Kein Werbespruch

Hannover: Die Stadt ohne Slogan

Auf einer großen Deutschlandkarte haben die Redakteure des „Zeit-Magazins“ im Januar die Werbeslogans deutscher Städte zusammengetragen. Insgesamt mehr als 50 sind es geworden, von „Kiel – Sailing City“ im Norden bis „Freiburg im Breisgau – Green City“ im Süden, von „Aachen – Stadt der Wissenschaft“ im Westen bis „Cottbus – Universitätsstadt mit Energie“ im Osten reicht die Palette. Etwas oberhalb der Mitte aber, zwischen den Slogans von Bremen, Wolfsburg, Braunschweig, Hildesheim und Osnabrück, klafft ein großes Loch. Hannover fehlt in der umfassenden Aufzählung.

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Man habe bei der Recherche im Presseamt der Stadt angefragt und dort erfahren, dass es derzeit „keinen offiziellen Slogan“ gebe, sagt der zuständige Magazinredakteur Matthias Stolz. Was nicht falsch ist: Hannover verzichtet tatsächlich seit Jahren auf markige Sprüche – was die Stadt aber nicht davon abhält, sich mal als „Stadt im Grünen“, als „Stadt der Wissenschaft“ oder als „Stadt der kurzen Wege“ zu bezeichnen.

Der Verzicht auf einen Slogan, der für bundesweiten Wiedererkennungswert sorgen soll und dabei doch meist recht austauschbar ist, war nicht immer Programm in Hannover. Manch einer wird sich noch erinnern, wie Hannover zur Expo mit dem Werbespruch „Hannover überrascht“ zu überraschen versuchte. Mit etwas mehr Selbstbewusstsein wurde daraus nach der Weltausstellung der Slogan „Hannover hat’s drauf“. Das war unter dem damaligen Marketingchef Busso von Alvensleben, der kurz darauf mit dem großflächig plakatierten Satz „Kein Damm der Kurfürsten, aber die Gärten des Königs“ sein Karriereende in Hannover einleitete. Seitdem fehlt der Stadt jeglicher flotter Spruch.

Das Marketing setzt aktuell mehr auf kurzlebige Claims. Im vergangenen Jahr warb das Motto „Warum in die Ferne schweifen?“ für Freizeitziele vor der Haustür. Geworben wurde für die regionalen Schönheiten wie Herrenhausen, Zoo oder Steinhuder Meer. In diesem Jahr soll der Slogan zur Internationalen Tourismus-Börse in Berlin „365 Tage immer was los“ heißen – was allerdings auch nicht gerade der Ausbund an Kreativität ist. Werbemann Roger Heimann, der die gelegentliche Einfallslosigkeit beim hannoverschen Marketing ohnehin gerne geißelt, hat den diesjährigen Kalender für das alternative Magazin „Stadtkind“ mit entsprechendem Schalk konzipiert. „Hannover – die Stadt mit dem gewissen Nichts“ heißt da der Slogan, despektierlich illustriert etwa mit dem Schwanz des Bahnhofsrosses, den frei schwebenden Füßen einer Nana oder den Oberleitungsdrähten einer Straßenbahntrasse. Die Kehrseiten der Attraktionen: Auch damit kann man werben – oder zumindest die Absurdität der angeblich flotten Sprüche vorführen.

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Solche Hannover-Kritik hat gute Tradition. Vor 40 Jahren hatte die kommunale Pressestelle mit großen Zeitungsanzeigen Vorschläge für witzige Hannover-Slogans gesucht. Eingereicht wurden, zumeist von Auswärtigen, 3017 Vorschläge wie „Mekka der Poofer“ oder „Hintertür zur Nordsee“. Das Projekt wurde daraufhin ganz schnell eingestellt, fand aber überregionales Echo: Die Tageszeitung „Die Welt“ setzte mit ihrem beißenden Spruch, „Hannover – Stadt mit dem Image-Komplex“, noch mal kräftig einen drauf.

Inzwischen hat man es sich in Hannover ganz gut sloganlos eingerichtet. „Hannover ist Aussage genug“, sagt Marketingchef Hans Nolte selbstbewusst und bemängelt: „Die Slogans der Städte sind völlig austauschbar und haben damit weder eine Aussage noch eine Werbewirkung.“ Tatsächlich könnte man „Die Einkaufsstadt“ (Essen), „offen aus Tradition“ (Erlangen) oder „unglaublich vielfältig“ (Saarbrücken) problemlos auch auf Hannover übertragen. „Zeit-Magazin“-Redakteur Stolz empfiehlt Hannover übrigens „vielleicht so etwas wie ,Don’t Hangover‘“ – das sei „englisch und leicht kryptisch“ und entspreche damit voll dem Trend der derzeit aktuellen Städteslogans wie „Berlin – the place to be“ oder „Freude. Joy. Joie. Bonn“.

Tatsächlich: Ganz ausschließen, dass Hannover in absehbarer Zeit noch einmal einen neuen Slogan erhält, will Nolte nicht. „Wenn wir eines Tages den Markenkern für Hannover gefunden haben, kann es sein, dass der in einen griffigen Werbespruch mündet“, sagt der Marketingchef. Zunächst aber wird, seit mehr als einem Jahr, nach diesem Markenkern gesucht – Ausgang ungewiss.

Slogans im Umland Hannovers

Sogar die Städte im Umland Hannovers verfügen über Claims, über Werbesprüche, die Besonderheiten herausstellen sollen. „Seelze – Stadt mit Schwung“, heißt es etwa südwestlich von Hannover oder, im Osten: „Burgdorf – hier findet Leben Stadt“. Solche Kalauer entspringen dem Geist der achtziger Jahre. Auch der Wunstorfer Slogan: „Stadt mit Mehr“ könnte von zahlreichen Städten getragen werden – rund ums Steinhuder Meer und an den Küsten sowieso.

Auch der Claim „Langenhagen bewegt“ zeigt Außenstehenden nicht unbedingt auf den ersten Blick, dass es sich um eine Kommune mit Flughafen- und reichlich Autobahnanschluss handelt. Er wirkt eher so, als habe eine Werbeagentur lange gegrübelt und dann für viel Geld eine mittelmäßige Idee geboren. Andere Städte machen ihre Lage zum Inhalt der Stadtwerbung. „Springe – Stadt am Deister“ hat zumindest nichts manieriertes und weist Außenstehenden bestenfalls den Weg. „Neustadt am Rübenberge“, wie es trocken über der Kommunalen Internetseite steht, ist dagegen nicht so sehr zielführender Ortshinweis, sondern einfach Name.

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Und so ist es dann auch der größte Teil der Umlandstädte, der auf allzu auffällige Werbung verzichtet. Garbsen nennt sich schlicht „Stadt Garbsen“, ebenso geht es der Stadt Burgwedel, Stadt Lehrte, Stadt Barsinghausen oder Stadt Laatzen oder aber auch der Gemeinde Wedemark. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

HAZ

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