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Barsinghausen

Behörden vergessen Leiche elf Tage in Wohnung

Die Wohnung war versiegelt, doch die Leiche lag noch drin. In Barsinghausen dauerte es elf Tage, bis ein Toter abtransportiert wurde.

Die Wohnung war versiegelt, doch die Leiche lag noch drin. In Barsinghausen dauerte es elf Tage, bis ein Toter abtransportiert wurde.

Barsinghausen. Ein 69-jähriger Mann stirbt in seiner Wohnung in Barsinghausen. Er lebt alleine. Am 5. Mai wird er von Bekannten gefunden, die auch den Rettungsdienst verständigen.

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Die dazu gerufenen Polizeibeamten und ein Notarzt stellen fest: Der Mann ist eines natürlichen Todes gestorben. Angehörige können nicht ermittelt werden. Damit ist der Tote ein Fall für das Ordnungsamt. Stirbt ein Mensch, bei dem die Verwandten nicht sofort ausfindig gemacht werden können, muss sich die Behörde um den Abtransport des Leichnams kümmern.

Doch in diesem Fall tut sie es nicht. Die Leiche des 69-Jährigen liegt elf Tage lang in der Wohnung. Eine Nachbarin wird schließlich auf den Gestank im Treppenhaus aufmerksam. „Ich nahm an, das wäre Müll", berichtet sie. Auf den Gedanken, dass der Leichnam noch in der Wohnung liegt, sei sie nicht gekommen. „Ich dachte, die Polizei nimmt ihn sofort mit", erklärt sie.

Mehrmals habe sie sich über den unglaublichen Gestank, der aus der Wohnung drang, beschwert. Doch weder bei der Ostland Wohngenossenschaft, der das Haus gehört, noch beim Ordnungsamt habe jemand reagiert. Erst am 16. Mai kam eine Mitarbeiterin vom Ordnungsamt den Beschwerden der Nachbarin nach. Sie entdeckte dann den Leichnam in der Wohnung. „Die war dann selber ganz verwirrt, dass die Leiche noch da ist", sagt die Nachbarin.

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Polizei: „Es stand nirgendwo, dass die Leiche nicht mehr in der Wohnung ist"

Die Polizei räumt Fehler ein, sieht aber auch Fehlverhalten bei der Stadt. "Bei einem natürlichen Tod, wie im vorliegenden Fall, ist die Stadt zuständig, nicht die Polizei", sagt der Barsinghäuser Kriminalhauptkommissar Rüdiger Pietsch. Die Beamten hätten den Schlüssel am Montag nach dem Leichenfund im Bürgerbüro abgegeben. "Das ist das normale Vorgehen", sagt er. "Leider hat der Beamte nur gesagt, dass die Leiche nicht abtransportiert wurde", räumt Pietsch ein. "Es ist uns sicherlich anzurechnen, dass wir das nicht deutlich auf den beiliegenden Papieren markiert haben", sagt der Kriminalhauptkommissar. Die Polizei sieht aber auch eine Mitschuld bei der Stadt. "Es stand nirgendwo, dass die Leiche nicht mehr in der Wohnung ist", sagt Pietsch.

Die Ordnungsamtsmitarbeiterin Julia Manegold entgegnet: "Wir wurden nicht über den Verbleib der Leiche informiert." Die Polizei habe den Schlüssel lediglich per Post an das Bürgerbüro geschickt. "Das ist überhaupt nicht in Ordnung." Der Schlüssel hätte zumindest direkt im Ordnungsamt abgegeben werden müssen. "Wir sind davon ausgegangen, dass der Leichnam abtransportiert wurde."

Doch warum haben weder die Wohnungsgenossenschaft noch das Ordnungsamt auf die Beschwerden der Nachbarin reagiert? Beim Amt seien vor dem Tag des Leichenfunds keine Beschwerden eingegangen. Bei der Wohnungsgenossenschaft hat sich nach Angaben der Ostland-Sprecherin Mirella Mikolajewska bis zum 10. Mai niemand gemeldet.

Die Polizei hat den Fall untersucht. "Moralisch gesehen ist es nicht in Ordnung, eine Straftat liegt aber nicht vor", sagt der Kriminalhauptkommissar.

Für die Zukunft haben sich Stadt und Polizei immerhin auf ein anderes Vorgehen verständigt: Künftig darf die Polizei an Feiertagen Bestatter beauftragen. Wohnungsschlüssel und schriftlicher Vermerk über den Verbleib des Leichnams im Ordnungsamt müssen abgegeben werden.

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Von Lisa Malecha

HAZ

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