Bei Zecken schnell handeln
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Vorsicht: Zeckengefahr gilt auch in Niedersachsen.
© Quelle: Zecklab
Garbsen. Es gibt und gab in ganz Niedersachsen noch nie ein Risikogebiet für die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) – eine der besonders gefährlichen Virus-Krankheiten, die Zecken übertragen können. Nur 33 Fälle der meldepflichtigen Krankheit wurden in Niedersachsen seit 2001 bekannt. Wer daraus allerdings den Schluss zieht, dass Zeckenbisse nur in Süddeutschland gefährlich sind, der irrt: Denn neben FSME ist es vor allem die Borreliose, die Mensch und Tier gefährlich werden kann. Und die dafür als Erreger auftretenden Bakterien – die Borrelien – finden sich auch in der Region Hannover durchschnittlich in jeder vierten Zecke.
Etwa einer von 100 Zeckenstichen führt niedersachsenweit zu einer Borrelieninfektion“, sagt Dr. Matthias Pulz, Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes. Es gibt keine Schutzimpfung gegen die Infektion mit Borreliose. Die Heilungschancen liegen jedoch bei rund 70 Prozent, wenn der infektiöse Zeckenbiss schnell erkannt und der Infizierte mit Antibiotika behandelt wird. Beruhigend: Nicht jeder Biss von einer infizierten Zecke hat auch notwendigerweise eine Infektion zur Folge.
Borreliose äußert sich im Krankheitsverlauf durch verschiedene Stadien: Nach einer Inkubationszeit von bis zu drei Wochen bildet sich meist um die Bissstelle herum eine ringförmige Rötung. Ohne rechtzeitige Behandlung können in den darauffolgenden Wochen und Monaten Taubheitsgefühle, schmerzhafte Nervenentzündungen und Lähmungen eintreten. Die Symptome kommen schubweise – können aber auch wieder verschwinden. Im dritten Stadium nach einem halben Jahr oder länger haben Betroffene oft mit Gelenkentzündungen zu kämpfen. Im schlimmsten Fall treten chronische Entzündungen im Hirn- und Rückenmark auf, die bei der Diagnose oft mit Multipler Sklerose verwechselt werden.
Dementsprechend rät Gabriele Liebisch vom Referenzlabor Zecklab in Kleinburgwedel, Zeckenbisse bei Mensch und Tier ernst zu nehmen, sich nach jedem Spaziergang abzusuchen und die Zecke sofort zu entfernen. Dafür hat man ausreichend Zeit, weiß Dr. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen. „Nach einem Stich einer Zecke vergehen mindestens zwölf Stunden bis zu einer möglichen Infektion.“ Sie empfiehlt dringend, die Einstichstelle zu beobachten: Wenn es nach einem Zeckenstich zu Entzündungen an der Stichstelle kommt oder sich ringförmige Rötungen um den Zeckenstich zeigen, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. „Das können die Anzeichen für eine Borreliose-Infektion sein“, sagt die Medizinerin.
Die zehn wichtigsten Irrtümer
1. Zecken fallen von den Bäumen: Falsch – sie warten im Gras, im Unterholz und in den Büschen auf Mensch und Tier, die sie im Vorbeigehen dort abholen beziehungsweise abstreifen.
2. Vor allem Jäger sind gefährdet: Jäger gehören zwar zu den Gruppen, die oft Zecken haben. Statistisch gesehen sind aber 90 Prozent der infizierten Patienten keine Jäger, sondern sie haben sich die Zecke in der Freizeit, beim Campen oder Wandern zugezogen.
3. In Niedersachsen kein hohes Risiko: Das stimmt, wenn es um FSME geht. Die Zecken-Borreliose hingegen ist auch hier sehr verbreitet. Nicht der Wohnort bestimmt den Grad der Gefährdung, sondern die Mobilität: Wer oft in Bayern wandern geht, ist gefährdeter als ein Bayer mit Schreibtischjob.
4.Mit der richtigen Kleidung schützen: Zwar können Gummistiefel abwehrend wirken und helle Kleidung die Suche nach einer Zecke vereinfachen. Aber: Sichere Kleidung gibt es nicht. Zecken halten sich fest und krabbeln solange umher, bis sie auf eine passende Bissstelle treffen.
5. Mit Öl und Kleber leicht zu entfernen: Cremes, Öle, Alkohol und Nagellackentferner sollte niemand zum Entfernen einer Zecke nutzen, da sie zu vermehrter Absonderung von Speichel bei der Zecke führen – und im Speichel sitzen die Erreger.
6. Nach Biss abwarten, ob Rötung auftritt: Die ringförmige Rötung kann bei Infektionen auftreten, bei jeder vierten tut sie es nicht. Verließe man sich darauf, blieben viele Erregerübertragungen unbekannt.
7. Man muss die Zecke herausdrehen: Völlig unnötig! Zecken haben kein Gewinde, sondern Widerhaken im Mund. Dementsprechend müssen Zecken herausgehebelt werden.
8. FSME kommt nur im Sommer vor: Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) tritt zwar verstärkt zu Beginn des Sommers auf – aber auch im Herbst und Sommer gab es schon viele Infektionen.
9. Zeckenbiss: Genau genommen heißt es Zeckenstich. Zwar ritzt die Zecke die ausgewählte Hautstelle zunächst leicht an, doch dann wird ein Stechapparat in die Haut gebohrt und dort verankert um zu saugen.
10. Schnell entfernen, dann passiert nichts: FSME-Viren können innerhalb weniger Sekunden nach dem Biss übertragen werden. Eine Infektion mit Borreliose kann nach zwölf Stunden erfolgen.
So schütze ich meinen Hund
Wer einen Hund hat, der nimmt ihn meist auch mit in den Urlaub. Rund 5,4 Millionen Hunde gibt es in Deutschland – mehr als die Hälfte davon war schon im Ausland. Und während sich Reisende über Reise- und Importkrankheiten vor Urlaubsbeginn informieren, sollten Hundehalter das auch für ihr Tier tun. Gerade in warmen, südlichen Ländern können diverse Zeckenarten mit teils schwerwiegenden Infektionspotenzialen warten. Cornelia Silaghi von der Universität München gibt Tipps:
Informieren Sie sich vor der Abreise, welche Zecken im Urlaubsland verbreitet sind und welche Risikogebiete es gibt. Eine Frage sollte sich jeder stellen: Ist es das Risiko wert oder bleibt der Hund besser daheim?
Informieren Sie den Tierarzt über die Reise und sorgen Sie vor: Es gibt Medikamente und Halsbänder als Prophylaxe.
Wenn der Mensch im Urlaub sich nicht ohne Mückenspray an den Tümpel setzt, sollte das der Hund auch nicht. Im Zweifelsfall meiden Sie zu bestimmten Tageszeiten zeckenreiche Orte. Die Zeckenlarven sind fast unmöglich zu erkennen, aber infektiös. Achtung: Fliegengitter schützen Hunde vor Sandmücken nicht. Nach dem Urlaub sollte der Hund genau untersucht werden. Auch bei Hunden gilt: Zecken sofort entfernen, damit der Hund die Zecke nicht frisst und sich über sie infiziert.
Zecklab seit 15 Jahre in Burgwedel
Im Jahr 1998 gründeten Gabriele Liebisch und ihr Mann das Deutsche Referenzlabor für Zecken und zeckenübertragene Infektionen (Zecklab). Seit 2000 befindet sich das Labor in Kleinburgwedel. Wer eine Zecke an sich findet, kann sie ins Zecklab schicken, um sie auf Borrelien, Babesien, Anaplasmen und auch FSME-Viren untersuchen zu lassen. Die Kosten liegen zwischen 35 und 98 Euro. Das Labor, Up’n Kampe 3, 30938 Kleinburgwedel, hat montags bis freitags von 9 bis 17 geöffnet. Infos gibt es unter Telefon (05139) 892447 sowie im Internet auf zecklab.de
HAZ