Umstellung auf Öko-Landwirtschaft

Landwirte am Kronsberg fürchten um ihre Existenz

Der Kronsberghof, einziger ökologischer Betrieb am Rande der Stadt, steht vor dem Aus.

Der Kronsberghof, einziger ökologischer Betrieb am Rande der Stadt, steht vor dem Aus.

Hannover. Hannovers Agrarflächen sollen künftig ökologisch bewirtschaftet werden, so will es der Rat der Stadt. Doch der Widerstand gegen den Beschluss wächst. Mehrere Landwirte auf dem Kronsberg, die ihre Felder derzeit noch konventionell bewirtschaften, fürchten um ihre Existenz, sollten sie zur Öko-Umstellung gezwungen werden. „Öko-Landbau funktioniert wegen der kargen Böden nicht auf dem Kronsberg“, sagte Landwirt Dirk Gericke am Montag bei einer Anhörung im Umweltausschuss.

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Die Stadtverwaltung ringt um eine Lösung. Sie will einerseits die bisherigen Pächter nicht in den Ruin treiben, muss aber den politischen Willen des Rates umsetzen. Insbesondere die Grünen, aber auch der Umweltverband BUND machen Druck. "Wir brauchen mehr Flächen für den Öko-Landbau", forderte Georg Wilhelm vom BUND.

180 Hektar nötig für wirtschaftlichen Betrieb

Die Pachtverträge für die Ackerflächen haben sehr kurze Laufzeiten, meist ein Jahr. Nach Ablauf der Frist werden die Verträge automatisch verlängert. Daher ist die Verwaltung gezwungen, die Pachtverträge zu kündigen, um Neueinsteigern eine Chance zu geben. Im Gespräch ist, Pachtflächen neu zu verteilen, sollten die bisherigen Pächter ihren Betrieb nicht auf Öko-Landwirtschaft umstellen. Eine Fläche von 180 Hektar sei mindestens nötig, um wirtschaftlich arbeiten zu können, heißt es vonseiten der Stadt. Eine Neuaufteilung der Pachtgrundstücke dürfe die Existenz der bisherigen Landwirte nicht gefährden, lautet die Maxime der Stadt.

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„Gemüse- und Kartoffelanbau scheidet aus“

Die konventionell arbeitenden Landwirte sehen mehrere Hindernisse, die einer Öko-Umstellung im Wege stehen. „Gemüse- und Kartoffelanbau scheidet aus, weil die Böden am Kronsberg zu steinig sind“, sagte Landwirt Friedrich-Wilhelm Brandes. Und Viehzucht sei ebenfalls schwierig, weil sich Nachbarn durch Gerüche belästigt fühlten, ergänzte Landwirt Cord Scheverling. Er betreibt seinen Hof seit vielen Jahren und kann sich nicht vorstellen, ökologisch zu arbeiten. Dirk Gericke hat seinen Hof in Wülferode in dritter Generation und fürchtet den Verlust von Ackerflächen. Ein Viertel seiner Felder gehören der Stadt, sollten sie abgezweigt und einem Ökobetrieb zugeschlagen werden, wäre das „sehr schmerzhaft“, sagte Gericke. Er habe Grünstreifen mit Blumenwiesen entlang seiner Felder angelegt, um die Artenvielfalt zu fördern.

Unterstützung bekommen die Landwirte vom Landvolk, dem Lobbyverband der Bauern. „Auf bestehende Landwirte wird zu wenig Rücksicht genommen“, sagte Landvolk-Vizepräsident Holger Hennies. Klar sei doch, dass Ökolandbau am Kronsberg wenig Sinn mache. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ist anderer Meinung. „Ökolandbau ist gerade auf ertragsschwachen Flächen möglich“, sagte Ulrich Klischat, Leiter des Fachbereichs Ökologischer Landbau bei der Kammer. Das Potenzial der Agrarflächen am Kronsberg liege in ihrer Nähe zur Stadt. „Spezielle Waren und Dienstleistungen könnten den Stadtbewohnern angeboten werden“, sagte Klischat. Welche das sein sollen, wolle er den Unternehmern vor Ort überlassen.

Kronsberghof vor dem Aus

Werner Reuter betreibt als einziger Landwirt einen ökologisch wirtschaftenden Hof – den bekannten Kronsberghof. Doch der aus einem Expo-Projekt hervorgegangene Betrieb steht vor dem Aus. "Wir suchen nach Nachfolgern", sagte Reuter. Aber die bisher 20 bis 30 interessierten Jungunternehmern seien zu dem Schluss gekommen, dass der Hof nicht wirtschaftlich weitergeführt werden könne. Deutlich mehr Agrarfläche wäre nötig, meinte Reuter. Grundsätzlich aber sei Ökolandbau auf dem Kronsberg machbar, jedoch mit viel Arbeitseinsatz. "Unkräuter können nicht mit Maschinen, sondern müssen mit der Hand herausgezogen werden", sagte Reuter.

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Von Andreas Schinkel

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