Häftling bedroht Justizbeamte im Klinikum Großburgwedel: Amtsrichter verhängt weitere Gefängnisstrafe
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Tatort der Bedrohung und Beleidigung: Die Notaufnahme des Klinikums Großburgwedel.
© Quelle: Frank Walter (Archiv)
Großburgwedel. „Wenn Putin kommt, wird er euch fertigmachen, ihr Faschisten!“: Das Amtsgericht hat einen Strafgefangenen, der bei einem Krankenhausbesuch in Großburgwedel zwei Justizbeamte bedroht und beleidigt hatte, zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verteidigung des gebürtigen Kasachen geriet dabei zu einer Generalabrechnung mit seinem Leben in Deutschland. Der Richter belehrte ihn, was Integration tatsächlich bedeutet.
Häftling hatte zwei Justizbeamte bedroht und beleidigt
Der 51-Jährige war im Februar als Inhaftierter der Justizvollzugsanstalt Sehnde ins Klinikum Großburgwedel gekommen. Zwei Wachtmeister begleiteten ihn. In der Notaufnahme wollte der Strafgefangene trotz Verbots eine Zigarette rauchen. Als die Justizmitarbeiter dies verboten, reagierte er aggressiv. Außer dem Putin-Zitat fiel auch das Wort „Arschlöcher“, außerdem bedrohte er die Beamten: „Hätte ich eine Pistole, würde ich euch sofort erschießen!“
Der Angeklagte wollte sich zunächst nicht äußern, sodass Amtsrichter Michael Siebrecht einen neuen Termin samt der Wachtmeister als Zeugen in Erwägung zog. Dann sprudelte es aber doch aus dem 51-Jährigen heraus. Die Bedrohung und Beleidigung räumte er ein – er habe Schmerzen gehabt und sei ausgerastet.
Vorstrafenregister umfasst 32 Einträge
Was dann kam, hatte mit dem eigentlichen Fall nichts zu tun, sollte aber offenbar als Erklärung herhalten. Seit er nach Deutschland gekommen sei, habe er rund 20 Jahre im Gefängnis verbracht. Er werde als „Scheiß Russe“ tituliert, dabei hätten die Deutschen im Zweiten Weltkrieg seine Familie verhungern lassen. Die Deutschen trügen die Schuld an 59 Millionen Toten. „Ich war in den Neunzigerjahren selbst im Krieg. Meine Psyche ist am Ende. Ich versuche, irgendwie durchzuhalten“, so der untersetzte Angeklagte, der deutlich älter wirkt als er ist und der seit dem Tod seiner Eltern keine Familie mehr hat.
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Sicherheitsvorkehrung: Gefesselt wurde der Angeklagte in den Gerichtssaal geführt, gefesselt verließ der frisch Verurteilte ihn auch wieder.
© Quelle: Marcus Brandt/dpa (Symbolbild)
Der gelernte Traktorist – also Kraftfahrer in der Landwirtschaft – war 1997 nach Deutschland gekommen und besitzt seit Ende der Neunzigerjahre die deutsche Staatsangehörigkeit. Beruflich fasste er allerdings augenscheinlich nicht mehr Fuß, sondern schlug sich vor allem mit Straftaten durchs Leben. 32 Einträge umfasst sein Vorstrafenregister, einzeln zur Sprache kamen nur die Einträge der vergangenen Jahre. Ein räuberischer Diebstahl fand sich da ebenso wie Fälle von Körperverletzungen und Beleidigungen.
„Sie müssen sich anpassen“
Auch aktuell sitzt der Mann in Haft – die Justiz hatte eine Bewährung widerrufen, hinzu kam eine weitere Verurteilung wegen Körperverletzung und Beleidigung. Regulär würde seine Haftzeit im März 2024 enden, doch da gab es wegen des Vorfalls im Klinikum Großburgwedel nun einen Nachschlag von zwei Monaten wegen Bedrohung und Beleidigung. Amtsrichter Michael Siebrecht folgte damit der Argumentation der Anklägerin: Der 51-Jährige zeige eine „hohe Rückfallgeschwindigkeit“ in seiner kriminellen Karriere und sei uneinsichtig, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft.
In seiner Situation, so der Richter in seiner Urteilsbegründung zum Angeklagten, werde es nun jedes Mal Freiheitsstrafen ohne Bewährung geben. Im Strafrecht gehe es um individuelles Versagen. „Sie müssen sich fragen, ob es richtig ist, ewig gegen das System zu kämpfen.“ Der 51-Jährige sei verbittert, sauer auf sich und sein Leben und nicht bereit, die Regeln, die in Deutschland gelten, zu akzeptieren. „Sie haben die Integration nicht geschafft. Wenn Sie nicht in Haft waren, haben Sie Straftaten begangen. Sie übertragen Ihre Moralvorstellungen auf andere. Dabei müssten Sie sich anpassen“, hielt der Richter dem frisch Verurteilten vor. Und: „Ich wünsche Ihnen, dass Sie das endlich hinkriegen.“
Ob dies ein frommer Wunsch bleibt? Immerhin zeigte der 51-Jährige nach Prozessende einen kurzen Moment der Reue: „Herr Richter, es tut mir leid!“ Sagte es und ging mit Handschellen gefesselt und von zwei Wachtmeistern begleitet gen Ausgang, um wieder zurück in die Haftanstalt gefahren zu werden.