Ermittlung gegen OB Schostok

Was bedeutet Anfangsverdacht, was ist Untreue?

Im Visier der Staatsanwaltschaft: Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok.

Im Visier der Staatsanwaltschaft: Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok.

Hannover. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am Dienstag das Büro des Oberbürgermeisters im Rathaus durchsucht, sein iPhone mitgenommen, und auch bei Stefan Schostok zu Hause waren die Ermittler. Die dafür nötigen Durchsuchungsbeschlüsse hatte das Amtsgericht Hannover am Montag ausgestellt, nachdem die Staatsanwaltschaft ebenfalls am Montag zu dem Schluss gekommen war, dass es wegen zu hoher Gehälter zweier Spitzenbeamter einen Anfangsverdacht gegen Schostok wegen Untreue zu Lasten der Stadtkasse gibt.

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Was ist Untreue?

Bei der Untreue schädigt der Täter fremdes Vermögen – hier wäre es die Stadtkasse –, indem er eine besondere Vertrauensstellung ausnutzt. Eine sich daraus ergebende besondere Vermögensbetreuungspflicht hat der Oberbürermeister durch sein Amt. Es geht also um die Frage, ob Schostok als Verwaltungschef die inzwischen gestoppten Besoldungszuschläge mitgetragen hat, ob er wusste, dass sie rechtswidrig waren – und er sie folglich hätte verhindern müssen, um einen Schaden von der Stadtkasse abzuwenden. Untreue wird mit Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft. Im besonders schweren Fall der Untreue, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht, beträgt die Freiheitsstrafe sechs Monate bis zu zehn Jahre.

Was bedeutet Anfangsverdacht?

Ein Anfangsverdacht bedeutet zunächst nur, dass die Staatsanwaltschaft „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine Straftat hat, wie es in der Strafprozessordnung heißt. Der Anfangsverdacht ist eine Hürde, die Betroffene vor Ermittlungen aufgrund reiner Vermutung oder Spekulation schützt.

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Ist diese Hürde aber genommen, gibt es zugleich kein Zurück mehr. Die Strafverfolgungsbehörden müssen dann ein Ermittlungsverfahren zur Erforschung des Sachverhalts führen – ohne Ansehen der Person.

Das ist ein heikler Moment im Strafverfahren. Als etwa die Staatsanwaltschaft Hannover 2012 die Aufhebung der Immunität des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff beantragte, um gegen Wulff wegen Bestechlichkeit ermitteln zu können, trat dieser von seinem Amt zurück. Obwohl ja die Unschuldsvermutung gilt: Wer einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen ist. Später wurde Wulff vor dem Landgericht Hannover freigesprochen.

Gibt es einen Prozess?

Ein Ermittlungsverfahren bedeutet noch lange nicht, dass es überhaupt zu einem Strafprozess kommt. Erst wenn die Ermittlungen ergeben haben, dass es einen „hinreichenden Tatverdacht“ gibt, erhebt sie auch Anklage beim Gericht, andernfalls stellt sie das Verfahren ein.

Erst wenn auch das Gericht diesen hinreichenden Tatverdacht ebenfalls sieht, kommt es zum Hauptverfahren. Das bedeutet: Die Richter halten eine Verurteilung für wahrscheinlicher als einen Freispruch. Erst wenn der Prozess diese Prognose auch bestätigt hat, es keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe gibt, kommt es zu einem Schuldspruch.

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Von Karl Doeleke

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