Wer war’s? – Hannovers ungeklärte Morde
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Im Oktober 2012 fand ein Fußgänger eine Frauenleiche im Maschsee, kurze Zeit später nahm die Polizei Alexander K. fest. Dass der Mann auch der Mörder der Gelegenheitsprotituierten Monika P. ist, ist ausgeschlossen.
© Quelle: Körner
Hannover. Hannovers Mordermittler konnten sich in den vergangenen Monaten nicht über zu wenig Arbeit beklagen. In vier zum Teil spektakulären Fällen innerhalb von vier Monaten (von Anfang Oktober 2012 bis Mitte Januar 2013) mussten die Beamten ermitteln. Zudem galt es in zwei anderen Tötungsdelikten aus dem Jahr 2010 und 2011, die noch immer ungeklärt sind, weiter Spuren zu sammeln.
Nach Informationen der HAZ ist die Kripo inzwischen bei einem der Kapitaldelikte einen entscheidenden Schritt weitergekommen - im Fall des sogenannten Maschseemörders Alexander K. Seit Ende November sitzt der 24-Jährige in Untersuchungshaft, weil er die drogenabhängige Andrea B. in seiner Wohnung getötet, zerstückelt und anschließend die Leichenteile in dem Gewässer entsorgt haben soll. Der Verdacht, Alexander K. könnte möglicherweise auch etwas mit der Tötung und Zerstückelung der Gelegenheitsprostituierten Monika P. 22 Monate zuvor zu tun haben, hat sich dagegen nicht bestätigt. Zu diesem Schluss kommen die Fallanalytiker des Landeskriminalamts, die beide Verbrechen miteinander verglichen haben. „Sie haben dabei keine Hinweise gefunden, dass zwischen den Taten ein Zusammenhang besteht“, bestätigt Oberstaatsanwältin Irene Silinger. Das bedeutet: Der Mörder der damals 24 Jahre alten Frau, die in der Silvesternacht verschwand, läuft noch immer frei herum. Die Kripo muss den Fall noch einmal vollständig neu bewerten.
Alexander K. hatte den Verdacht, er habe möglicherweise schon einmal getötet, selbst befeuert. In einem der zahlreichen Videos, die der junge Mann am 1. Januar 2010 - also unmittelbar nach dem Tod von Monika P. - ins Netz stellte, beschreibt er, wie eine junge Frau bis zur Bewusstlosigkeit misshandelt und vergewaltigt wird. In einem weiteren Vers spricht K. davon, dass endlich die Gelegenheit gekommen sei, seine Phantasien auszuleben.
Keinen Schritt weitergekommen sind die Beamten dagegen bei der Suche nach dem Mörder von Walburgis Maria G. aus dem Roderbruch und dem Täter, der Wolfgang Liehs aus Davenstedt in dessen Wohnung mit einem Säbel erstach. Die wenigen Hinweise (sieben bei Walburgis G., vier bei Wolfgang Liehs) sind längst abgearbeitet. Weitere Ermittlungsansätze haben sich bislang offenbar nicht ergeben.
Immerhin steht das Motiv für das Verbrechen an der 80-jährigen G. fest: Raubmord. „Wir gehen davon aus, dass sie Bargeld in der Wohnung gehabt hat, haben bei der Durchsuchung aber keines gefunden“, sagt Polizeisprecher Holger Hilgenberg.
Hannovers ungeklärte Morde:
Der Fall Wolfgang Liehs
Der Säbel-Mord von Davenstedt gibt der Polizei auch weiterhin Rätsel auf. Am 11. Januar war der 54-jährige Wolfgang Liehs erstochen in seinem Ein-Zimmer-Apartment in einem Mehrfamilienhaus am Davenstedter Markt entdeckt worden. Unbestätigten Informationen zufolge soll es an der Wohnungstür keine Aufbruchspuren gegeben haben. Kannte das Opfer seinen Mörder also? Obwohl die Polizei den vollständigen Namen und ein Foto des Toten veröffentlichte, erhielten die Ermittler in diesem Fall bislang nur vier Hinweise. Liehs lebte sehr zurückgezogen, selbst in unmittelbarer Nähe des Tatorts gelegenen Geschäften wurde der 54-Jährige so gut wie nie angetroffen.
Auch die Tatwaffe, der Säbel, brachte die Mordkommission „Markt“ bislang nicht weiter. „So etwas kann heutzutage problemlos im Internet bestellt werden“, sagt Polizeisprecher Holger Hilgenberg. Vollkommen unklar ist auch das Motiv für die Tat. Große Geldbeträge dürften bei dem 54-Jährigen nicht in der Wohnung versteckt gewesen sein. Liehs hatte zuletzt als Ein-Euro-Jobber gearbeitet.
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Hannover; Mord an der 80-jährigen Walburgis G. in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Roderbruch. Mit Plakaten sucht die Polizei nach Zeugen
© Quelle: HAZ NP
Der Fall Walburgis Maria G.
Der Tod der 80-jährigen Walburgis Maria G. aus dem Roderbruch war zunächst kein Fall für die Mordermittler. Am 4. Januar war die Leiche der aus Polen stammenden Frau in ihrer Wohnung in der Straße Nußriede entdeckt worden. Die Verletzungen im Gesicht und am Hals stammten von einem Sturz, so lautete die erste Diagnose. Erst die Obduktion der Leiche in der Rechtsmedizin brachte Gewissheit: Walburgis G. wurde ermordet. Doch auch in diesem Fall ist die Tätersuche für die Kripo äußerst beschwerlich.
Nur sieben Hinweise haben die Beamten bis zum heutigen Tag aus der Bevölkerung erhalten. Auch die Aussage, in dem Haus, in dem die 80-Jährige lebte, seien regelmäßig Wohnungen an Monteure vermietet worden, die in der Regel aus Osteuropa stammten, führte nicht zur erhofften Wende. Walburgis Maria G. lebte unauffällig. Die Anwohner kannten sie lediglich als regelmäßige Kirchgängerin. Getroffen habe man Frau G. immer vor dem Haus. Dort habe sie oft gestanden und eine Zigarette geraucht, berichteten Nachbarn.
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Hannover. Die Studentin Annika B. (20, im Bild) wurde in der Kohlrauschstraße auf offener Straße von einem Unbekannten erstochen. Familie und Freunde legten Blumen am Tatort nieder und entzündeten Kerzen.
© Quelle: NP
Der Fall Annika B.
Am ersten Adventssonntag des Jahres 2011 wurde die junge Studentin und Mutter Annika B. von einem Unbekannten vor ihrer Wohnung überfallen und erstochen. Trotz einer sehr guten Phantomzeichnung, die den Täter zeigt, konnte der Fall bis heute nicht geklärt werden.
Mehr als 1000 Hinweise haben die Ermittler der MoKo „Annika“ bislang überprüft. Keiner von ihnen führte zum Mörder der 20-Jährigen. Die Zahl der Hinweise war auch deshalb so hoch, weil die Polizei erstmals in ihrer Geschichte über die Plattform des sozialen Netzwerks Facebook nach Zeugen suchte. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Behörde allerdings mit Hinweisen zu dem Phantombild oder zu dem Fall allgemein überflutet, sodass sich die Behörde gezwungen sah, den Zeugenaufruf aus dem Netz zu entfernen.
Am Jahrestag des Verbrechens, am 27. November 2012, erinnerte die Polizei mit Handzetteln und Plakaten, die rund um den Tatort verteilt wurden, erneut an den Fall. Zum wiederholten Mal wurde die Bevölkerung aufgefordert, der Kripo jede auch noch so kleine Beobachtung in der Sache mitzuteilen. Lediglich 30 neue Aussagen konnten die Ermittler daraufhin zu Protokoll nehmen.
Bislang gibt es weder einen Hinweis auf das Motiv für die Bluttat, noch gelang es den Ermittlern, die Tatwaffe ausfindig zu machen.
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Zerstückelte Frauenleiche identifiziert Das Foto einer ermordeten Frau (Monika P.) veröffentlicht die Polizei Hannover am Mittwoch (06.01.2010) in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Bei der jetzt identifizierten Person handelt es sich um die in Hannover gefundene, zerstückelte Frauenleiche. Die Tote sei eine 24 Jahre alte Frau aus Hannover, sagte ein Polizeisprecher. Körperteile der Toten waren am Montag (04.01.2010) am Ufer der Ihme gefunden worden. Eine Obduktion soll nun Ursache und Zeitpunkt des Todes klären. Foto: Polizei (Veröffentlichung bitte nur mit Nennung des Urhebers) dpa/lni (zu lni 0480 vom 06.01.2010) +++(c) dpa - Bildfunk+++
© Quelle: dpa
Der Fall Monika P.
Sie hatte mit ihrer Mutter und deren Bekannten in einer Kneipe in Linden Silvester gefeiert. Dann war Monika P. mit einer Stadtbahn in die City gefahren, um Freunde zu treffen, und verschwand spurlos. Am vierten Januar 2010 entdeckten Spaziergänger unter der Legionsbrücke am Ihmeufer zwei blaue Müllsäcke. Darin war die zerstückelte Leiche der 24-Jährigen verstaut. 3000 Euro setzten die Ermittler der Mordkommission „Rose“ – der Name stammt von einem auffälligen Tattoo der Toten – für Hinweise aus, die zur Ergreifung des Täters führen. Bis heute musste diese Summe nicht ausbezahlt werden. Vom Täter fehlt jede Spur.
Monika P. galt als drogenabhängig. Das Geld für den Stoff soll sie sich auf dem Straßenstrich in Hannover verdient haben. Doch auch die Ermittlungen in diese Richtung führten ins Leere. Mit speziellen Hunden, sogenannten Mantrailern, versuchte die Polizei, den Weg, den der Täter mit den Leichenteilen genommen haben könnte, zurückzuverfolgen. Die Tiere führten die Beamten ausschließlich zu Orten im Stadtteil Linden. Schließlich bat die Behörde im Zuge der Ermittlungen zu einem Massengentest. 1105 Männer im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aus dem Stadtteil waren aufgerufen, freiwillig eine Speichelprobe abzugeben. Doch auch dadurch konnte der Fall nicht gelöst werden.
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Hannover. Mord in Marienwerder. Die Rentnerin Christa H. (72) wurde tot in ihrem Badezimmer aufgefunden. Sie starb an den Folgen stumpfer Gewalt. Die Mordkommission ermittelt.
Der Fall Christa Haase
Die Ermittlungen im Mord an der Rentnerin Christa Haase aus Marienwerder sind fast abgeschlossen. Die Verfassung der Anklageschrift steht unmittelbar bevor. Als dringend tatverdächtig in dem Fall gilt der 37-jährige Deniz A. – ein ehemaliger Nachbar des Opfers. Er soll die 76-Jährige in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in der Straße Große Pranke getötet haben. A. war erst seit Kurzem wieder auf freiem Fuß. Er hatte eine lange Gefängnisstrafe für den Mord an dem Portier eines Stundenhotels in der Oststadt vor 15 Jahren verbüßt.
Die Gewalttat löste in dem Stadtteil Entsetzen aus. Christa Haase hatte in dem Viertel jahrzehntelang mit ihrem Mann eine Drogerie betrieben, war dadurch vielen Leuten bekannt. Zudem engagierte sie sich in der Kirchengemeinde und in einer Grundschule, verpachtete einige Garagen, um ihre Rente aufzubessern, und war in dem Hochhaus, in dem sie lebte, für den Verkauf von Marken für die Waschmaschinen im Keller verantwortlich. Dem Täter kamen die Ermittler der MoKo „Haase“ durch tagelange, akribische Spurensuche in der Wohnung des Opfers auf die Spur. Dort stießen sie auf ein Haar, das eindeutig von Deniz A. stammte. Das ergab der Abgleich mit der DNA-Datenbank, in der der genetische Fingerabdruck des Mannes wegen des ersten Mordes gespeichert war.
HAZ