Was war freiwilliger Sex, was war erzwungen? Mit dieser Frage musste sich die Jugendkammer 2 des Landgerichts Hannover in einem außergewöhnlichen Vergewaltigungsprozess befassen. Richter Guise-Rübe gab in letzter Minute den entscheidenden rechtlichen Hinweis.
Hannover. Vor dem Urteil haben Mustapha J. (24) und sein Cousin Hussein J. (23) erklärt, dass sie auf „Gerechtigkeit“ hoffen. Nun ist es aus ihrer Sicht so nicht gekommen. Beide wurden am Dienstag im Landgericht Hannover wegen Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall verurteilt: Mustapha J. zu vier Jahren Gefängnis – seine erste Verurteilung –, Hussein zu drei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe. Er war zur Tatzeit noch Heranwachsender.
Der Prozess war in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Richter Ralph Guise-Rübe gewährte beiden Angeklagten einen großen Strafrabatt. Denn die Vergewaltigung einer 20-Jährigen war bereits am 13. Oktober 2018 in der Kleingartenkolonie Lerchenlust im Stadtteil Mühlenberg geschehen. „Es ist ein Problem in unserer Gesellschaft, dass die Verfahren so lange dauern“, sagte er in der Urteilsbegründung. Eine Kriminalbeamtin hatte Personalmangel und schlechte materielle Ausstattung der Polizei im Prozess als Gründe für die langwierige Ermittlung genannt.