Unter den Wolken
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Bodenständig statt abgehoben: Im „Silbervogel“ serviert Waldemar Friedrich auf Wunsch vegetarisch oder eine griechische Grillplatte.
© Quelle: Wallmüller
Hannover. Also dann, Boarding-Time. Wir checken an einem wolkig-warmen Sonntag im „Silbervogel“ ein, einem Restaurant im Flugzeug, das auf halber Strecke zwischen Ricklinger und Tönniesberg-Kreisel geparkt ist. Die Kinder können es kaum erwarten – die Siebenjährige rätselt noch, ob es zum Essen an Bord verpackte Plastikgabeln gibt – da wirkt ihre erste Flugerfahrung vom Sommer nach.
Der „Silbervogel“ ist eine Vickers Viscount, eine in England gebaute Passagiermaschine, die von 1959 bis 1969 für Kurz- und Mittelstrecken bei der Lufthansa eingesetzt wurde. Im Ruhestand wurde sie 1971 nach Holzminden verfrachtet und zum Café umgebaut. Seit 2002 hat sie ihren Platz an der B 65 in Hannover. Seitdem ist hier ein griechisches Restaurant untergebracht.
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Hannover, 30.08.2013: Kostprobe im Silbervogel, Mercedesstrasse 1, Chef: Waldemar Friedrich. Foto: Michael Wallmueller (Umlaut)
© Quelle: Michael Wallmueller
Bei unserem ersten Besuch hasten die Kinder die Gangway nach oben, inspizieren interessiert das Cockpit, in dem zwei Pilotenpuppen auf die Starterlaubnis warten, und betreten den Speiseraum (Vorsicht, Kopf einziehen!). Uns erwartet ein klimatisierter Innenraum. Wo einst die 48 Sitze waren, sind rechts und links des Gangs Vierertische angebracht. „Für Onkel Ralf wird’s eng“, sagt der Zehnjährige. Schnell wird klar, was er meint. Onkel Ralf misst zwei Meter, da bliebe selbst im Mittelgang wenig Luft nach oben. Und an den Vierertischen sollte man die Kinder auf der Fensterseite platzieren, sie sind etwas kleiner als die Eltern. Und gelenkiger.
Bordtoilette? Nicht so einfach
Ein freundlich-distanzierter Kellner bringt uns die Speisekarte, darin auch eine kleine Menüauswahl für Kinder. Die Siebenjährige entscheidet sich für den Stewardteller (5,90 Euro), ein Putenschnitzel mit Salat, dazu möchte sie Kroketten. Die Portion ist ausreichend groß, die Pute eher saftig als trocken. Auch ohne Plastikgabel schmeckt ihr das Essen. Der große Bruder fühlt sich zu alt für Menüs, die den Namen Flieger- oder Cockpitteller tragen. Aus der Rubrik „Für den kleinen Appetit“ bestellt er sich ein gegrilltes Putensteak, dazu Folienkartoffel, Zaziki und Knoblauchbrot (8,90 Euro). Ihn überzeugt sein Essen auf ganzer Linie, auch wenn das Zaziki für meinen Geschmack etwas zu mild geraten, das Knoblauchbrot nicht kross genug ist.
Ich bestelle das „Spezialpfännchen“; das sind zwei Schweinemedaillons in einer Artischocken-Rahmsoße, abgeschmeckt mit Crème Fraîche, verfeinert mit Cassislikör, dazu einen Salat. Die Pfanne ist tatsächlich sehr speziell. „Hast du Suppe bestellt?“, fragt die Tochter. Man könnte tatsächlich meinen, ich hätte. Die Medaillons gehen in der Soße unter, man kann nur mit dem Messer ertasten, wo die Fleischstücke sind. Die sahnige Sauce ist geschmacklich in Ordnung, auch wenn die Cassisnote kaum herauszuschmecken ist. Insgesamt ist sie viel zu mächtig – hier wäre weniger mehr. Der Salat ist frisch, allerdings mit einem Joghurtdressing aus der Tube angemacht. Die Kinder möchten nach dem Essen die Bordtoilette testen, stellen aber fest, dass sowohl die einfachen Toiletten als auch die Küche in einem Container neben dem Flugzeug untergebracht sind.
Silbervogel
Mercedesstraße 1,
Hannover
Telefon: (05 11) 4 10 49 60
Geöffnet: Dienstag bis Freitag, 17 bis 23 Uhr, Sonnabend, 12 bis 14.30 und 17 bis 23 Uhr, Sonntag, 12 bis 23 Uhr.
Preiskategorie: günstig
Bei unserem zweiten Besuch muss der Papa unbedingt mit. Der „Silbervogel“ ist wie beim ersten Mal gut besucht, das Restaurant scheint sich über die Jahre eine gewisses Stammpublikum erarbeitet zu haben, wobei Kinder anscheinend selten zu den Gästen zählen. Diesmal wählt die Kleine einen Pilotenteller, ein kleines Steak mit Pommes frites und Salat (5,90 Euro). Der Große bleibt beim kleinen Appetit, diesmal mit Schweineschnitzel natur (7,20 Euro).
Auf der Karte dominiert klar der Fleischanteil, wobei es neben allerlei Gyros und Schnitzel auch einige vegetarische Gerichte gibt. Mein Begleiter entscheidet sich für das Lammfilet mit Kräuterbutter, dazu Rosmarinkartoffeln, Reis, Gemüse und Salat (15,90 Euro) und ist damit zufrieden. Ich nehme die Schweinemedaillons in Basilikumsoße mit Champignons, Zwiebeln und Paprika (14,90 Euro). Die Portion ist wiederum reichlich, das Fleisch von guter Qualität. Zum Essen genehmigen wir Erwachsenen uns einen passablen Rotwein (0,25 Liter für 3,50 Euro). Die Kinder werden vom Kellner mit einem bunten Lolli verabschiedet. Der Besuch im „Silbervogel“ – für die Kleinen ist das fast wie Fliegen.
Mein Fazit
Bodenständige Küche – mit Luft nach oben.
HAZ