Ist es ein Einzelfall, wenn wie zuletzt in einem Sorgerechtsstreit einem Elternteil das Kind in einer Hauruck-Aktion weggenommen wird, weil die Bindung zwischen beiden angeblich zu eng ist? Nein, sagt der Anwalt Pajam Rokni-Yazdi aus Hannover, der fast nur noch solche Fälle bearbeitet.
Hannover. Es ist der Tag, den Anna* in ihrem Leben wohl nie vergessen wird. An einem Montagmorgen im Oktober 2013 wird die damals 14-jährige vom Jugendamt Langenhagen unangekündigt aus ihrer Schule geholt und gegen ihren Willen in ein rund 80 Kilometer entferntes Jugendheim gebracht. Ihre Mutter und ihre Großeltern, bei denen sie aufgewachsen ist, wissen von nichts. „Ich durfte mich von niemandem verabschieden, ich durfte mit niemandem Kontakt haben“, so berichtet sie es 2019 in einem Film, den die Regisseurin Claire Wilisch für den NDR dreht. Aber damit nicht genug: Das Mädchen erfährt weder am Tag der Fahrt, noch später, wohin es überhaupt geht. Der 14-Jährigen werden alle elektronischen Hilfsmittel, mit denen sie sich vor Ort orientieren könnte, abgenommen. Über Wochen hat die Gymnasiastin keine Vorstellung davon, wo genau sie ist. „Ich hatte kein Internet, kein Handy, ich hatte gar nichts“, schildert sie ihre Lage. „Es war eigentlich eine legale Entführung“.
Die wohl bekannteste „Umplatzierung“ in Niedersachsen: Die 15-jährige Anna darf nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wieder aus dem Heim zurück nach Hause zu ihrer Mutter.
© Quelle: Felix Schledding