Erste Holz-Windkraftanlage in Hannover gestartet
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In Hannover ist die erste Holz-Windkraftanlage Deutschlands ans Netz gegangen.
© Quelle: Rainer Surrey
Garbsen. Seit Donnerstag hängt der Windkraft-Holzturm am Rande Hannovers endlich am Netz und speist Strom ein. Die Premiere für das weltweit erste Windrad mit Holzturm ließen sich Bundesumweltminister Peter Altmaier und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister nicht entgehen: Sie drückten gemeinsam mit Investor Prof. Edwin Kohl auf dem Gelände der Leibniz Universität in Marienwerder den Startknopf. Altmaier bezeichnete Niedersachsen als Schlüsselland für die Energiewende und lobte das innovative Projekt. Beide Politiker räumten selbstironisch ein, sie hätten sich die Realisierung nicht vorstellen können, als sie vor einigen Jahren von der Idee hörten.
McAllister erschien der Plan damals „utopisch“, Altmaier fand ihn, wohl angesichts des Materials, eher „altertümlich“. Gestern waren beide des Lobes voll für die Firma Timbertower, in der Bauingenieur Gregor Prass und Volkswirt Holger Giebel den Turm seit rund fünf Jahren entwickelt haben – eine nervenaufreibende Zeit für die stark geforderten Mitarbeiter und deren Familien.
Der 100 Meter hohe Turm besteht aus verleimten Hölzern. Die Platten sind versetzt in einer Helixstruktur montiert, sodass das Gebilde hohe Stabilität erhält und die schwere, konventionelle Turbine aus Stahl trägt. Eine beschichtete Folie schützt das Holz, optisch ähnelt der Turm deshalb anderen Windkraftanlagen. „Bei einem Rückbau kann das Holz in der Baubranche weiterverwendet werden“, erläuterte Prof. Kohl vor rund 400 Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, darunter Regionspräsident Hauke Jagau und Uni-Präsident Erich Barke, die zu den Unterstützern zählen. Hannover Impuls hat die Firma von Anfang an begleitet.
Wenn sich der Prototyp im Testbetrieb bewährt, kann der Holzturm neben der guten Ökobilanz durch den Naturstoff weitere Vorteile aufweisen. Kohl erinnerte an stetig steigende Stahlpreise. Holz sei als lokal nachwachsender Rohstoff dagegen recht preisstabil. „Wir nehmen Fichte oder Weißtanne aus nachhaltiger Holzwirtschaft. Es werden also keine Wälder abgeholzt.“ Die Energiewende verlange dezentrale Stromversorgung auch in eher windarmen Regionen in Süddeutschland.
Dafür sei der Turm gut geeignet, warb Investor Kohl. Die Holzplatten ließen sich im Gegensatz zu sperrigen Stahlteilen an unzugängliche Standorte bringen. Timbertower plant nun eine Anlage mit 145 Metern Höhe und will das Stahlbetonfundament durch Holz ersetzen. In fünf Jahren sind rund 5,5 Millionen Euro in das Projekt geflossen, darunter 600.000 Euro Förderung vom Land.
Die Genehmigung für den Betrieb war erst diese Woche ergangen. Altmaier hatte die Anlage bereits Ende November beim Besuch in Hannover in Augenschein nehmen wollen, da lag das Stromkabel noch nicht. Jetzt hat es geklappt.
Zahlen und Fakten zum Timbertower
• Höhe inklusive Fundament: 100 Meter
• Mögliche Leistung: 1,5 Megawatt (ergibt rechnerisch Strom für 1000 Haushalte)
• Material: zu Platten verleimte Vollholzbretter aus Fichte
• Oberfläche: beschichtete Folie
• Gewicht des Holzturms: rund 192 Tonnen
• Volumen: rund 400 Kubikmeter Holz
• Gewicht der Gondel inklusive Rotorenblätter: 100 Tonnen
• Geschätzte Lebensdauer: mindestens 40 Jahre
Dieser Artikel wurde aktualisiert.
HAZ