So arbeiten die Plagiatsjäger vom Zoll
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Der Zoll hat Tonnen gefälschter Turnschuhe beschlagnahmt.
© Quelle: dpa
Hannover. Wer Fälschungen vom Original unterscheiden kann, der hat es leicht - und könnte dem Zoll die Arbeit wesentlich vereinfachen. Dummerweise kann das vermutlich niemand auf den ersten Blick. So ist sind die Zöllner gefragt, wenn es um den Handel mit Plagiaten geht.
Die Beamten am Flughafen Hannover haben erst kürzlich einen Rekordfund gefälschter Markenprodukte gemeldet: In einer Luftfrachtsendung aus Peking waren 1,8 Tonnen gefälschte Turnschuhe, Taschen, Textilien und Accessoires versteckt. Bevor die Sendung an die Zieladresse in der Ukraine ausgeliefert werden konnte, fischte das Zollamt 74 Pakete heraus und beschlagnahmte knapp 2500 Plagiate.
"Einige Fälschungen sind schon wirklich gut, die können wir so nicht als Plagiate erkennen", sagt Zoll-Sprecher Hans-Werner Vischer, während er aus einer Kiste gefälschte Turnschuhe und Rucksäcke hervorholt. Da die Zollbeamten nicht immer eindeutig einschätzen können, ob es sich um reguläre oder gefälschte Produkte handelt, müssen die betroffenen Unternehmen auch selbst nachschauen.
Um den Fälschern das Handwerk zu legen, versuchen Unternehmen im Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie in Berlin, immer neue Möglichkeiten zu finden. "Man kann zum Beispiel Sicherheitsmerkmale einbauen oder es den Fälschern schon durch kreatives Design schwerer machen. Und man muss das Know-how schützen, wenn man mit Geschäftspartnern im Ausland arbeitet", sagt Projekt- und Rechtsreferent Peter Gretenkord.
Bis alle 30 Schutzrechtsinhaber des Rekordfundes in Hannover festgestellt haben, ob es sich um Fälschungen handelt, warten die Pakete im Hauptzollamt auf die Freigabe zur Verbrennung. Im Original hätten die Waren 730 000 Euro gekostet - sind sie nicht echt, müssen sie unter amtlicher Aufsicht vernichtet werden.
2015 kam über die Hälfte der in Deutschland beschlagnahmten Waren aus China, über ein Fünftel aus Hongkong. Marken wie Adidas, Nike, Chanel oder Converse ist das Problem bekannt. Ob sie die Versender der Plagiate anzeigen, liegt in ihrer Hand. Besonders häufig werden Textilien, Sportartikel und Uhren gefälscht.
Für die Firmen bedeutet das neben Umsatzeinbußen vor allem Image-Probleme, sagt Gretenkord: "Wenn Fälschungen zunächst unerkannt bleiben und erst die Kunden es feststellen, kann das Vertrauensverluste auslösen." Hinzu kommen Gefahren für Verbraucher, etwa bei Medikamenten oder Autoteilen.
Neben dem Flughafen in Hannover kennen die Zöllner in Niedersachsen auch eine weitere klassische Verkehrsroute, auf der ebenfalls gerne gefälschte Ware transportiert wird: die Autobahn 2. Der Zoll kontrolliert auch Privatsendungen aus dem Ausland, 70 bis 80 Pakete bringt die Post jeden Tag ins Hauptzollamt. Die Empfänger müssen Steuern oder Zoll nachzahlen, wenn die Freigrenze überschritten oder das Paket falsch deklariert wurde. Handelt es sich beim Inhalt um Plagiate, werden diese sichergestellt und vernichtet.
Nach der Fußball-WM 2014 und zuletzt nach der Europameisterschaft in Frankreich tauchten an mehreren deutschen Flughäfen - auch in Hannover - gefälschte Pokale auf. "Die Siegerpokale nachzumachen, das scheint beliebt zu sein", erzählt Zollsprecher Vischer. Darüber freuen konnte sich am Ende jedoch niemand, denn die Pokale wurden sichergestellt und vernichtet. Vernichtet wurde auch das Plagiat einer teuren Luxusuhr, die ein Hannoveraner sich gönnen wollte. Sie wurde schnell als Fälschung entlarvt, der Kaufpreis von 230 Euro war ein Indiz. "Der Herr sagte, er sammelt Uhren und wollte auch dieses besondere Exemplar in seiner Sammlung wissen. Dass es eine Replik war, das war ihm wohl bewusst", sagt Vischer, "nur nicht, dass es verboten ist".
Für eine andere Plagiatssammlung muss sich das Hauptzollamt eine umweltschonende Variante der Vernichtung überlegen: Im Lager befinden sich rund 68 000 Parfüm-Flakons, die auf der Autobahn 2 beschlagnahmt wurden. "Kleine Dinge können wir hier vor Ort vernichten, aber für so große Mengen brauchen wir eine andere Lösung", sagt Vischer.
dpa