Hundetrainerin zu Chico 

„Er tobte und versuchte mich anzugreifen“

„Kein Staffordshire-Terrier ist von Geburt an aggressiv“: Hundetrainerin Wiltrud Remstedt auf ihrem Hof in in Pattensen-Örie.

„Kein Staffordshire-Terrier ist von Geburt an aggressiv“: Hundetrainerin Wiltrud Remstedt auf ihrem Hof in in Pattensen-Örie.

Hannover. Es ist ihr Job, auch aggressive Hunde zu therapieren. Ein Zähne fletschender Staffordshire-Terrier macht Wiltrud Remstedt keine Angst, allenfalls macht er sie vorsichtig. So wie an jenem Tag im Februar 2011, als sie Chico begutachten sollte, den Hund, der am vergangenen Dienstag zwei Menschen totgebissen hat. Ein Mitarbeiter des Diakonischen Werks, der damals die betroffene Familie betreute, hatte die renommierte Hundetrainerin um eine Expertise gebeten. Es war keine behördlich angeordnete Begutachtung, sondern eine freiwillige – weshalb sie auch keine Konsequenzen für Hund und Halter nach sich zog. Aber spätestens seit dem Zeitpunkt war klar: Chico ist ein gefährlicher Hund.

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„Er tobte im Geschirr“

Der Diakonie-Mitarbeiter besuchte Remstedt auf dem Bauernhof in Pattensen-Örie, wo sie eine Hundeschule betreibt. Im Auto saß auch der damals 20-Jährige Hundehalter. „Der junge Mann stieg aber nicht aus. Ich hatte deutlich den Eindruck, dass er die ganze Aktion nur widerwillig mitmachte“, erinnert sich Wiltrud Remstedt am Wochenende im Gespräch mit der HAZ. So musste denn der Sozialarbeiter das Tier aus dem Auto holen. Ein robuster Mann von kräftiger Statur. Aber auch er hatte Mühe, das kläffende Tier zu halten. „Ich bat ihn, den Hund an der Deichsel eines Lastwagenanhängers festzubinden, weil ich Gefahr sah, dass das Tier sich selbst von diesem kräftigen Mann losreißen könnte.“

Remstedt hat ihre Begutachtung dokumentiert. Unter anderem heißt es da: „Mir wurde schnell klar, dass der Hund zu keinem Zeitpunkt frei von Aggressionen ist. Er fixierte mich sofort, tobte im Geschirr und versuchte, sich zu befreien, um mich anzugreifen.“ Der Hund war weder vom Sozialarbeiter, den er sonst durchaus respektierte, noch von seinem Besitzer überhaupt ansprechbar.

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„Zur Kampfmaschine abgerichtet“

Die Hundetrainerin war schon damals fest davon überzeugt, dass Chico von Menschenhand zu solch einer Kampfmaschine abgerichtet worden ist. „Kein Staffordshire-Terrier ist von Geburt an aggressiv. Die Rasse ist eigentlich sehr gelassen, wird in den USA zeitweilig sogar als Therapiehund eingesetzt, eben weil sie nichts aus der Ruhe bringt.“

Chico dagegen war schon als Junghund, der er vor sieben Jahren war, kaum noch zu bändigen. Rem­stedts damalige Empfehlung war eindeutig: „Der Hund sollte ab sofort ausschließlich mit kurzer Leine und Maulkorb geführt werden, um andere Menschen nicht zu gefährden. Zeitnah sollte er dem Veterinäramt zur Begutachtung vorgestellt werden.“

Im weiteren Verlauf des Verfahrens war Wiltrud Remstedt nicht mehr eingebunden. Der Sozialarbeiter aber schaltete nach HAZ-Informationen das Vormundschaftsgericht ein: Mutter und Sohn standen unter gerichtlich angeordneter Betreuung, der Sozialarbeiter fügte dem Hinweis auch die Einschätzung der Hundetrainerin über die Aggressivität des Hundes bei. Das Vormundschaftsgericht informierte das Veterinäramt, und das handelte zunächst richtig: Es forderte den Halter auf, den Hund offiziell bei der Stadt vorzustellen.

Halter hat sich verweigert

Dieser Aufforderung aber kam der Halter nicht nach. Dokumentiert ist nach HAZ-Informationen, dass bei der Stadt daraufhin überlegt wurde, ob es möglich ist, den Hund als gefährlich einzustufen und ihn dem Halter wegzunehmen. Das Ergebnis der Prüfung soll ein eindeutiges Ja gewesen sein. Warum der zuständige Mitarbeiter das nicht umsetzte, ist noch unklar – die Stadt prüft den Vorgang. Fest steht: Der Hund verschwand vom Radar der Behörden – mit dem schrecklichen Ende von vergangener Woche.

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Von Hans-Peter Wiechers

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