Restauranttest: Wie schmeckt’s im Vienna im Zooviertel?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/ZVUWFFIZ4HTCPEICLN7S242OXY.jpg)
Kostprobe im Restaurant Vienna: Chef Roman Würcher
© Quelle: (c) www.photos24.de
Hannover. Wenn heute einmal das Beste zum Schluss kommt, dann packen wir das Schlechteste doch einfach an den Anfang: Obwohl das Menü im Vienna recht übersichtlich ist, können wir uns an diesem Abend nur schwer entscheiden. Nicht nur die Wahl zwischen den einzelnen Gerichten fällt uns schwer, vor allem eine spezielle Unterkategorie macht uns zu schaffen. Die Rinderkraftbrühe (5,20 Euro) gibt es entweder mit Frittaten, Leber- oder Grießnockerln. Als Suppenfans können wir schlichtweg keine uns befriedigende Entscheidung treffen. Am Ende nehmen wir die Grießklößchen. Und platzen bei der Bestellung hervor, ob es nicht möglich ist, ein hochgradig maximal unscheinbar winziges Leberknödelchen zusätzlich in der Brühe zu versenken – ist es?
Ja. Es ist nicht nur möglich, es ist „gar kein Problem“. Die Kuh ist also erst einmal vom Eis. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie schwamm ja in heißer Brühe, teilweise zumindest. Und es war ganz offensichtlich eine gute Kuh, denn die Suppe hat Würze, Kraft und Charakter. Dem Grießnockerl fehlt eine Spur Salz, dafür wurde das Lebernockerl ideal zubereitet. Spannend präsentiert sich bei den Vorspeisen auch das Kalbstatar (11,90 Euro). Das Fleisch wurde kräftig eingebunden, in Öl, Zwiebeln, Eigelb, Kapern, Meerrettich, ja – und Chili? Wir vermuten es. Und da ist neben der Schärfe auch eine Süße, die wir nicht zuordnen können, aber es schmeckt klasse, vor allem auch in Kombination mit dem warmen, gerösteten Graubrot und dem feinwürzigen Salat. Respekt.
Da ist es fast schon schade, dass es die größere Menükarte nur am Abend gibt. Wir hätten die Vorspeisen beim zweiten Besuch gleich nochmal gegessen und uns dabei eine Ausrede für die Redaktion ausgedacht. Dafür kommen wir an einem Mittag unter der Woche in den Genuss von wunderbar vollmundigen, käselastigen Schlutzkrapfen mit Schnittlauchsauce und Salat (7,50 Euro) und herrlichen Kohlrouladen mit Kartoffelstampf und Bratensoße (9,50 Euro). Beim Lachsfilet mit Kokos-Chili-Soße und Reis (9 Euro) verlassen wir für ein Gericht die österreichischen Gefilde. Der Fisch ist von guter Qualität und gut gebraten. Der Chili wurde in der Soße allerdings sehr enthusiastisch verwendet, ein Hinweis wäre schön gewesen. Der Reis hat gewöhnliche Qualität. Kurz: In Kärnten fühlten wir uns wohler.
Und am Abend übrigens auch, wo außerdem der Vorteil besteht, dass die ältere Bausubstanz des Restaurants nicht voll zu Tage tritt, sondern in Kerzenschein und Dämmerlicht verschwindet. Der Fokus liegt also voll auf dem Teller. Und das ganz zu Recht. Wir verkosten nämlich als ein Hauptgericht einen außergewöhnlich feinen Zwiebelrostbraten mit Serviettenknödeln (17,90 Euro). Das zarte, saftige Fleisch scheint gut abgehangen und ist bestmöglich gebraten. Die glasigen Zwiebeln haben noch feinen Biss und liegen in einer dichten, satten Rotweinsoße. Tolles Detail: Als Topping kommen ein paar frittierte, knusprige Zwiebelringe zum Einsatz. Alles frisch, alles selbstgemacht, versteht sich.
Außerdem essen wir ein Schnitzel, das hier in diversen Varianten angeboten wird. Wir nehmen das Steirer Schnitzel vom Kalb (16,90 Euro), das klassisch in der Panade einen Anteil von Kürbiskernen aufweist. Das zarte, saftige Kalbfleisch aus der Oberschale wurde sehr flach geklopft, sodass es an den Enden schon über den Tellerrand schaut. Die Panade schlägt zwar keine Blasen, aber ist goldbraun und würzig. Wie sich das gehört, wird dazu eine Zitronenscheibe mit Sardelle und Kaper serviert. Die Beilagen müssen separat bestellt werden. Wir nehmen Gurken- (2,80 Euro) und lauwarmen Kartoffelsalat (3,30 Euro). Schmeckt beides gut, auch wenn die blassen Kartoffeln etwas zu weich gekocht wurden.
Satt und glücklich ringen wir mit uns, bestellen zum Schluss dann aber doch noch den Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster (7,90 Euro). Wie gut, dass unsere Vernunft nicht siegte! Die Nachspeise hat nämlich Lehrbuchcharakter. Außen gleichmäßig goldfarben gebräunt, innen soft wie ein Daunenkissen, kommt der nicht zu süße Kaiserschmarrn an den Tisch. Wir staunen. Aufgrund der Perfektion, kann das Gericht nur frisch im Ofen zubereitet worden sein.
Sicher, es gibt noch spannende Abwandlungen des Klassikers – mit hauchdünner Karamellschicht auf der Oberfläche oder Topfenbröckchen im Teig –, aber besser als im Restaurant Vienna kann man es eigentlich nicht mehr machen. Wir wüssten jedenfalls nicht wie.
Von Finkbeiner