Studierende finden keine Zimmer in Hannover
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Das Semester hat begonnen, doch viele Studenten suchen noch eine Beibe
© Quelle: picture alliance/dpa
Hannover. Während andere Studenten noch gemütlich im Schlafanzug am WG-Tisch sitzen und Kaffee trinken, ist Marvin Tilch schon seit Stunden auf den Beinen. Der 18-Jährige pendelt für sein Informations- und Elektrotechnikstudium seit fast einem Monat von seinem Elternhaus in Osterode im Harz nach Hannover. Vier Stunden täglich sitzt er im Zug, weil er zum Semesterstart keine Wohnung gefunden hat. „Ich bin total unzufrieden mit der Situation“, sagt Tilch. Als vor gut vier Monaten die Zusage für den Studienplatz kam, fing er sofort an, Wohngemeinschaften anzuschreiben. Doch diese seien „völlig überrannt“. Tilch ist einer von vielen, die noch auf der Suche nach einer Bleibe in Hannover sind. Allein auf der Onlineplattform WG-Gesucht schalteten seit Semesterbeginn rund 200 Studenten eine Anzeige. Die Zahl der Suchenden liegt aber vermutlich weit höher.
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Elektrotechnikstudent Marvin Tilch hat zum Semesterbeginn noch keine Wohnung gefunden.
© Quelle: Sebastian Stein
Für gestrandete Studenten haben das Studentenwerk und der Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) schon in den vergangenen Jahren Notlösungen entwickelt. Der Asta bietet eine Schlafplatzbörse an, durch die Studenten kurzzeitig bei Privatpersonen unterkommen. In den letzten zwei Monaten habe es rund 40 Anmeldungen gegeben. „Die Nachfrage auf Seite der Suchenden ist groß“, sagt Nils Donhauser vom Asta. „Die Anbieterseite von Schlafplätzen ist aber noch ausbaufähig.“ Lediglich zehn Studenten konnten so in diesem Jahr vermittelt werden. Vier Studenten kamen außerdem im Veranstaltungsraum des selbst verwalteten Schwesternhauses der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) unter, fünf Notzimmer konnte das Studentenwerk beisteuern.
Auch Tiermedizin-Studentin Tina Engler musste sich bei Semesterbeginn eine provisorische Bleibe suchen. Zum Glück wohnt der Onkel einer Freundin in der Nähe von Sehnde. Vier Mal war die 20-Jährige vor Studienbeginn vom drei Stunden entfernten Rendsburg nach Hannover gefahren und hatte sich mehr als 20 Wohnungen angeguckt. Ohne Erfolg. Sie habe alles probiert: Onlineportale, Aushänge in der Hochschule, Wartelisten. „Das ist frustrierend“, sagt Engler. Als klar wurde, dass sie zum Semesterstart keine WG finden würde, sah sich Engler nach Alternativen um. Doch auch das Studentenwerk hatte längst keine Plätze mehr frei. „Man sagte mir, dass man sich ein Jahr vorher bewerben müsste, um einen Platz zu bekommen“, sagt Engler. Das sei „total unrealistisch“. Kaum ein Student wisse ein Jahr im Voraus, wo er studiert.
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Eberhard Hoffmann, Geschäftsführer des Studentenwerks, bemängelt die Wohnraumsituation für Studenten.
© Quelle: Tim Schaarschmidt
Mitte Oktober lag die Zahl der Studenten auf der Warteliste für ein Wohnheimplatz bei rund 2300 – nur 2400 Plätze hat das Studentenwerk. „Die Wohnsituation in Hannover ist für Studienanfänger fatal“, sagt Eberhard Hoffmann, Geschäftsführer des Studentenwerks. Die Universität immatrikuliere jedes Jahr eine „erstaunlich hohe Zahl“ Erstsemester. Dieses Jahr waren es über 5200, mehr als 8.300 in ganz Hannover. Insgesamt leben rund 46.000 Studenten in der Stadt. Mehr bezahlbaren Wohnraum gebe es aber nicht, sagt Hoffamann. Bis zum nächsten Jahr werden 68 Plätze in der Dorotheenstraße geschaffen. 184 Plätze entstehen außerdem an der Haltenhoffstraße. „Das reicht aber lange nicht aus“, sagt Hoffmann.
Marvin Tilch und Tina Engler geben nicht auf. Noch haben sie Hoffnung, dass es bald mit der Wohnung klappt. Tilch sucht zusammen mit einer Kommilitonen jetzt eine eigene Wohnung. Auch sie hat noch keine Bleibe in Hannover gefunden. „Wenn die Prüfungsphase im November beginnt, wird es wirklich ernst“, sagt Engler.
Private Vermieter gesucht
Der Eigentümerverein Haus & Grund ruft seine Mitglieder in Hannover auf, leerstehenden Wohnraum – etwa nach dem Auszug von Kindern – zur Verfügung zu stellen. Dazu hat er eine Kooperation mit dem Studentenwerk gegründet. Dort nimmt Mitarbeiterin Birte Wiedenroth Immobilieneigentümerin alle Formalitäten ab, vermittelt Studenten und schließt auf Wunsch auch den Mietvertrag. Sie ist werktags bis 13 Uhr unter Telefon (05 11) 7 68 80 69 zu erreichen.
Von Lisa Neugebauer
HAZ