Nicht Mamma Mia, aber mondän
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Inhaber Caglar Alan präsentiert ein Filetto alla Ferdinando.
© Quelle: Michael Wallmüller
Hannover. An diesem weniger freundlichen Ort an der Marienstraße, im Carree mit Eisenbahnbrücke und Aral-Tankstelle, wirkt das „Tesoro“ erst recht mondän. Wo zwei Jahrzehnte lang Suzie Wong Chinesisch kochte, kurze Zeit ein Steakhaus war und dann Leerstand herrschte, hat Inhaber Caglan Alan (zuvor „Ristorante Lentini“ in Laatzen) ein stylisch-schickes Restaurant eröffnet, mit dem er auch in der Liga der kreativen gehobenen Küche mitspielen will.
Das „Tesoro“ ist perfekt durchkomponiert, es gibt einen Speiseraum mit großer Fensterfront und auch einen hinteren, ruhigeren Bereich, zwei Separees mit Kaminecke und Weintheke. Die Möbel aus dunklem Holz und Polstern wirken edel, Designerlampen, bunte Neonbeleuchtung und echte Orchideenpracht machen einiges her. Im Hintergrund läuft die obligatorische Lounge-Musik. Mit einem gemütlichen Lieblings-Italiener um die Ecke hat das Restaurant eher wenig gemein, das ist aber auch nicht Konzept.
"Tesoro" – Herzblatt
Draußen scheint es, als habe das „Tesoro“ (Italienisch für „Herzblatt“) die Not zur Tugend gemacht. An der viel befahrenen Straße hat Alan eine Terrasse für 50 Gäste errichtet, deren kleine Mauer aus Gittern und Natursteinen künstlerisch daherkommt. Tatsächlich ist an wärmeren Tagen hier trotz des Straßenlärms kaum ein Platz zu ergattern.
Wir finden noch einen Tisch an der Mauer und haben die Motorengeräusche beim Studium der Karte schnell vergessen. Die ist mit Lebensweisheiten („Ein satter und ein hungriger Mann können schlecht miteinander sprechen“) gespickt und kündigt eine „avantgardistisch italienische Küche“ mit Erlebnischarakter an. Die Auswahl der Speisen ist jedenfalls groß. Neben hausgemachten Nudeln und Pizzas sind Klassiker aus der Heimat wie Vitello Tonnato oder Saltimbocca gelistet, eine Sonderkarte weist außergewöhnlich klingende Kreationen aus. Der Gruß aus der Küche wirkt dagegen einigermaßen gewöhnlich.
Die gut gelaunte Kellnerin serviert uns ein Stück Tomate mit Mozzarella, als handele es sich um einen Gourmethappen. Vielleicht war auch der Koch noch nicht ganz in Hannover angekommen; er sei gerade erst aus Rom gekommen, erklärt uns die Kellnerin später. Das macht sich auch an meiner Vorspeise, einem Rucola-Salat (8,90 Euro) bemerkbar; die Kirschtomaten muss ich suchen, die Pinienkerne fehlen gänzlich. Darauf aufmerksam gemacht, bringt die Kellnerin quasi als Zwischengang ein Schälchen mit den gerösteten Kernen: „Kann man ja auch so gut wegnaschen.“
Beachtliches Rumpsteak
Mein Begleiter hat sich als Vorspeise für ein Carpaccio mit Steinpilzen (13,90 Euro) entschieden und ist damit zufrieden. Auch sein Hauptgericht – Kalbsleber in Butter-Salbeisoße (18,90 Euro) – gefällt ihm, das Fleisch sei zart und würzig. Der kräftige Syrah (6,30 Euro für 0,2 Liter), der ihm vom Chef empfohlen worden war, passt ausgesprochen gut zur Leber. Bei meinem gegrillten Lachsfilet (17,50 Euro) bin ich vor allem auf die der Cassissoße neugierig – habe dann aber Probleme, überhaupt ein solches Aroma zu schmecken.
Ristorante Tesoro
Marienstraße 113
30171 Hannover
Telefon: (05 11) 85 64 07 59
Geöffnet täglich von 11.30 bis 15 Uhr und von 17.30 bis 23 Uhr
Vier Wochen später besuchen wir das „Tesoro“ erneut. Diesmal lassen wir uns einen Tisch im ruhigen, hinteren Teil des Restaurants geben und sitzen auf den mit Leder bezogenen Stühlen bequem. Als „Gruß“ bekommen wir diesmal ein nett dekoriertes Stück Lachs auf Röstbrot. Vorweg teilen wir uns einen großen Antipasti-Teller (10,50 Euro), der mit den üblichen Klassikern angerichtet eine solide Angelegenheit ist.
Unsere beiden Hauptgerichte wählen wir aus der Spezialitätenkarte. Meine hausgemachten Nudeln mit Trüffelfüllung (15,90 Euro) sind frisch und lecker. Mein Mittester kämpft indes mit seinem Rumpsteak (24,90 Euro), das aufgrund seines beachtlichen Umfangs schwer zu schneiden ist. Dennoch ist es Innen rosa geraten und von ordentlicher Qualität.
Eine wirkliche Überraschung aber hält auch dieser Besuch nicht bereit.
Mein Fazit:
Durchschnittliche Küche in stylischem Gewand.
HAZ