Die tägliche Hannover-Glosse
So bemerkenswert kann das Leben in Hannover sein: In der täglichen Kult-Glosse „Lüttje Lage“ erzählen HAZ-Autoren von den skurrilen, absurden und lustigen Erlebnissen des Alltags. Heute: Der Dichter und der Drehspieß
Wir waren auf dem Weg nach Linden. Ich hielt vor einem Kreisverkehr, als mir die Leuchtreklame eines Imbiss-Lokals ins Auge stach. Ich zuckte ein wenig zusammen: „Goethe Döner“ stand da auf grünem Grund über zugehängten Schaufenstern. Hinter mir hupte ein aufgetakelter Geländewagen. Der Fahrer hatte eine Undercutfrisur und gestikulierte aufgeregt. Ich winkte lässig ab und trat aufs Gas. „Wie findest du das – Goethe Döner?“, fragte ich meine Frau. Sie lächelte nur und sagte nichts. Offensichtlich teilte sie meine Empörung nicht.
„Man kann doch eine Schnetzelfleischausgabestelle nicht nach dem größten Dichter der deutschen Klassik benennen.“ Und ich setzte noch eins drauf: „Ich will gar nicht wissen, was da auf der Speisekarte steht. Wahrscheinlich servieren sie Dr. Faust‘ Dürüm-Döner oder eine Gretchen-Platte, Köfte mit Pommes und Mayo. Und der arme Goethe liegt in seinem Grab und kann sich nicht mehr wehren.“