TiHo: Bekommen junge Ärzte weniger als Mindestlohn?
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Zahlt die TiHo Doktoranden und jungen Tierärzten zu wenig?
© Quelle: Archiv
Hannover. „Es liegt der Anfangsverdacht auf eine Straftat vor“, bestätigt Staatsanwältin Kathrin Söfker. Die Anklagebehörde prüft den Vorwurf des „Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt“. Trifft dies zu, dann hätte die TiHo in der Folge auch zu geringe Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Sozialversicherungsbetrug gilt als Straftatbestand.
Angestoßen wurden die Ermittlungen durch eine anonyme Anzeige, die sich auf die Arbeitsbedingungen in der TiHo-Klinik für Kleintiere bezieht. Ob auch weitere Kliniken betroffen sind, ist unklar. In der Ausbildung für Veterinäre ist es üblich, nach Abschluss des Studiums in einem gut einjährigen Schulungsprogramm, genannt Internship, berufspraktische Erfahrungen zu sammeln. Allein in der Klinik für Kleintiere arbeiten auf diese Weise jeweils rund ein Dutzend junge Mitarbeiter, die bereits als Tierärzte bei der Tierärztekammer Niedersachsen zugelassen sind. Sie verantworten nach einer Einarbeitung und Rücksprache mit Anleitern die Behandlung von Hunden und Katzen in der Sprechstunde, leiten bei nächtlichen Notoperationen die Narkose ein oder betreuen nachts stationäre Patienten.
Laut Arbeitsvertrag sind diese jungen Tierärzte mit knapp 80 Stunden pro Monat in Teilzeit beschäftigt. Nach Informationen der HAZ sollen sie den Vorwürfen zufolge tatsächlich Vollzeit in die Dienstpläne eingebunden sein. Daneben fallen demnach Überstunden, außerdem zusätzlich Nachtdienste und Wochenenddienste an, sodass die Tierärzte auf eine monatliche Arbeitszeit von mindestens 160 Stunden kommen, die in der Regel aber eher bei 210 Stunden oder mehr liegen soll. Bei einem Bruttoarbeitslohn von rund 1100 Euro im Monat kämen die approbierten Tierärzte somit auf einen Stundenlohn von 5 bis 7 Euro. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn, der seit Anfang 2015 gilt, liegt bei 8,50 Euro pro Stunde.
Die finanzielle Situation der jungen TiHo-Mitarbeiter ist nach HAZ-Informationen so prekär, dass einige in der Vergangenheit vom Jobcenter der Region einen Mietzuschuss erhalten haben.
Ob sich am Ende ausreichend Anhaltspunkte für eine Anklage ergeben, hängt von den Ergebnissen der Ermittlungen ab. Die TiHo will zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. „Die Staatsanwaltschaft hat sich noch nicht bei uns gemeldet, deshalb können wir nichts dazu sagen“, erklärt eine Sprecherin.