Monatelang hatten sie ein Dach über dem Kopf, manche zum ersten Mal seit Jahren. Jetzt mussten die letzten Obdachlosen das Naturfreundehaus in Hannover räumen. Viele sind psychisch krank, zum Teil körperlich völlig am Ende. Wie geht es weiter?
Hannover. „Herzlich willkommen Juleica“: In großen Lettern prangt das Schild am Eingang des Naturfreundehauses inmitten der Kleingartenkolonie in der Nähe der Eilenriede. Es sind wohl künftige Gäste gemeint, die Abkürzung Juleica steht für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Das Schild sticht ins Auge, weil es das Geschehen an diesem Morgen auf so eine zynische Weise konterkariert. Denn die Menschen, die im Nieselregen das Naturfreundehaus verlassen, sind mit diesem Gruß eben nicht mehr gemeint, obwohl unübersehbar ist, wie viele von ihnen dringend ein „Willkommen“ an einem geschützten Ort bräuchten.
17 Obdachlose haben zuletzt noch im Naturfreundehaus gelebt, einer städtischen Notunterbringung in Zeiten der Corona-Krise. Ausgerechnet jetzt, mit Anbruch der kalten Jahreszeit und bei zeitgleichem Anstieg der Covid-19-Infektionen, beendet die Stadt das Projekt. Aus der Kommunalpolitik kommt harscher Protest. Es sei "nicht hinnehmbar", dass die Stadt die Unterbringung von obdachlosen Personen in einer Pandemie nicht gewährleisten könne, ist von SPD Hannover und SPD-Ratsfraktion zu hören. Dies sei "ein Akt sozialer Kälte, der nicht zu Hannover passt". Peinlich findet die CDU-Ratsfraktion, dass ein Erfolgsprojekt für Obdachlose zu Beginn der kalten Jahreszeit endet. Beide Fraktionen fordern Gespräche, Lösungen, bevor die Temperaturen den Gefrierpunkt erreichen.