Ärger um „Gartenstadt Anecamp“ in Hannover: Kirche sucht den Dialog
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Im Dialog: Vertreter der drei Kirchengemeinden haben bei einem Info-Cafe ihre Pläne für die Bebauung der Fläche vom Kleingartenverein Hahnenburg vorgestellt.
© Quelle: Andreas Voigt
Hannover. „Nimmt man uns den Garten weg? Muss ich Angst haben? Wann kommen die Bagger?“Antje Niewisch-Lennartz, die Vizevorsitzende im Vorstand der kirchlichen Arbeitsgemeinschaft Anecamp, fasst erst einmal mögliche Ängste der Kleingärtner zusammen, als sie das Info-Café auf dem Hof der Firma Helmut Vesterling Installationstechnik eröffnet. Rund 90 Interessierte sind gekommen, um sich über das Bauprojekt der Kirche zu informieren. „Die Veranstaltung dient dazu, diese Ängste abzubauen“, so Niewitsch-Lennartz. Man plane etwas, was möglich sei, um das Gelände besser zu machen. Mehr nicht. „Die Bagger rücken nicht an.“
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Plan: Auf 62.000 Quadratmetern soll die „Gartenstadt Anecamp“ entstehen. Ein Bauprojekt nach Vorbild vom Ecoville auf dem Kronsberg.
© Quelle: Andreas Voigt
Auf dem Gelände vom Kleingartenverein (KGV) Hahnenburg am Döhrbruch in Bemerode planen die drei Kirchengemeinden St. Martin Anderten, St. Johannis Bemerode und Jakobi Kirchrode das Bauprojekt „Gartenstadt Anecamp“ – im südlichen Teil des Kleingärtnervereins. Ihnen gehört das Gelände. Auf rund 62.000 Quadratmetern soll ein genossenschaftlich organisiertes Wohngebiet nach dem Vorbild des Ecovillage am Kronsberg entstehen. Wie das Gelände bebaut werden könnte, darüber gaben die Vertreter der Kirchengemeinde nun Auskunft. Betroffen sind über 100 Kleingärtner. Aber: Die „Gartenstadt Anecamp“ existiert nur auf dem Papier, baurechtlich ist das Gelände für Kleingärten ausgewiesen – und das soll nach Willen von Rot-Grün im Rat auch so bleiben.
Protest-Plakate der Kleingärtner machen Stimmung deutlich
Was ganz im Sinne des Kleingartenvereins ist, der das Bauprojekt kategorisch ablehnt. Deutlich zu erkennen durch zwei Aufsteller, die zur Veranstaltung in Sichtweite der Firma Vesterling aufgestellt wurden: „Kleingärten erhalten. Keine Gartenstadt Hahnenburg“ ist darauf zu lesen. Ein paar Kleingärtner sind auch gekommen, um sich zu informieren. Vor allem aber sind Nachbarn da – und Bürger, die von der „Gartenstadt Anecamp“ gehört haben und Interesse haben, dort mal zu wohnen. Es wurde ein kritisch-konstruktiver Austausch, bei dem es durchaus Sympathisanten für die Bauidee gab.
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Im Gespräch bleiben: Die Kirchengemeinden haben Anregungen und Wünsche der Besucher eingesammelt.
© Quelle: Andreas Voigt
Was die Anlieger zu sehen und erläutert bekommen von den Garten-, Landschafts- und Stadtplanern, Architekten sowie Kirchenmitgliedern ist allerdings noch recht vage. Nur so viel: 500 bis 900 Personen sollen generationenübergreifend in der Gartenstadt leben. Sie wird autofrei, es gibt nur Mehrfamilienhäuser mit Wohnungen in verschiedenen Größen, angeordnet in schollenartigen Inseln zwischen viel Grün. Die Geschosse sind bislang nicht festgelegt, dürfe aber bei der Anzahl der geplanten Quartiersbewohner bei drei oder vier liegen. Öffentliche Flächen werden von allen Bewohnern genutzt. Und da auch das Spirituelle im Konzept der Gartenstadt berücksichtigt wird, gibt es einen Kirchenraum. Zudem eine Kita, ein Fitnessstudio und ein öffentliches Café.
Institut aus Oldenburg begleitet den Dialogprozess
„Wir haben keinen Zeitdruck. Wir haben Ideen, wie dieses Gebiet mal aussehen und intensiver genutzt werden kann“, so die Vizevorsitzende im Vorstand der kirchlichen Arbeitsgemeinschaft Anecamp. Für die Kirche war das Info-Café Auftakt für weitere Bürgerdialoge. Für diesen Prozess hat sie mit dem Institut für partizipatives Gestalten (IPG) aus Oldenburg sogar einen externen Dienstleister verpflichtet, der den Bürgerdialog moderiert.
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Der KGV Hahnenburg ist Teil des städtischen Kleingartenkonzeptes, das bis 2025 eine Reduzierung von Kleingartenparzellen zugunsten von Bauland vorsieht. Ersatzgärten sind laut dem Kleingartenkonzept am Nordkronsberg vorgesehen. Im Gebiet Ohefeld sollen langfristig bis zu 1000 neue Parzellen entstehen.
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Vier Themenfelder: Informationen gab es für die Besucher zu den Bereichen Nachbarschaft, Spiritualität, Permakultur (Mensch und Natur) und Ersatzflächen.
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5000 Hannoveraner warten auf einen Kleingarten
Inzwischen wurde der Kleingartenverein aus Bemerode in einem Moratorium aber zurückgestellt. Ohnehin überarbeitet die Ratspolitik dieses Kleingartenkonzept aktuell, da Bauland nicht mehr so dringend benötigt wird wie noch vor Jahren. Außerdem gibt es inzwischen wieder eine rege Nachfrage nach Kleingärten. Nach Angaben des Bezirksverbandes der Kleingärtner suchen rund 5000 Hannoveraner eine Parzelle.
HAZ