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Hannover

Schröder darf SPD-Mitglied bleiben

Hannover. Altkanzler Gerhard Schröder wird trotz seiner Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht aus der SPD ausgeschlossen. Das hat die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover jetzt entschieden. Der Beschluss mit der Begründung liegt dieser Zeitung vor. Vorausgegangen war ein monatelanges Ringen in der Partei.

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Sieben SPD-Gliederungen hatten Einspruch gegen die Entscheidung des SPD-Unterbezirks Hannover in erster Instanz eingelegt, wonach Schröder mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Unter den sieben Parteigliederungen sind SPD-Verbände aus Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, aber nicht aus Niedersachsen.

Schröder zeigte sich nach einem Bericht des „Stern“ am Donnerstag kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung zufrieden, dass nach Auffassung der Schiedskommission weiter keine Gründe für einen Parteiausschluss vorliegen. Er sei „nicht überrascht“ von der Entscheidung, ließ Schröder dem Nachrichtenmagazin über Vertraute ausrichten. Die Entscheidung der Schiedskommission, bereits die zweite zugunsten Schröders, sei „juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent“, so der Ex-Kanzler.

Keine Rüge für Schröder

In dem Verfahren wäre auch einen Rüge für Schröder möglich gewesen, die die Schiedskommission aber nicht ausspricht. Die Antragssteller können jetzt Berufung einlegen. In dritter Instanz könnte der Fall auch noch vor die SPD-Bundesschiedskommission kommen. Das gilt aber als unwahrscheinlich.

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Das Parteiordnungsverfahren hatten ursprünglich 17 Parteigliederungen wegen Schröders engen Beziehungen zu Russland ins Rollen gebracht. In dem Verfahren wäre als härteste Sanktion ein Ausschluss Schröders aus der SPD möglich.

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Enger Freund von Putin

Schröder gilt als enger Freund von Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte der Altkanzler zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.

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In dem Beschluss der Schiedskommission heißt es, dass sich „nicht mit hinreichender Sicherheit“ feststellen lasse, dass Schröder gegen „Statuten, Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht beziehungsweise die innerparteiliche Solidarität außer Acht gelassen“ habe.

Verhandlungen in Istanbul und Moskau

Nach Ansicht der Schiedskommission hat sich der Ex-Kanzler – zumindest vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges und in den ersten Wochen nach dessen Beginn – „maßgeblich davon leiten lassen, seine Verbindungen dazu zu nutzen, den Krieg zu beenden“. So habe Schröder am 7. März 2022 in Istanbul mehrere Stunden lang mit einem Unterhändler der ukrainischen Regierung gesprochen.

Wörtlich heißt es in dem Beschluss weiter: „Später, im Taxi zum Flughafen, rief Schröder einen Vertrauensmann bei der russischen Botschaft in Berlin an, um zu fragen, ob Putin ihn empfangen könne. Zehn Minuten später gab es die Zusage und am 9. März wurde ein russisches Flugzeug geschickt, um ihn in Istanbul abzuholen.“ In Moskau sei Schröder wie ein Staatsoberhaupt behandelt worden und habe am berühmten 6-Meter-Tisch von Putin Platz nehmen dürfen.

Auch andere Vorwürfe der SPD-Gliederungen lässt die Schiedskommission nicht gelten. So hat Schröder bei der Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine nach ihrer Ansicht die damals herrschende Meinung in der Bundesregierung geteilt. Zudem habe der Ex-Kanzler auch zu keinem Zeitpunkt Kriegsverbrechen wie in Butcha verharmlost. Auch diesen Vorwurf hatten die Schröder-Kritiker demnach bei der mündlichen Verhandlung im Dezember vorgebracht.

Zwei weitere Anträge abgelehnt

In ihrem Beschluss weist die Schiedskommission auch gleichzeitig zwei andere Anträge zurück. So hatten die SPD-Gliederungen gefordert, durch Befragung von Zeugen zu ermitteln, welchen Einfluss „das Handeln und die Äußerungen“ des Ex-Kanzlers auf den Landtagswahlkampf 2022 in Nordrhein-Westfalen hatten. Zum anderen lehnt die Kommission auch die Vernehmung eines Zeugen ab, in dessen Unternehmen Schröder Aufsichtsrat war. Die Parteikritiker werfen ihm vor, dieses Mandat niedergelegt zu haben, weil das Unternehmen die Russlandpolitik der Bundesregierung unterstütze.

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Den Vorwurf gegen Schröder, er habe sich zu zögerlich aus den Aufsichtsgremien der Energiewirtschaft Russlands zurückgezogen, teilt die Schiedskommission dagegen. Große Teile der Sozialdemokratie und der Öffentlichkeit hätten eine „eindeutigere Positionierung, zum Beispiel durch die Aufgabe aller Aufsichtsfunktionen in von Russland dominierten Gesellschaften, durchaus erwartet“, heißt es in dem Beschluss. Einen Verstoß gegen die Parteiordnung kann die Kommission darin aber nicht sehen.

HAZ

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