Gedichte von Häftlingen präsentiert
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Stilles Gedenken: Auf dem heutigen Wasserstadt-Gelände lag einst das KZ Limmer.
© Quelle: Philipp von Ditfurth
Hannover. Die Texte handeln von Hunger und Angst, von Läusen, vom Vegetieren auf Strohsäcken und von der Sehnsucht nach Daheim. Mehr als 1000 Frauen waren bis 1945 im KZ Limmer zusammengepfercht, viele mussten bis zur Erschöpfung Gasmasken im nahen Conti-Werk produzieren – und um dem Lagerleben wenigstens gedanklich kurz zu entkommen, schrieben einige von ihnen Gedichte. Manche kritzelten sie auf Fetzen von Zementtüten nieder. „Wir schrieben, um nicht weinen zu müssen“, sagte eine polnische Gefangene später.
In einer bewegenden Lesung haben Mitarbeiter des Arbeitskreises „Ein Mahnmal für das Frauen-KZ in Limmer“ jetzt einige der Gedichte vorgetragen – in der Sackmannstraße, wo früher der Elektrozaum des Lagers stand. „Wir wollen die Häftlinge selbst zu Wort kommen lassen“, sagte Initiator Horst Dralle vor der Lesung, die Holger Kirleis mit düsteren Klängen an der Blasharmonika musikalisch begleitete.
„Jede hat unglaubliche Lust, eine Scheibe Brot zu verschlingen“, heißt es in einem Text, den die Polin Maria Kudaj überliefert hat, „die Gedanken und der Magen kreisen nur um das eine.“ Andere Gedichte erzählen von Freiheitsträumen und Freundschaft. Sie waren kleine, geistige Fluchten. Literarische Notausgänge aus einer grausamen Wirklichkeit. Aus den Worten gegen die Angst sind heute Worte gegen das Vergessen geworden.
Von Simon Benne
HAZ