Lüttje Lage: Drei Stecker für Weihnachten
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Simon Benne
© Quelle: Tim Schaarschmidt
Hannover. Meine Kinder mahnten mich milde: „Denkst du auch daran, den Baum aufzustellen?“, fragten sie. Natürlich wussten sie, dass ich an den Baum denken würde. Und natürlich wusste ich, dass sie mich trotzdem mahnen würden. Der Dialog wiederholt sich jedes Jahr.
Weihnachten ist ja die hohe Zeit der Rituale. Schon vor den Feiertagen folgt bei uns alles ganz bestimmten Abläufen. Vom Aufstellen der Krippenfiguren bis zur Bescherung ist im Protokoll praktisch minutengenau vorgegeben, was wann zu passieren hat. Wir müssen nur dafür sorgen, dass das Drehbuch in der Realität auch abgearbeitet wird. Eine einzige große Liturgie, begleitet von immer gleichen Dialogen.
Die schönste aller Weihnachtstraditionen ist es, Lichterketten um abgehackte Nadelbäume zu wickeln. Dazu krame ich dann immer das Requisit hervor, ohne dass für mich kein Weihnachten werden könnte: meine Dreifachstecker-Verlängerungsschnur.
Ich weiß, dass Weihnachtsdreifachsteckdosen millionenfach in deutschen Keller- und Dachbodenregalen liegen. Dort verdämmern sie die Zeit von Mitte Januar bis Ende Dezember zwischen dem Christbaumständer und dem roten Wachstischtuch. Und dann schlägt ihre große Stunde. Dann kommen Leute wie ich, klopfen ihnen die vertrockneten Tannennadeln vom letzten Jahr aus den Löchern – und lösen mit ihnen eine Lichterkettenreaktion aus.
Wattstreit in Sachen Dreifaltigkeit
Um die Nachbarschaft mit Lichterglanz zu beeindrucken, stecken manche Extremschmücker dann in jedes der drei Dreifachsteckdosenlöcher eine weitere Dreifachsteckdose. Drei mal drei mal drei ... ein Wattstreit in Sachen Dreifaltigkeit, bis die Sicherung glüht. Aus lauter Lampenfieber definieren diese Hardliner den Begriff Kabelbaum ganz neu.
Ich bin da bescheidener. Mir reicht ein einziger Dreifachstecker, gerade in diesen Zeiten. „Klar denke ich an den Baum“, sagte ich zu den Kindern. Wie jedes Jahr. Und freute mich schon darauf, die Lichterketten einzustöpseln. Am Heiligen Abend, pünktlich um 18 Uhr, wird das Licht der Wohnzimmerwelt bei uns erstrahlen. Dann weiß ich: Was auch immer im vergangenen Jahr passiert sein mag – alles wird gut.