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Die Überfliegerin aus Großburgwedel: Mit Abi-Note 1,0 direkt nach Harvard

Frisch gebackene Abiturientin: Mit der Note 1,0 geht Jasmin Safar nach Harvard.

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Hannover/Großburgwedel. Wenn man ihre Vita kennt, von ihren Erfolgen hört, von ihrem Fleiß und ihrem ehrenamtlichen sowie kommunalpolitischem Einsatz, von ihren Siegen bei Fremdsprachen- und Diskussionswettbewerben – dann könnte man glatt auf die Idee kommen, sich eine etwas strenge, etwas humorbefreite, etwas harte Streberin vorzustellen. Wenn man dann Jasmin Safar begegnet, das erste Mal ihr Lachen hört, ihren Humor wahrnimmt und die ehrliche, unverfälschte Freude am Lernen, ihre Neugier und das Interesse an anderen Menschen und anderen Welten spürt, dann vergeht einem diese Idee komplett.

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Die am 6. Juli 20 Jahre alt gewordene junge Frau scheint das, was ihr vermutlich in die Wiege gelegt worden ist, als Selbstverständlichkeit hinzunehmen. „Ich hatte schon immer Freude am Lernen“, sagt sie lächelnd. Dass diese Freude sie bis nach Harvard bringen wird, an die Universität ihre Träume, das hätte sie vor einem Jahr trotzdem nicht gedacht. Eine Woche vor Bewerbungsschluss Silvester 2021 fasste sie sich ein Herz und bewarb sich an den Universitäten in Harvard, Yale, Princeton und Columbia. Die letzten beiden setzten sie auf die Warteliste, die ersten beiden nahmen sie an. „Ich habe mich dann für Harvard entschieden“, sagt sie.

Erfolgreich: Jasmin Safar vertrat das Gymnasium Großburgwedel beim Landesentscheid des Literaturprojekts "Prix des lycéens allemands".

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Gute Schulnoten, ehrenamtliches Engagement zum Beispiel als Leichtathletiktrainerin, Empfehlungsschreiben ihrer Lehrkräfte und ihre Sprachbegabung waren entscheidend für die Aufnahme. Jasmin Safar spricht neben deutsch und englisch auch spanisch, französisch, persisch und lernt gerade türkisch. „Man kann besser in die Kulturen eintauchen, wenn man die Sprache beherrscht“, ist ihre einfache Gleichung.

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Schon als Kind träumte sie von Harvard, der ältesten Uni in den USA. „Ich wusste schon früh, dass man da sicher Zugang zu den meisten Ressourcen und wahrscheinlich auch Netzwerken hat.“ Politik und „Government, „so etwas wie Regierungswissenschaft“, will die 20-Jährige dort studieren. Nach vier Jahren wird sie vermutlich den Bachelor in der Hand haben – so wie bereits bei ihrer Bewerbung für Harvard eigentlich klar war, dass sie ihre Abi-Wunschnote, nämlich 1,0, auch bekommen würde.

Frechdachs: Jasmin Safar als kleines Mädchen.

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Dann will sie wieder in ihre Heimat nach Deutschland kommen. Als Politikerin. „Ich will politisch zu Gutem in der Gesellschaft hier beitragen – hier bei uns und auch in Afghanistan. Meine Eltern haben mir von klein auf beigebracht, dass ich versuchen soll, in der Welt etwas zu verbessern, aus meinem Leben etwas Gutes zu machen. Das wünsche ich mir für die beiden Länder, denen ich mich so verbunden fühle.“

Eltern flüchteten aus Afghanistan

Ihre Eltern Sima (52) und Atiq Safar (56), sie aufgewachsen in Herat, er kommt aus Masar-i-Sharif, lernten sich während ihres Medizinstudiums in Kabul kennen und lieben. Die beiden jungen Leute, wie später ihre vier Kinder ziemliche kluge Menschen, waren im praktischen Jahr, als sie vor 1993 vor den Radikalislamisten aus ihrer Heimat Afghanistan fliehen mussten. „In Deutschland wurde es aber schwierig, ihre Ausbildungen wurden nicht anerkannt“, erzählt Jasmin Safar. Der Traum vom Leben als Mediziner war ausgeträumt. „Mein Vater hat nun einen Laden in Burgwedel, die Wunderkiste, er repariert Räder und verkauft gebrauchte Artikel. Meine Mutter arbeitet in einer Kita in Thönse.“ Es sei sicher hart gewesen, wenn man in der alten Heimat Überflieger gewesen sei und in der neuen Heimat „erst einmal ein Stück weit die Welt zusammenbricht“, erzählt sie.

Große Unterstützung für die vier Kinder

Immerhin konnten sie sich etwas aufbauen und alle ihre in Deutschland geborenen Kinder, eine Tochter (28), Jasmin und ihren Zwillingsbruder Elias sowie deren 18-jährigen Bruder Noah, der nun mit den beiden 20-Jährigen sein Abi ebenfalls mit der Note 1,0 machte, unterstützen. Dass junge Frauen wie Jasmin in Afghanistan zwangsverheiratet, dass sie eingesperrt werden und ihnen Bildung verwehrt wird, „dafür haben wir gar kein Verständnis, das ist einfach furchtbar“, sagt sie.

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Jasmin Safar (links) mit Zwillingsbruder Elias und dem kleinen Bruder Noah.

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Etwas verändern an solchen Situationen, sich nicht ohnmächtig fühlen, aber auch gestalten und "machen statt schimpfen" – das ist das Ding der 20-Jährigen. Mit 16 Jahren entschied sie sich dafür, eben auch politisch etwas zu bewegen, trat in die Junge Union ein, seit Herbst 2021 sitzt sie mit einem CDU-Direktmandat im Rat der Stadt Burgwedel und im Ortsrat Großburgwedel. "Ich wurde öfter gefragt, wie ich als Muslim in einer christlichen Partei sein könnte. Für mich war ausschlaggebend, dass es die Partei der Mitte, eher ausgewogen, ist." Sie habe den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff "als Inspiration gesehen", auch Großburgwedels Bürgermeisterin Ortrud Wendt (CDU) "hat mich damals sehr unterstützt, als ich kandidiert habe". Ihre Bewunderung gelte starken Frauen wie Angela Merkel und Ursula von der Leyen.

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Wer weiß, wann Jasmin Safar selbst auf den politischen Bühnen dieser Welt sprechen wird. Und Vorbild für andere junge Frauen sein wird. Ob diese aus Afghanistan kommen oder aus dem deutschen Großburgwedel.

Von Petra Rückerl

HAZ

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