„Wie, du bist Single?!“
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Da ist er wieder, der mitleidige Blick des Pärchens: Denn wie kann jemand glücklich sein, der nur für sich alleine einkauft?
© Quelle: von Ditfurth
Hannover. Als Single fühle ich mich auf Partys wie ein Alien. Nicht, weil mich niemand anspricht. Auch nicht, weil ich nicht gerne feiern gehe. Als Single muss ich immer damit rechnen, von Freunden verkuppelt zu werden – egal ob in der Disko oder bei der WG-Feier.
Dabei sind Partys eigentlich der perfekte Ort für Singles. Ich bin frei, muss auf niemanden Rücksicht nehmen und kann einfach Spaß haben. Gebunden bin ich ja nicht. Umso mehr freue ich mich darüber, seit Langem wieder mit meiner besten Freundin wegzugehen. Die gibt es seit ein paar Monaten meist leider nur noch im Doppelpack – Partys wurden weitestgehend durch „Unternehmungen zu zweit“ ersetzt. In unserem Lieblingsklub erzählt sie, wie alles zu zweit „doppelt so schön“ sei. Ich sehe das anders, sage aber nichts und lasse meinen Blick über die überfüllte Tanzfläche schweifen. Ein Typ fällt mir auf. Ich schaue ihn an und schenke ihm ein Lächeln – mal schauen, was draus wird. Währenddessen redet meine Freundin mit dem nächstbesten Kerl. Er ist klein, schlaksig und so gar nicht mein Typ. Komisch, dass sie dabei so oft in meine Richtung schaut. Oh nein – der Typ zeigt auf mich. Sie nickt. Er kommt auf mich zu, versucht charmant zu lächeln. Es gelingt ihm nicht. Schon wieder einer ihrer Verkupplungsversuche. Nicht mit mir – ich trete den Rückzug an und flüchte zur Bar. Dass dieser Abend mit solch einem Versuch enden würde, hätte ich ahnen müssen. Ohne Grund würde sie nie ohne ihren „Hasipupsi“ vor die Tür gehen – schon gar nicht zum Feiern. Dieses Mal hat sie ihn wohl auch nur zu Hause gelassen, um mich „an den Mann zu bringen“. Selbstverständlich vergebens – wie immer. Verkuppeln lasse ich mich nicht – höchstens ansprechen. Ob ich antworte oder einfach weggehe, entscheide ich noch immer selbst.
Doch wer Single ist, und vor allem auch bleibt, hat in den Augen vieler ein Problem. Da kann ich noch so glücklich sein, es aufregend finden, neue Leute kennenzulernen, und mein Leben in vollen Zügen genießen – so wirklich zu glauben scheint es mir niemand. Für meine Freunde gibt es für Singles scheinbar nur Extreme. Entweder machen sie das Leben zu einer großen Party, oder sie weinen zu Hause einsam auf der Couch in ihr Schnuffeltuch. Mir geht es nicht so. Ich genieße gerne mal einen Abend alleine.
Doch selbst dann wird mir eingeredet, dass es keinen Spaß machen darf, Single zu sein. Sogar die Werbung einer Partnerbörse vor der „Tagesschau“ will mich davon überzeugen: „Du bist einsam. Das ist doch kein Leben so. Wir verlieben dich!“ Nein! Das ist sehr wohl ein Leben. Ich bin glücklich alleine.
Auch meine Lieblingssendung hält mir vor, dass es doch eigentlich das Wichtigste im Leben sei, einen Partner zu finden. Ich solle mich am besten gleich auf die Suche machen – so wie Ted Mosby in „How I Met Your Mother“. Die gesamte Serie dreht sich nur darum, wie, wann und ob Ted seine zukünftige Frau kennenlernt. Die Partnerin fürs Leben zu finden steht ganz oben auf seiner To-do-Liste. Mehr scheint es in seinem Leben nicht zu geben. In meinem spielt sich mehr ab – vielleicht ist das der Grund, wieso gerade Barney Stinson mein Lieblingscharakter ist.
Vielleicht ist es die Ähnlichkeit, die ihn mir so sympathisch macht. Er ist das Paradebeispiel für den glücklichen Single.In Partnerbörsen im Internet, auf Singlepartys in Diskotheken und sogar im Fitnessstudio zwischen Crosstrainer und Hantelbank wird einem das Singlesein ausgeredet. Es muss doch nicht jeder vergeben sein. Das wäre doch unfassbar langweilig. Und wenn alle Singles so unglücklich sind, wie mir immer erzählt wird, wäre Deutschland ein Land voller Trauer. Schließlich leben mittlerweile 16 Millionen allein.
Trotzdem muss ich zugeben: Manchmal gibt es diese Momente. Allein auf der Couch sehne ich mich natürlich auch manchmal nach einer Schulter zum Anlehnen – aber deswegen anfangen zu suchen? Nein. Verloren habe ich ja nichts. Das Glück wird mich schon finden. Wahrscheinlich genau dann, wenn ich am wenigsten damit rechne. Bis dahin bin ich einfach schon mal glücklich – auch ohne starke Schulter.
Es gibt bestimmt auch andere Fälle. Nicht alle sind auch ohne Partner glücklich. Einige wünschen sich bestimmt manchmal einen „Anstoß“ ihrer Freunde, um endlich mal wen zu finden. Aber deswegen müssen doch noch lange nicht alle Singles einsam und unglücklich sein.
Einsam und unglücklich bin auch ich nicht – eher anspruchsvoll. „Irgendeinen“ Menschen möchte ich nicht als meinen Partner bezeichnen. Bis mir der besondere Mensch über den Weg gelaufen ist, unternehme ich Dinge mit wem, wann und wo ich will. Denn was gibt es schöneres, als so lang zu feiern, wie man will, zu küssen, wen man will, und frei und glücklich zu sein – auch als Single.
Singlehochburg Hannover
Etwa 16 Millionen Einzelhaushalte gibt es momentan in Deutschland. Das sind 5,5 Millionen mehr als noch 1991. Besonders in Großstädten leben viele Singles. Hannover führt diese Statistik aus dem Jahr 2013 mit 33 Prozent an. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass es auch regionale Unterschiede gibt: Während in den westlichen Bundesländern 12,1 Millionen Singles leben, sind es in Ostdeutschland 3,7 Millionen. Neben Singles zählen auch verwitwete Menschen in die Statistik.
Bei diesen Zahlen wundert es nicht, dass Datingportale im Internet großen Zulauf haben: Pro Monat sind etwa sieben Millionen Singles im Netz auf der Suche nach einem Partner. Davon nutzen eine Million im Monat die Plattform Friendscout24.de. 20 Millionen Profile sind dort angemeldet. Bei Friendscout24 sind 450 000 Frauen und 550 000 Männer aktiv am Flirten. Insgesamt sind etwa sechs Millionen Nutzer ab 18 Jahren registriert. Das Durchschnittsalter der User liegt bei 32 Jahren.
Die Datingportale geben an, mehrere Tausend Paare im Jahr zu verkuppeln, genaue Zahlen sind jedoch nicht bekannt. Singles, die über soziale Netzwerke wie Facebook oder in Chaträumen auf Schatzsuche gehen, sind nicht erfasst. Mit der Zahl der Singlehaushalte steigt auch das Heiratsalter: Während 1991 der Mann im Durchschnitt mit 28,5 Jahren vor den Altar trat, liegt das Alter heute bei 33,5 Jahren. Frauen heirateten früher mit 26,5 Jahren. Heute liegt das Durchschnittslater bei 28,5 Jahren.
Natascha Holstein und Lina Fieker
HAZ