Drogenszene

Methadon und seine Nebenwirkungen

Drogentreffpunkt in Linden-Süd.

Drogentreffpunkt in Linden-Süd: Anwohner beschweren sich über die Szene.

Hannover. Die Stadt versucht derzeit mit intensiven Gesprächen, die Probleme an einigen hannoverschen Methadon-Ausgabestellen zu entschärfen. In den Arztpraxen wird der Heroinersatzstoff an Süchtige verteilt, um den Betroffenen ein Leben in Legalität zu ermöglichen. Immer wieder aber kommt es zu Ärger mit den Anwohnern, weil die Klientel im Umfeld der Praxen teilweise sehr massiv anzutreffen ist.

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Hannovers Drogenbeauftragter Alfred Lessing spricht von „Sozialverträglichkeitsproblemen“. Immer mehr Methadonpatienten würden ins Stadtgebiet Hannover regelrecht „hineinfluten“, weil die Honorarpolitik der Kassenärztlichen Vereinigung qualifizierte und flächendeckende Methadonangebote im Umland verhindere. Die Ballung der Problemgruppen im Umfeld einiger Straßen werde inzwischen auffällig.

Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) allerdings weist Vorwürfe zurück. Tatsächlich habe es über einige Jahre die Tendenz gegeben, dass Methadonpraxen insbesondere in ländlichen Gebieten aufgegeben hätten. In den vergangenen beiden Jahren aber habe man gegengesteuert, sagt KVN-Sprecher Detlef Haffke: 40 zusätzliche Praxen landesweit seien als Methadon-Ausgabestellen angeworben worden. Damit sei eine verbesserte Verteilung gewährleistet.

Das Problem beginnt offenbar in den Praxen selbst. Um als Ausgabestelle für den Drogenersatzstoff zugelassen zu werden, müssen hohe medizinische und organisatorische Anforderungen erfüllt werden. Ärzte sprechen davon, dass sie wegen der schwierigen Rechtssituation „stets mit einem Bein im Gefängnis“ stünden. Zudem scheint es kaum möglich, dass die Süchtigen sich mit normalen Patienten ein Wartezimmer teilen. In Hannover haben mehrere Praxen die Konsequenz gezogen und die Methadonausgabe zum Schwerpunkt gemacht – was zur Ballung führt. In ländlichen Bereichen dagegen reicht die Patientennachfrage oft nicht für eine derartige Spezialisierung. Um Konflikte zu vermeiden, müsste zeitversetzt gearbeitet werden – was sich für viele Praxen nicht lohnt.

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Fakt ist: Die Zahl der Methadon verabreichenden Ärzte ist in Niedersachsen von 2003 bis 2010 von 276 auf 250 zurückgegangen, während die Zahl der Patienten von 5162 auf 7069 zugenommen hat. Das entspricht einem Praxenrückgang um rund zehn Prozent bei einem Patientenanstieg um deutlich mehr als 30 Prozent. „Weil die Versorgung in der Stadt relativ gut gewährleistet ist, ziehen immer mehr Methadonpatienten nach Hannover“, sagt der Drogenbeauftragte Lessing. Die Stadtverwaltung führe Gespräche auf „hochrangiger Ebene“ mit der KVN, heißt es im Rathaus. Ziel sei, dass der „Patientendruck“ auf einige Stadtteile nachlasse, ohne die Praxen zu gefährden.

Wegen des sensiblen Inhalts wollen sich weder KVN noch Stadtverwaltung zu den Gesprächen äußern. KVN-Sprecher Haffke beziffert aber die aktuelle Verteilung von Praxen und Patienten.
- Verteilung im Stadtgebiet: Aktuell gibt es in Hannover 42 Praxen, in denen Methadon ausgegeben werden darf. In diesen Praxen werden derzeit 1358 Patienten betreut. Die Praxis mit den meisten Patienten liegt in der Deisterstraße und hat laut KVN 155 Methadonpatienten.
- Das Umland: In der weiteren Region gibt es rund 15 Praxen. Eine Ballung gibt es mit fünf Einrichtungen in Sehnde. Wunstorf hat drei, Garbsen und Isernhagen haben je zwei Ausgabestellen. In Barsinghausen, der Wedemark und in Lehrte können sich Süchtige in jeweils einer Ausgabestelle mit dem Drogenersatzstoff versorgen.
- Das Land: In Niedersachsen gibt es derzeit weitere 134 Methadonpraxen.  Die Praxis mit der absolut höchsten Zahl an Patienten befinde sich in Lüneburg, sagt Haffke.

„Man kann nicht sagen, dass es eine Konzentration im großstädtischen Bereich gibt“, sagt der KVN-Sprecher. Es gebe aber „die Tendenz, dass Ärzte in Großstädten reine Methadonpraxen betreiben. Auf dem Lande hingegen versuchten sich Ärzte „häufiger in Mischkalkulationen“. In Hannover sind Probleme im Umfeld von Methadonpraxen vor allem aus der Deisterstraße (Linden) bekannt. Auch in der Hildesheimer Straße/Ecke Feldstraße (Südstadt) hatte es häufig Ansammlungen von Methadonpatienten an der U-Bahn-Treppe Schlägerstraße gegeben. Diese Praxis ist inzwischen aufgelöst. Viele Patienten sind zur Praxis im Bereich Marienstraße gezogen, was wiederum zu Problemen auf dem Gartenfriedhof führt.

Conrad von Meding und Rüdiger Meise

HAZ

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