Mann stirbt ein Jahr nach Spritzenattacke
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In der Fischerstrasse ereignete sich die ominöse Spritzenattacke.
© Quelle: HAZ
Hannover. Der Leichnam des Mannes soll am Freitag obduziert werden, auch ein Toxikologe soll hinzugezogen werden. „Es muss geklärt werden, ob der Mann tatsächlich an den Folgen der Spritzenattacke verstorben ist“, sagte Oberstaatsanwältin Irene Silinger gestern.
Das lange Leiden des Familienvaters hatte am Nachmittag des 15. Juli 2011 begonnen. Der damals 40-Jährige, der als IT-Fachmann für die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in Hannover tätig war, befand sich auf dem Weg zu seinem Auto in der Calenberger Neustadt. In der Fischerstraße wurde er plötzlich von einem Mann mit einem Regenschirm angegriffen. An der Spitze des Schirms befand sich eine Spritze mit einer Quecksilberlösung, die der Täter dem 40-Jährigen ins Gesäß stach.
Anschließend flüchtete der Angreifer, der ungepflegt wirkte und ein auffälliges Pflaster an der Wange trug. Kanüle und Nadel blieben zurück – der Computerexperte hatte sie dem Unbekannten entreißen können.
Eine erste Untersuchung im Krankenhaus blieb ohne besonderen Befund: Der Mann schien den rätselhaften Angriff unbeschadet überstanden zu haben. Wochen später verschlechterte sich sein Zustand dann plötzlich so drastisch, dass die Ärzte ihn in ein künstliches Koma versetzten. Erst nach Wochen fanden die Mediziner heraus, dass ihr Patient unter einer Quecksilbervergiftung litt. Die Diagnose deckte sich schließlich mit den Laboruntersuchungen des Landeskriminalamts.
Experten fanden in der Spritze Überreste einer hochgiftigen Quecksilber-Thallium-Verbindung. Eine Vergiftung des menschlichen Körpers mit diesen Stoffen gilt als äußerst schwierig zu diagnostizieren, da sie einen schleichenden Verlauf nimmt. Die Substanzen reichern sich langsam im Körper an und beschädigen Organe und Nervenzellen.
Wochenlang kämpften die Ärzte und Spezialisten um das Leben ihres Patienten, dessen Zustand sich schließlich wieder stabilisierte. Noch vor Kurzem zeigten sich seine Angehörigen zuversichtlich, dass der Kranke bald die Pflegeeinrichtung verlassen und nach Hause zurückkehren könnte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Ob womöglich von vorsätzlicher Tötung ausgegangen werden muss, will die Anklagebehörde nach Vorlage des Obduktionsberichts und eines weiteren Gutachten noch einmal bewerten. Vom Täter fehlt seit der Attacke jede Spur. Die Familie des Opfers geht davon aus, dass der 40-Jährige zur falschen Zeit am falschen Ort war und der Täter aus reiner Willkür handelte, als er sein Opfer auswählte.
Tobias Morchner und Vivien-Marie Drews