Gesamtschule will Erinnerungskultur leben
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Bürgermeister Alfred Baxmann (von links), Christa Bembenneck und Schulleiter Rudolf Alker enthüllen die Namenstafel.
© Quelle: Antje Bismark
Burgdorf. Stadtgeschichte am Leben zu erhalten und an die Menschen erinnern, die hier lebten und noch leben – dieser Verantwortung will sich die Rudolf-Bembenneck-Gesamtschule stellen, wie die IGS seit dieser Woche nun auch sichtbar heißt. In einer Feierstunde enthüllten die Witwe des Namensgebers, Christa Bembenneck, mit Bürgermeister Alfred Baxmann und Schulleiter Rudolf Alker die Namenstafel. „Wir wünschen uns, dass wir die Erinnerungen möglichst vieler Zeitzeugen in den Unterricht integrieren“, sagte Saskia Matschke, stellvertretende Schulleiterin. Deshalb sollten sich die Besucher des Festaktes auch gleich in einer Liste einschreiben und angeben, zu welchen Themen sie mit den Schülern ins Gespräch kommen können.
Dass der Namensgeber die Lehrer, Schüler und auch Eltern vor eine besondere Verantwortung stellt, unterstrich auch Elternvertreter Jörg Fröhlich. Er verwies wie Alker auf den Leitsatz der Gesamtschule, nach dem niemand beschämt, keiner zurückgelassen, aber jeder geachtet werden soll. Vor dem Leben Bembennecks bedeute dies, den Kindern zu vermitteln, dass sie jedem Menschen mit Respekt begegnen sollten – unabhängig von Kultur, Herkunft und Fähigkeiten. Nicht nur gute Noten seien entscheidend, sondern auch ein soziales Miteinander.
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Christa Bembenneck: Schüler sollten nicht nur die Last, sondern auch die Lust am Lernen spüren.
© Quelle: Antje Bismark
„Ich wünsche den Kindern, dass sie nicht nur die Last, sondern auch Lust am Lernen empfinden“, sagte Christa Bembenneck. Ihr Wunsch an die Lehrer lautete: „Viel Kraft, um Probleme mit guten Ideen zu lösen.“ Tochter Christina Bembenneck beschrieb ihren Vater als außergewöhnlichen und zugleich normalen Menschen: Wie viele andere habe er einiges gut gekonnt, dazu zählte das Zeichnen. Das Singen hingegen habe gar nicht geklappt. Auch die englische Sprache habe ihm Probleme bereitet, eine freie Rede auf Deutsch zu komplexen Themen indes habe ihr Vater sehr gut halten können. An die Schüler gerichtet sagte sie, kein Lehrer habe während Bembennecks Schulzeit damit rechnen können, dass eine Schule einst seinen Namen tragen werde.
Mit einfühlsamen Worten beschrieb Christina Bembenneck jene Episoden, die das Handeln ihres Vaters geprägt haben – als er beispielsweise einst dem Lieblingsonkel während der großen Not nach dem Krieg einen Stift stiebitzte, sich schämte, den Diebstahl gestand und von dem Älteren nicht gescholten wurde. „Er sagte vielmehr, dass er hätte wissen müssen, wie dringend meinen Vater den Bleistift benötigte.“ Diese Gnade einem anderen gegenüber habe auch Rudolf Bembenneck Zeit seines Lebens walten lassen. Dabei, unterstrich Bürgermeister Baxmann in seiner Festrede, agierte der Burgdorfer stets verbindlich im Ton und versöhnend im Umgang – aber hartnäckig in der Sache.
Stolpersteine, Gedenkweg 9. November, Erinnerungen an das Lager Ohio und an Familien, die aus Burgdorf vertrieben und hier erniedrigt wurden: Aus Sicht von Alker und Baxmann hat Rudolf Bembenneck wie kein Zweiter die Erinnerungskultur der Stadt geprägt. Deshalb sollen diese Themen nach Aussage des Schulleiters auch in den Geschichtsunterricht des 9. Jahrgangs aufgenommen werden. „Diese Erinnerungskultur soll an unserer Schule gelebt werden“, versprach er den Politikern, Pastoren, Wegbegleitern des Namensgebers und anderen Schulleitern in der Feierstunde.
Dabei will die Gesamtschule auf Kooperationen setzen – ein gelungenes Beispiel dafür bot der Interkulturelle Chor mit Schülern von IGS, Realschule und Gymnasium. Die 45 Sänger gestalteten mit dem Lehrerchor und der Siebtklässlerin Lea Sophie den musikalischen Rahmen des Festaktes.
Von Antje Bismark