Neue Conti-Zentrale am Pferdeturm: So geht es auf Hannovers größter Baustelle voran
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Arbeiten auf zwei Grundstücken am Pferdeturm: Der Neubau für die Continental-Zentrale wächst heran.
© Quelle: Samantha Franson
Hannover. Es geht schnell bei der Conti. Die Kellerwände der neuen Zentrale am Pferdeturm stehen schon. Gerade wurden darüber die Decken gegossen, seit ein paar Tagen geht es sichtbar aufwärts auf Hannovers größter Gewerbebaustelle. Der Dax-Konzern siedelt sich auf beiden Seiten der Hans-Böckler-Allee an, eine 71 Meter lange, freitragende Brücke wird die beiden Gebäudekomplexe ab Herbst verbinden. Im Jahr 2021, so sieht es der Zeitplan vor, werden hier 1250 Mitarbeiter einziehen.
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So soll der der Neubau der Continental AG am Pferdeturm in Hannover in einer Computersimulation nach Entwürfen des Architekturbüros Henn aussehen.
© Quelle: Continental/Henn (Simulation)
Conti-Mitarbeiter testen schon neue Bürowelten für die künftige Zentrale am Pferdeturm
Während die Bauarbeiter der Firma Züblin noch Beton gießen, üben die Conti-Mitarbeiter unterm Dach des altehrwürdigen Konzernsitzes an der Vahrenwalder Straße bereits das Gefühl der neuen Bürowelten. Auf 330 Quadratmetern haben sie dort ein Workspace-Lab eingerichtet, ein Laboratorium, in dem nacheinander Hunderte Mitarbeiter die Module des neuen Bürodesigns testen. Denn mit dem Umzug soll alles anders werden. Der Weltkonzern, der längst nicht mehr nur Reifen backt, sondern an selbstfahrenden Autos forscht und den Herstellern Hightechteile zuliefert, will die Veränderung der Automobilwelt in seinen Büroalltag übertragen. Alles soll dynamischer, flexibler, transparenter werden. Die Büros sind auf Teamarbeit zugeschnitten, Kreativität soll vor dem Abarbeiten von Aufträgen stehen.
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Wo derzeit Beton gegossen wird, arbeiten demnächst hunderte Angestellte des DAX-Konzerns daran, das weltweite Unternehmens-Netz zusammenzuhalten.
© Quelle: SAMANTHA FRANSON
Conti-Chef Degenhart: „Wir werden in Zukunft anders arbeiten“
Konzernchef Elmar Degenhart hat bei der Grundsteinlegung die Devise ausgegeben. „Die Automobilindustrie befindet sich im tiefgreifendsten Wandel seit ihrer Entstehung. Wir gestalten diesen Wandel wegweisend mit. Wir werden in der Zukunft anders arbeiten und anders zusammenarbeiten.“ Mehr Freiraum soll es geben für die Beschäftigten. Und das neue Miteinander soll sich auch in der Architektur widerspiegeln. „Wir bauen nicht in die Höhe, mit den Vorstandsbüros ganz oben, von wo aus alles andere ganz klein aussieht“, sagt der zuständige Neubau-Projektleiter der Continental, „stattdessen wird der Neubau Campus-Charakter haben.“
Drei- bis viergeschossig wird sich die neue Conti-Zentrale auf den beiden Grundstücken am Pferdeturm ausbreiten. Alle Gebäudeteile werden mit einem sogenannten Loop verbunden, einem Rundweg durch alle Häuser im zweiten Obergeschoss, der in der Brücke nur seinen öffentlich sichtbaren Teil hat. In Form einer Acht windet sich der Loop durch die Häusergruppen. „Der Architekt Gunter Henn hat sich bei seinem Entwurf vom Nürburgring inspirieren lassen“, sagt der Conti-Projektleiter. Wer den Loop entlangschreitet, kommt an Konferenzbereichen und Kantine, Infozentrum und den verschiedenen Bürotrakten vorbei. Die Besonderheit: Die Vorstandsmitglieder haben ihre Büros nicht konzentriert in einem Bereich, sondern bei ihren Teams. Auch das soll die flache Hierarchie bei der neuen Conti unterstreichen.
Im Herbst wird die 71 Meter lange Brücke eingehängt
Auffälligster Teil des neuen Bauwerks wird die Brücke, die ab Herbst die Hans-Böckler-Allee überspannt. Sie wird vormontiert, dann aber in Einzelteilen angeliefert und in die Fassaden der beiden Gebäude nördlich und südlich der Straße eingehängt. „Die Verbindung ist uns sehr wichtig“, sagt der Conti-Projektleiter: „Wir hätten nicht mit zwei Solitärgebäuden gebaut.“ Hannover hatte alles in eine Waagschale geworfen, um den Dax-Konzern in der Stadt zu halten – größter Konkurrent war am Ende die Stadt Garbsen, die ein Grundstück in Autobahnnähe ins Rennen geschickt hatte.
Teststrecke für selbstfahrende Autos vor der Tür
Der Neubau liegt imageträchtig an Norddeutschlands erster Teststrecke für autonomes Fahren. Sie verbindet auf den Autobahnen 2, 7 und 39 Hannover und Braunschweig, Wolfsburg und Hildesheim – und führt auf einer Sonderschleife über die Bundesstraßen 3 und 6 auch über den Messeschnellweg am Pferdeturm. Die Conti hat damit ihr Aufgabengebiet künftig direkt vor der Tür – und kann auf die selbstfahrenden Autos, für die sie die Technik liefern will, durch die Fensterscheiben schauen.
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Neubau lässt sich erweitern – andere Standorte bleiben
Insgesamt 46.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche wird die neue Zentrale der Continental am Pferdeturm umfassen – hinzu kommen zwei Parkhäuser für Beschäftigte und Besucher. Inbegriffen in der Zahl ist die Kita, die das Unternehmen auf dem Nordrand des Grundstücks baut. Der Neubau lässt sich bei Bedarf in Richtung Clausewitzstraße erweitern, sodass langfristig bis zu 1600 Mitarbeiter dort Arbeitsplätze finden. Unter den Parkhäusern sind Geothermieanlagen vorgesehen, auf den Parkhausdächern Photovoltaikanlagen. Zusätzlich ist der Neubau an Hannovers Fernwärmeversorgung angeschlossen. Die Conti zieht mit ihrer Zentralverwaltung in den Neubau ein, die bisher im alten Konzernsitz an der Vahrenwalder Straße untergebracht ist. Dort soll anschließend kräftig saniert werden – das Unternehmen will die Immobilie weiternutzen, ebenso wie den Forschungs- und Produktionsstandort in Stöcken. Weitere wichtige Standorte sind Regensburg, Frankfurt am Main, Nürnberg und Ingolstadt. Insgesamt beschäftigt der Weltkonzern 245.000 Mitarbeiter in 60 Ländern, darunter China, Singapur und Rumänien.
Von Conrad von Meding