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Verbrennungsanlage in Misburg: Bauen wir einen Magneten für Müll?

Strom und Wärme aus Abfall: Energie aus Müllverbrennungsanlagen gilt als klimafreundlich.

Strom und Wärme aus Abfall: Energie aus Müllverbrennungsanlagen gilt als klimafreundlich.

Hannover. Es gibt Fragen, die eigentlich absurd klingen, aber in einem besonderen Moment doch einen Sinn haben. Dieser Moment ist jetzt gekommen für die Frage: Braucht Hannover mehr Müll? Und die Antwort lautet: Es kann wohl sein.

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Es geht dabei um die von Enercity geplante Müllverbrennungsanlage in Misburg, die dann zweite in Hannover. Der Müllofen ist ein wichtiger Baustein in der Energiewende der Stadt. Ohne ihn wird es nicht möglich sein, das Abschalten des Kohlemeilers in Stöcken vollständig zu kompensieren, den Enercity und die Stadt Hannover für das Jahr 2026 vereinbart haben.

Außerdem passt die Anlage zum gerade vom Bundestag beschlossenen Heizungsgesetz, denn Fernwärme aus Müllverbrennungsanlagen gilt als klimafreundliche Energie – obwohl das Verbrennen klimaschädliche Gase freisetzt. Die Logik dahinter: Weil der Müll ohnehin verbrannt werden muss, bekommt man Strom und Wärme quasi zum emissionstechnischen Nulltarif.

Muss Müll hinzugekauft werden?

Aber das alles funktioniert nur, wenn ausreichend Müll vorhanden ist. Die Anlage in Misburg soll vor allem mit Gewerbeabfällen einer benachbarten Entsorgungsfirma befeuert werden. Doch es gibt Zweifel, ob diese Menge ausreichen wird. Auch Enercity schließt nicht aus, bei Bedarf Müll hinzuzukaufen.

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Wie viel? Das ist noch nicht absehbar. Aber an diesem Punkt könnte sich entscheiden, ob die Müllverbrennungsanlage auch auf lange Sicht eine gute Idee ist – oder doch ein Fehler. Sollte Enercity gezwungen sein, größere Mengen Abfall aus anderen Landkreisen oder sogar Ländern anzukaufen und mit vielen Lastwagenladungen nach Misburg zu transportieren, wäre das teuer, eine Belastung für die Anwohner und nicht zuletzt auch schädlich für die Ökobilanz.

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Abfall wird zum begehrten Rohstoff

Dieses Risiko darf man nicht unterschätzen. Denn im Zuge der Energiewende planen auch andere Kommunen mit neuen Müllverbrennungsanlagen, und auch dort ist die Müllmenge immer die große Unbekannte. Auch diese Unternehmen müssten sich auf dem Markt um Müll bemühen, wenn er knapp wird. Abfall wird in diesem Szenario ein begehrter Rohstoff – was nebenbei bemerkt zur Folge hätte, dass keine Kommune mehr ein Interesse daran hätte, Müll zu vermeiden oder Müllvermeidung zu fördern.

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Eine rundum saubere und einfache Sache ist die Müllverbrennungsanlage in Misburg also nicht. Vielleicht ist es für Hannover dennoch die beste von vielen halbguten Lösungen – aber das sollte angesichts wachsender Risiken von den Verantwortlichen dringend geprüft werden, bevor dort vollendete Tatsachen geschaffen werden.

HAZ

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