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70 Mitarbeiter verlieren Job

Sonnenfinsternis bei Alfasolar

Die Mitarbeiterparkplätze bei Alfasolar in Lahe sind leer, das Unternehmen ist insolvent.

Die Mitarbeiterparkplätze bei Alfasolar in Lahe sind leer, das Unternehmen ist insolvent.

Hannover. Am Ende brachte auch das Premiummodul Pyramid 60P keine Rettung. Der Testsieger mit hoher Energieausbeute, 60 polykristallinen Zellen, 20 Kilogramm schwer, Wirkungsgrad bis zu 15,6 Prozent, der Stolz der Firma, erhältlich auch mit schwarzem Rahmen und Rückenfolien wahlweise in Schwarz oder Weiß. Aber das alles nützte nichts. Die Preise am Solarmarkt fielen, das Ende kam auf Raten. Kurzarbeit, vorläufige Insolvenz, Einstellung der Produktion, bis im Juli das Amtsgericht Hannover das Insolvenzverfahren eröffnete. Inzwischen sind alle Mitarbeiter entlassen. 70 Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren.

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Alfasolar aus Hannover-Lahe, ein deutscher Pionier beim Bau von Solaranlagen und einziger Hersteller in Niedersachsen, ist zahlungsunfähig. 20 Jahre lang lieferte und baute man Photovoltaikanlagen für Wohnhäuser, landwirtschaftliche Betriebe und Solarparks. In dieser Woche nun hatten Gläubiger bis zum Mittwoch Zeit, ihre finanziellen Forderungen anzumelden. Und dennoch scheint Alfasolar nicht ganz verloren; ein potenzieller Investor erwägt derzeit, ob er in Hannover einsteigt. Sagt er ab, steht das Unternehmen vor demselben Schicksal wie zahlreiche andere Betriebe aus der Solarbranche überall im Land. Dann droht die endgültige Pleite, mitten in der deutschen Wende hin zu erneuerbaren Energien.

Manuel Sack ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter. Er hat sich in den vergangenen Monaten auf die Suche nach einem finanzkräftigen Investor gemacht, einem Geldgeber, der bereit ist, die Schulden von Alfasolar zu übernehmen und frisches Geld in das Solarunternehmen zu stecken. Aber was er von dieser Suche erzählt, klingt wenig erfreulich: „Wir haben 350 potenzielle Investoren angeschrieben. Mit einem einzigen Unternehmen sind wir noch in ernsthaften Gesprächen.“ Eine Entscheidung erwartet er in der nächsten Woche.

Fragt man Sack, wie er die Chancen beurteilt, wägt er seine Worte. Er will keine Hoffnungen zerstören, aber ausnehmend zuversichtlich klingt seine Einschätzung nicht. Er sagt: „Die Chancen stehen 50 zu 50. Es ist das letzte bisschen Hoffnung.“ Bei dem Interessenten handelt es sich Sack zufolge um ein branchennahes Unternehmen, das Solarmodule für eigene Produkte braucht und sie bislang auf dem Markt einkauft. Würde dieser Interessent in Lahe einsteigen, würde er damit selbst zum Hersteller.

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Alfasolar sah sich zuletzt Forderungen von diversen Gläubigern gegenüber. Banken, Lieferanten, Dienstleister, die Bundesagentur für Arbeit zahlte Insolvenzgeld. Die Summe soll sich im noch einstelligen Millionenbereich bewegen. Weder Gesellschafter noch Banken waren bereit, dieses Geld aufzubringen. An Besserung glaubte angesichts neuer Zahlen offensichtlich niemand mehr. Insolvenzverwalter Sack sprach von einem Geschäftseinbruch, „der eine Schneise geschlagen hat, es waren etwa zwei Drittel des Umsatzes“. Der soll zuletzt in guten Zeiten bei über 20 Millionen Euro pro Jahr gelegen haben. Als Gründe für diesen dramatischen Verfall nennt man in der Branche, nicht allein bei Alfasolar, die billigere, weil staatlich geförderte Konkurrenz besonders aus China sowie die gekürzte Vergütung für Energie aus Solaranlagen.

Man weiß nicht, wie der Ingenieur Martin Denz, 50, die Lage seines Unternehmens heute beurteilt und welche Chancen er für die Zukunft sieht. Denz möchte zur aktuellen Lage nichts sagen. Seit 1993 hat er sein Unternehmen vorangetrieben, er glaubte an die Zukunft der Sonnenenergie, und lange Zeit war Alfasolar auf einem guten Weg. Man begann als Großhändler für bald knapp 1000 Solarprodukte, bis sich der Betrieb 2001 entschloss, nicht nur Händler, sondern Produzent zu sein, und begann, Module selbst herzustellen. Die Märkte wuchsen beständig, man lieferte nach halb Europa, besonders Länder im Süden. Im schwedischen Gällivare wurde günstig produziert, und zu Hochzeiten beschäftigte Alfasolar rund 100 Mitarbeiter. Das Auslandsgeschäft machte mehr als die Hälfte des Umsatzes aus. Das schien krisensicher, falls es in Deutschland einmal weniger gut liefe.

Und weil Martin Denz, in Solardingen ein Überzeugungstäter, die Zukunft der Sonnenenergie stets optimistisch betrachtete, produzierte Alfasolar von 2009 an auch in Hannover. Das Werk in Lahe wurde ohne öffentliche Förderung gebaut, die es zum Beispiel in Ostdeutschland reichlich gegeben hätte. Zur Eröffnung schaute der damalige Oberbürgermeister Stephan Weil vorbei, sehr erfreut über solche Standorttreue. Zwei Jahre später, die Absatzkrise machte einigen Herstellern bereits zu schaffen, setzte der Optimist und Gründer Martin Denz noch eins drauf: Er verdoppelte für einige Millionen Euro die Produktion. Unverdrossen erklärte er: „Qualität setzt sich durch.“

Der Wettbewerb aber verschärfte sich. Zu deutschen Preisen, sagt Insolvenzberater Manuel Sack, konnte man auf dem Solarmarkt immer weniger verkaufen. In Lahe wickeln nun ein paar Mitarbeiter den Betrieb ab. Vielleicht sind sie die Ansprechpartner für die neuen Eigentümer.

HAZ

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