier Sekunden frei in der Kapsel. Diese fliegt dafür kontrolliert und geführt 20 Meter in die Höhe und fällt wieder 20 Meter hinab. Neben der Schwerelosigkeit lassen sich im Einstein-Elevator ganz unterschiedliche Schwerkraftverhältnisse, etwa wie auf dem Mond oder Mars, nachstellen.
Doch so weit ist es noch nicht. Jetzt geht es erst einmal darum, das Ende des Nieselregens abzuwarten. „Die Stangen im Turm sind auf den Bruchteil eines Millimeters ausgerichtet. Sie dürfen nicht nass werden und rosten“ erklärt Professor Wolfgang Ertmer, Initiator des Hitec-Forschungszentrums. Solange es regnet, bleibt deshalb der „Deckel“ auf dem Turm. Und solange bleiben auch die beiden Teile der Gondel im Lieferwagen. Gefertigt ist sie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, und kommt deshalb selbst nur auf ein Gewicht von etwa 500 Kilogramm. So können die Aufbauten für Experimente mehr wiegen. Inklusive Antrieb und Testaufbau darf die Gondel später bis zu 2,7 Tonnen Gewicht erreichen.
Bevor die Arbeiter die Gondel zusammensetzen, sind Aussparungen im unteren Teil sichtbar. Dort finden bei Experimenten Messsensoren ihren Platz, auch der eigentliche Versuchsaufbau wird dort verankert. Dann tritt das „Überraschungsei“ seine Reise durch die Luft an. Mitarbeiter setzen es im Turm in die Schienen, die Dachdecker schließen den Turm.
Bis die ersten Experimente starten, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Durch die eingedrungene kalte Luft haben sich die Metallschienen im Einstein-Elevator leicht verzogen. „Es wird ein bis zwei Wochen dauern, bis sich die Luft wieder auf 22 Grad eingependelt hat. Dann müssen wir die Schienen vermutlich neu einstellen“, schätzt Hitec-Geschäftsführer Alexander Wanner. Die Strecke im Turm ist 37 Meter lang, alle zwei Meter befinden sich neun Stellschrauben. Drei Hitec-Mitarbeiter haben eigens Kurse absolviert, damit sie diese Arbeit in luftiger Höhe erledigen können. Die erste Kalibrierung dauerte ein Vierteljahr. Wanner hofft nun, dass der Probebetrieb im Frühjahr starten kann. Im Sommer dürfte der Einstein-Elevator dann die ersten Dinge zum Schweben bringen.
Von Bärbel Hilbig
HAZ