Volksverhetzung: 19-Jähriger beschädigt am Holocaust-Mahnmal Blumenkränze
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Am Opernplatz wurden erst am Montag am Holocaust-Mahnmal zum Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Deportationen aus Hannover Blumenkränze niedergelegt.
© Quelle: Rainer-Droese
Hannover. Antisemitischer Zwischenfall am Holocaust-Mahnmal am Opernplatz: Die Polizei ermittelt gegen einen 19-jährigen Mann wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Er soll am Dienstagabend am Holocaust-Mahnmal frisch niedergelegte Blumenkränze mutwillig zerpflückt und dabei gegenüber Passanten antisemitische Parolen geäußert haben. Einsatzkräfte der Polizei seien wegen des Vorfalls am Dienstagabend gegen 20.15 Uhr zum Mahnmal gerufen worden, bestätigt ein Polizeisprecher. Erst einen Tag zuvor hatten am Montag bei einer Gedenkfeier der Region und der Stadt Hannover unter anderem Vertreter der jüdischen Gemeinden, der Kirchen sowie Regionspräsident Hauke Jagau und Oberbürgermeister Stefan Schostok am Mahnmal der Deportation von Juden aus Hannover nach Riga gedacht. Vor 77 Jahren waren 1001 jüdische Kinder, Frauen und Männer nach Riga deportiert worden, nur 69 von ihnen überlebten die Deportierung und die anschließende Verfolgung. Bei der Gedenkveranstaltung waren nach einer Schweigeminute auch Blumenkränze niedergelegt worden.
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Der Sprecher der Grünen-Jugend Niedersachsen, Timon Dzienus, war Zeuge des antisemitischen Vorfalls und hat Anzeige erstattet.
© Quelle: Privat: Quelle Facebook
Die Polizei war wegen der mutwilligen Beschädigung der Kränze von einem Passanten sowie von dem Sprecher der Grüne-Jugend Niedersachsen,Timon Dzienus, gerufen worden. Dzienus war Zeuge des Vorfalls. Er berichtet auch von üblen antisemitischen Parolen, die ihm der 19-Jährige Beschuldigte zugerufen haben soll, nachdem er ihn auf sein respektloses Verhalten angesprochen hatte. „Ich habe Anzeige erstattet wegen Volksverhetzung, Relativierung von NS-Verbrechen und Beleidigung. Über den Vorfall bin ich krass entsetzt“, teilt der Sprecher der Grüne-Jugend mit.
Der 22-jährige Politikstudent fordert angesichts des Zwischenfalls am Opernplatz einen würdevolleren Umgang mit dem Mahnmal und dem Standort rundum die Gedenkstätte. „Oft hängen dort Jugendliche herum, trinken Alkohol und hören laute Musik“, sagt Dzienus. Aus einer Gruppe von rund 20 bis 30 dort herumsitzenden jungen Leuten hätten sich am Dienstagabend auch einige mit dem kahlköpfigen 19-Jährigen solidarisiert, nachdem dieser die Kränze zerpflückt habe. „Ich habe mich bedroht gefühlt“, sagt Dzienus.
Er fordert aber kein Verbot für trinkende Jugendliche am Mahnmal. „Weil sich dann das Problem an einen anderen Ort verlagert“, sagt der Politikstudent. Trotzdem setze er sich dafür ein, Lösungen für einen respektvolleren Umgang mit dem Standort zu finden. Dass er Anzeige erstattet habe, könne das Problem nicht dauerhaft lösen – ebenso wenig wie der Platzverweis, den die Polizisten dem 19-Jährigen erteilt hätten. Vielmehr seien größere gesellschaftliche Anstrengungen und Zivilcourage notwendig, um dem immer noch weit verbreiteten Antisemitismus entgegen zu treten.
Von Ingo Rodriguez
HAZ