So geht’s für Carlotta Truman nach dem Vorentscheid weiter
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„Ich kann es nicht glauben“: Die Garbsenerin Carlotta Truman (links) und ihre Duettpartnerin Laurita treten als „S!sters“ beim Eurovision Song Contest in Tel Aviv an.
© Quelle: imago/Gartner
Berlin/Garbsen. Der erste Ton bleibt Carlotta Truman noch ein wenig im Halse stecken. Zu groß sind Überwältigung, Freudentränen und Jubel, als sie am Freitagabend gegen 22.45 Uhr noch einmal auf die Bühne tritt, um ihr Gewinnerlied "Sister" zu singen. Kein Wunder, schließlich hat die 19-jährige Garbsenerin erst wenige Minuten zuvor erfahren, dass sie Deutschland beim 64. Eurovision Song Contest (ESC) vertreten wird. Gemeinsam mit ihrer Duettpartnerin Laurita geht es für sie nach Israel – nach Tel Aviv. In knapp 80 Tagen werden die beiden als "S!sters" im dortigen Convention Center für Deutschland ins Rennen gehen – Truman ist mittlerweile die dritte ESC-Vertreterin aus der Region nach Lena Meyer-Landrut und Jamie-Lee Kriewitz aus Springe. "Ich kann es immer noch nicht fassen", sagt die Garbsenerin einen Tag nach dem Sieg. "Ich schau mir das Video an und erkenne mich gar nicht wieder. Aber ich bin sehr glücklich."
Mit 30 Punkten hat sich „S!sters“ beim Vorentscheid in Berlin gegen die anderen sechs Kandidaten durchgesetzt – als einziges Duo, dem zudem zuvor nur Außenseiterchancen zugewiesen worden waren. „Als Laurita mich umarmt hat, habe ich nicht gecheckt, dass wir gewonnen haben“, sprudelt es aus Truman heraus. Niemals habe sie damit gerechnet. „Ich bin froh, dass ich auf dieser ganzen verrückten Reise nicht allein bin“, hatte sie schon vor ihrem Sieg gesagt. „Es ist schön, dass Laurita an meiner Seite ist.“ Darüber, was sie in Israel erwartet, kann sie gerade nicht nachdenken. Jetzt geht der Trubel erst richtig los. Innerhalb einer Nacht ist der Terminkalender gefüllt mit Interviews, Proben und Fernsehauftritten.
„Die Anspannung war riesig“
Am Sonnabendabend ist Carlotta nach Hannover zurück gekehrt, aber nur kurz. In rund zwei Wochen fliegt sie zum ersten Mal nach Israel, dann geht’s zu Partys unter anderem in Amsterdam und London. Carlottas Mutter Kimberley Truman hat bei beim wichtigen Auftritt ihrer Tochter im Publikum mitgefiebert. Gemeinsam mit Freunden und Verwandten war sie nach Berlin gereist, um die 19-Jährige zu unterstützen. „Wir sind absolut überwältigt“, sagt Truman nach dem Sieg. „Und stolz, erleichtert, glücklich und dankbar – alles auf einmal.“ Zuhause im Garbsener Stadtteil Horst drückte unterdessen die restliche Familie die Daumen.
„Die Anspannung war bei allen riesig“, berichtet Mutter Kimberley Truman. „Carlottas Stimme war mehrere Tage sehr belegt, sie hat während der letzten Proben gar nicht gesungen.“ Umso erleichterter seien alle gewesen, als die Medikamente anschlugen und die Tochter ihren Auftritt mit voller Stimme meistern konnte. „Carlotta wollte schon immer Sängerin werden, sie arbeitet seit zehn Jahren daran“, so die Mutter, selbst eine ausgebildete Sängerin. Der ESC sei eine großartige Chance. „Als Künstler wartet man genau auf diesen Augenblick.“ Erst spät konnten sich Mutter und Tochter in den Armen liegen. Denn direkt nach der Entscheidung der Jury ging es los zu langen Pressekonferenzen, den ersten Interviews, Fotos und einer After-Show-Party bis tief in die Nacht. „Auch Carlotta ist vollkommen überwältigt“, sagt Mutter Truman. Waren die vergangenen Wochen schon aufregend, wird es wohl jetzt noch aufregender werden. Carlottas Studium an der Musikhochschule muss erst einmal pausieren, ebenso ihr Unterricht an der Musikschule in Seelze. Wenn sie in Tel Aviv auf der Bühne steht, will ihre Familie in jedem Fall dabei sein. Nach einer Unterkunft hat Mutter Kimberley bereits geschaut.
Garbsener fiebern mit
„Was für ein toller Erfolg für Carlotta“, sagt Uwe Witte, Leiter der städtischen Kulturabteilung. Der langjährige Leiter der Garbsener Musik- und Kunstschule kennt die Sängerin seit Langem. „Ich habe Carlotta den allerersten Auftritt als Solistin organisieren können“, sagt Witte. Bei einem Schülerkonzert vor zehn Jahren in der Osterbergsschule in Altgarbsen. „Das ist echt toll, dass aus diesem kleinen Dorf jemand eine solche Karriere macht“, sagt Rebekka Hinze aus Horst. Viele hätten den Auftritt verfolgt. „Wir sind sehr stolz, dass sie Garbsen weltweit vertritt.“
Auch Garbsens Bürgermeister Christian Grahl freut sich über den Sieg. Er hatte erst am Sonnabendmorgen davon erfahren. „Herzlichen Glückwunsch an Carlotta! Gleich am Montag werde ich ihr persönlich gratulieren“, sagt er. „Vielleicht lässt sich am 18. Mai ein Public Viewing organisieren – wo auch immer.“ Die Stadt wolle versuchen, das möglichst viele Garbsener die ESC-Übertragung gemeinsam erleben können. „Ganz Garbsen wird die Daumen drücken.“
Von Linda Tonn und Jutta Grätz