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Unterm Strich

Hannovers Plätze gehören allen

Trinker, Obdachlose und Partyvolk - die Hannoveraner sollten ihre Plätze - wie hier den Weißekreuzplatz - mehr wertschätzen und selbst beleben.

Trinker, Obdachlose und Partyvolk - die Hannoveraner sollten ihre Plätze - wie hier den Weißekreuzplatz - mehr wertschätzen und selbst beleben.

Hannover. Wem gehören die Plätze einer Stadt? Wer hat das Recht, zu bestimmen, welches Leben pulsiert, wer sich dort aufhält? Tolerante Bürger mögen darauf eine einfache Antwort haben: Die Plätze gehören allen, natürlich, denn es sind ja öffentliche Plätze. Aber je toleranter wir sind, desto mehr zeigt sich: Ganz so einfach ist es leider nicht.

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Am Weißekreuzplatz in der Oststadt berichteten Eltern in dieser Woche, dass sie ihre Töchter nicht mehr auf die Grünfläche lassen. Anwohner erzählen haarsträubende Geschichten von Geschrei bis spät in die Nacht, von zerberstenden Flachen und davon, dass sie teils mehrfach nachts die Polizei rufen müssen. Am Küchengartenplatz haben sich Anlieger mit einem offenen Brief an die Stadt gewandt und gebeten, konsequenter gegen die Gelage auf Lindener Plätzen vorzugehen. Und aus beiden Anwohnergruppen kommt dieser Hinweis: Die ersten Familien seien weggezogen, weil sie es nicht mehr ausgehalten hätten.

Man kennt solche Geschichten seit Jahren auch etwa vom Ricklinger Schünemannplatz oder vom Gartenfriedhof am Rand der Südstadt. Es scheint, dass zwei Phänomene zusammenkommen. Zum einen werden die Plätze immer intensiver von Trinkern heimgesucht. Es handelt sich in der Regel nicht um Obdachlose, aber um Menschen, die viel Tagesfreizeit haben und die Geselligkeit auf Plätzen schätzen. Nachts kommt dann das Partyvolk hinzu, das auf dem Rückweg von Feiern jede Hemmschwelle fallen lässt und lautstark die Anlieger um den Schlaf bringt. Nicht nur an Wochenenden.

Hannover hat den Ordnungsdienst aufgestockt, dessen derzeit 26 Mitarbeiter jetzt regelmäßig Streife laufen auf Problemflächen und diejenigen ermahnen sollen, die sich partout nicht an die Regeln halten wollen. Nicht jedem gefällt der repressive Charakter, wenn Uniformierte durch Grünanlagen streifen. Wohltuend war, dass die Anlieger am Weißekreuzplatz zugleich mehr Sozialarbeiter gefordert haben, weil es nicht um Verdrängung gehen dürfe. Denn die öffentlichen Plätze gehören allen – aber das kann nur gelten, wenn alle auch Willens sind, sich an die ungeschriebenen und geschriebenen Regeln zu halten. Wenn aber die, die auf den Plätzen lagern, jeglichen Respekt für das Leben der anderen vermissen lassen, dann entsteht ein Ungleichgewicht der Toleranz.

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Der Ordnungsdienst ist das eine, harte Kante scheint im Moment wichtig und sinnvoll. Das andere ist: Wir müssen die Plätze selbst beleben. Stadtteilfeste, Aktionen, Wohlfühlmomente: Nur wer die Plätze nutzt und damit wertschätzt, trägt dazu bei, dass Missnutzungen die öffentlichen Flächen nicht dominieren. Hannover hat viel an Weltoffenheit und Toleranz gewonnen in den vergangenen Jahrzehnten. Tragen wir alle dazu bei, dass dieses Pfund der Stadt nicht von einigen Krakelern zerstört wird.

Von Conrad von Meding

HAZ

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