Obdachlose in stillgelegten D-Linien-Tunnel?
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Nur selten für Gruppen zugänglich: Führung im unausgebauten U-Bahntunnel für die D-Linie unterm Hauptbahnhof.
© Quelle: Christian Behrens (Archiv)
Hannover. Nachdem in der Innenstadt ein Obdachloser erfroren ist, schlägt der parteilose Ratsherr Tobias Braune vor, den ungenutzten U-Bahntunnel unterm Hauptbahnhof für frierende Menschen zu öffnen. Im Bauausschuss ist das auf Ablehnung gestoßen – hat aber eine Debatte entfacht.
D-Linienstation liegt seit den Siebzigern im Untergrund brach
Seit den Siebzigerjahren liegt die für die D-Linie errichtete Station im Rohbauzustand brach, gelegentlich gibt es Gruppenführungen in die Katakomben. Als Schlafstätte aber sei die Anlage völlig ungeeignet, erklärte Tiefbauchef Andreas Bode im Bauausschuss auf Nachfrage von CDU-Ratsfrau Georgia Jeschke. Es gebe keine ordentliche Beleuchtung, keinen Brandschutz, keine Absturzsicherungen und nur einen Zugang über eine lange Holztreppe. „Abenteuerlich“ fand SPD-Ratsherr Lars Kelich den Vorschlag Braunes: „Schon die nutzbaren U-Bahnstationen, die die Üstra in kalten Nächten öffnet, empfinde ich als keine menschenwürdige Unterkunft – und Sie wollen eine Rohbaustation öffnen?“
Besser Housing first als Rohbauunterkunft
Grünen-Ratsfrau Elisabeth Clausen-Muradian beschied Braune, zwar das Anliegen zu verstehen. Ziel müsse aber eher sein, Obdachlosigkeit zu bekämpfen, etwa mit dem Konzept Housing first, das Wohnungslose sesshaft machen soll. Dass die Stadt seit Mittwoch einen Shuttle-Bus zu den Schlafstätten am Stadtrand anbiete, sei ein echter Fortschritt. Das zweifelte Braune an: Obdachlose wollten im Zentrum bleiben, weil sie sich dort sicherer fühlten: "Das Konzept Shuttle-Bus wird nicht aufgehen."
Neues Rathaus in Hannover als Obdach-Schlafstätte öffnen?
Einzig AfD-Ratsherr Reinhard Hirche sprang Braune bei: „Als Übergang ist die Idee nicht schlecht.“ Er empfinde es als „erschreckend, wie Menschen in Decken gehüllt vor Kaufhof schlafen – und dass die Politik das über Jahre hinnimmt.“ Linken-Ratsherr Dirk Machentanz regte an, das Neue Rathaus als Schlafstätte zu öffnen, Gerhard Wruck von den „Hannoveranern“ schlug vor, den Bunker unterm Ernst-August-Platz in kalten Wintern für Obdachlose herzurichten oder eine temporäre Containeranlage unter der Raschplatz-Hochstraße zu installieren. Am Ende wurde der Antrag von Braune mit zwei Enthaltungen abgelehnt.
Von Conrad von Meding