Mehr Windenenergie für die Region Hannover: Rücken die Rotoren jetzt an die Häuser ran?
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Es gibt zu wenig von ihnen: Standorte für Windräder wie sie an der Straße zwischen den Ortschaften Linderte und Hiddestorf stehen, will die Region Hannover nun mit Nachdruck ausweisen.
© Quelle: Andreas Zimmer
Hannover. Kommen Windräder bald bewohnten Siedlungen näher? Das bundesweit gültige „Wind-an-Land-Gesetz“, das den Ausbau der Windenergie in Deutschland deutlich schneller voranbringen soll, ist am 1. Februar in Kraft getreten. Es senkt die Hürden für Vorrangstandorte beträchtlich, etwa die Abstände zu Häusern. Die Region Hannover hat jetzt erstmals Pläne vorgestellt, wie sie neue Flächen ausweisen möchte. Die Regionspolitiker rechnen mit Konflikten.
Windkraft in Hannover: Es gibt zu wenig davon
Weil es allgemein zu wenig Windenergie in Deutschland gibt, macht die Bundesregierung Druck. Bis 2032 sollen 2 Prozent der Bundesfläche für Windkraft zur Verfügung stehen, so die Vorgabe. Umgerechnet auf die Bundesländer muss Niedersachsen sogar 2,2 Prozent schaffen. Die Landesregierung hat sich zudem das ambitionierte Ziel gesetzt, bereits 2026 damit fertig zu sein.
In der Region Hannover stehen zurzeit auf lediglich 1,1 Prozent der Regionsfläche Windkraftanlagen. Das sind etwa 2600 Hektar. Auch hier muss also nachgebessert werden. Heißt konkret: Infrage kommen nun auch Waldflächen oder sensible Bereiche, in denen der Arten-und Pflanzenschutz hohe Priorität genießt.
Im zuständigen Ausschuss für Regionalplanung berichtete Wolfgang Jung, Leiter des Teams Regionalplanung, davon, bis Anfang März Kriterien für die Flächen vorzulegen, die die Behörde neu für Windenergie für möglich hält. „Das betrifft etwa die sogenannte Rotor-Out-Planung, bei der die Rotoren der Windräder außerhalb der Vorranggebiete liegen dürfen“, so Jung. Auch der Mindestabstand zur Wohnbebauung wird reduziert.
Aktuell muss eine Anlage, die nicht höher als 150 Meter ist, einen Abstand von 750 Meter zu Siedlungen haben. Bei größeren Windrädern sind es 1000 Meter. Über eine Verringerung der Abstände entscheidet das Land Niedersachsen.
Bruttiere sind kein Ausschlussgrund für einen Standort
Die Ausweisung weiterer Vorrangstandorte in der Region Hannover birgt erheblichen Konfliktstoff. Denn auch Landschaftsschutzgebiete oder bisherige Tabuzonen, die wegen der zivilen und militärischen Luftfahrt freigehalten werden mussten, können nun berücksichtigt werden. Als Hubschraubertiefflugkorridore und -strecken gelten aktuell etwa 20 Prozent der Regionsfläche.
Ulrich Schmersow (Grüne) erkundigte sich im Regionsausschuss gezielt zu Abständen zu Bruttieren – und bekam zur Antwort, dass es darüber keine festen Vorschriften gebe. „Bruttiere sind kein Ausschlussgrund. Eventuell gibt es Abschaltzeiten“, so Wolfgang Jung. Auch in Trinkwasser-Schutzgebieten könnten künftig Windanlagen stehen.
Region will das Fünffache von heute an Windenergie schaffen
Zurzeit erzeugen 260 Windräder etwa 560 Gigawattstunden pro Jahr in der Region Hannover Rechnerisch deckt dies den privaten Verbrauch von etwa 350.000 Menschen. Der meiste Strom mit Windkraft wird aktuell in Uetze erzeugt.
Zu den rund 2600 Hektar, die bereits als Vorranggebiete für die Windenergienutzung festgelegt sind, will die Region weitere 1700 Hektar hinzunehmen. Auch in sensiblen Bereichen. Das sind 0,8 Prozent des Regionsgebietes, zusammen dann 1,9 Prozent – das Zwei-Prozent-Ziel wäre so gut wie erreicht. Darüber hinaus will die Region ältere Anlagen durch Windenergieanlagen der neuesten Generation mit bis zu vier Megawatt (MW) Leistung ersetzen.
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Die Planungsunterlagen zur Neufestlegung der Windenergienutzung mit den Standortkriterien legt die Region zur März-Sitzung des Ausschusses für Regionalplanung vor, danach beginnen die Diskussionen in den zuständigen Fachausschüssen. Parallel soll es Info-Veranstaltungen für die Städte und Gemeinden und für die Bürger vor Ort geben. Mit der Rechtswirksamkeit der Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) rechnet die Region nicht vor 2024 – Klagen gegen die Ausweisung neuer Vorrangstandorte mit eingerechnet.