Zapfenstreich um 22 Uhr?
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Umut Kus vom „Café Extrablatt“ musste am Sonnabend den voll besetzten Außenbereich seines Lokals schließen.
© Quelle: Körner
Hannover. Eine umfangreiche Kontrolle der Region Hannover von Gaststätten in der Innenstadt und in Linden hat bei den betroffenen Wirten für Wirbel gesorgt. Es ging um die Einhaltung der Nachtruhe: Drei Mitarbeiter der Behörde hatten am Sonnabend mehrere voll besetzte Terrassen oder Biergärten wegen zu großen Lärms unverzüglich schließen lassen. Die Besucher mussten mit ihren Speisen und Getränken in die jeweiligen Gaststätten umziehen. Die Kontrolleure beriefen sich auf die Regelungen zur Nachtruhe, die es Gastwirten grundsätzlich untersagen, nach 22 Uhr weiterhin Gäste im Außenbereich zu bewirten.
„Die Kontrolleure haben sich so rabiat verhalten, dass viele meiner Gäste sofort gegangen sind“
„Bei uns saßen rund 400 Leute draußen, die Hälfte von denen hat die Gelegenheit genutzt, um die Zeche zu prellen“, beschwert sich Umut Kus, der Geschäftsführer des „Café Extrablatt“ in der Grupenstraße. Auch die Betreiberin des „Café Bar Celona“ in der Knochenhauerstraße ist sauer: „Die Kontrolleure haben sich so rabiat verhalten, dass viele meiner Gäste sofort gegangen sind“, sagt Gordana Petkovic.
Die Stadt Hannover, die für die Vergabe von Außengastronomie-Lizenzen und Ausschankgenehmigungen zuständig ist, war über die Kontrolle der Regionskollegen nicht informiert worden. Denn mit dem Kneipenlärm ist das so eine Sache. Fühlen sich Anwohner durch laute Musik aus einer Wirtschaft oder einem Café gestört, ist die Stadt Hannover gefragt. Wird der lästige Lärm aber von Gästen der Kneipe verursacht, ist die Region Hannover zuständig.
Diese Regelung gilt seit zwölf Jahren, seit dem Bestehen der Regionsverwaltung. In dieser Zeit hat es, so räumt Regionssprecher Klaus Abelmann ein, nicht eine Lärmkontrolle seitens seiner Behörde gegeben. „Jetzt liegen uns aber konkrete Beschwerden von Anwohnern vor, deshalb sind unsere Mitarbeiter am Wochenende losgegangen, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen.“ Nach HAZ-Informationen hatte sich die Direktorin eines Hotels in der Altstadt vor zwei Wochen über die Lärmbelästigung ihrer Gäste durch die Außengastronomie einer irischen Kneipe bei der Region beschwert.
Kontrollen in Linden und in der Altstadt
Daraufhin hatte die Behörde zunächst alle Kneipenwirte angeschrieben und auf die Einhaltung der Nachtruhe gedrängt. Am Sonnabend erfolgte dann schließlich die Kontrolle. Dabei seien in fünf Betrieben in der Altstadt und in zwei Kneipen auf der Limmerstraße Auffälligkeiten bezüglich der Außengastronomie festgestellt worden, so Abelmann. Die Region werde die Kontrollen auch in Zukunft fortführen.
Martin Prenzler, Chef der City-Händler, hält die Regelung, Außengastronomie nur bis 22 Uhr zu erlauben, für nicht mehr zeitgemäß. Man müsse schnell über eine sinnvolle Anpassung ins Gespräch kommen. „Die Regelung stammt aus einer Zeit, in der alle Geschäfte bereits um 18 Uhr geschlossen hatten“, sagte Prenzler der HAZ. Wenn heutzutage eine Verkäuferin, die bis 20 oder 21 Uhr im Laden arbeite, nach Feierabend noch einen Wein oder Cocktail trinken wolle, sei es absurd, wenn dies im Sommer ab Punkt 22 Uhr nicht mehr erlaubt sei.
„Ich mag mir gar nicht vorstellen, was Messegäste aus Italien oder anderen südlichen Ländern von uns denken, wenn sie das miterleben müssen“, sagt Prenzler. Auch die betroffenen Wirte wollen die Großkontrolle vom Wochenende nicht einfach so hinnehmen.
HAZ