Straßenbaukosten: Besser das erprobte Instrument?
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Die Politik muss entscheiden, ob die Gemeinde Isernhagen wiederkehrende Straßenausbaubeiträge einführen soll oder nicht.
© Quelle: dpa
Isernhagen. Die FDP hatte bei ihrer Forderung vor allem die Gerechtigkeit im Blick und darauf gezielt, dass man späteren Generationen keinen Sanierungsstau hinterlassen dürfe. Doch die Umstellung auf wiederkehrende Straßenausbaubeiträge ist kompliziert und für manche Kommunen schlicht ungeeignet. Das sehen nicht nur die Fachleute im Rathaus so, sondern auch ein externer Experte, der am Mittwochabend im Planungs- und Bauausschuss das Für und Wider erörterte.
Für den Verwaltungsrechtler Dr. Christian von Waldthausen war es bereits die dritte Veranstaltung in dieser Woche. „Es gibt einen Haufen Kommunen, die das interessiert.“ Das – damit meinte er die Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge, wie sie der Gesetzgeber in Niedersachsen seit Frühjahr 2017 zulässt und wie sie die FDP im Isernhagener Rat kurz darauf beantragt hatte. Bislang werden die Kosten für den Straßenausbau nur mit den direkten Anliegern einmalig abgerechnet.
Doch wären wiederkehrende Beiträge wirklich sinnvoll und für Isernhagen überhaupt geeignet? Da nährte der einstündige Vortrag des Anwalts erhebliche Zweifel. Zwar könnte man so Härten von hohen Einmalzahlungen abmildern, indem man die Kosten auf mehr Schultern verteilt. Doch der Teufel steckt im Detail: Für wiederkehrende Beiträge sind nämlich Abrechnungsgebiete zu definieren - und deren Bildung ist nur zulässig, „wenn mit den Verkehrsanlagen ein konkret-individuell zurechenbarer Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist“, so von Waldthausen. Andernfalls entstehe eine unzulässige Gemeindesteuer.
Deshalb komme es auf die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten an wie die Größe des Gebiets, eine zusammenhängende Bebauung, die Topografie mit Bahnanlagen, Flüssen oder großen Straßen und auch die tatsächliche Straßennutzung. Unterschieden werden müsse zwischen Wohn- und Gewerbegebieten sowie baurechtlichen Außen- und Innebereichen, so der Fachanwalt. Dabei sieht er große Schwierigkeiten. Auch sei der Aufwand groß, alle Daten über die Grundstücke und Verkehrsanlagen wie auch deren Veränderung zu erfassen. Allein die Datenpflege in einer Kommune wie Isernhagen erfordere etwa eine Vollzeitstelle, was Kosten von rund 50.000 Euro verursache.
Von Waldthausen ging noch auf weitere Faktoren ein, die gegen eine Umstellung sprechen. So würde sich durch die Bildung von Abrechnungsgebieten der Gemeindeanteil verringern, die Beitragspflichtigen hätten entsprechend mehr zu zahlen – „je größer das Gebiet, desto geringer der Fremdanteil“. Er sprach von noch bestehenden rechtlichen Unsicherheiten und einer potenziell höheren Zahl von Klägern durch mehr Beitragspflichtige. Einmalige Beiträge seien „in ihrer Vorhersehbarkeit ein verlässliches und erprobtes Instrument“. Um diese sozialverträglicher zu gestalten, könnten auch andere Regelungen gewählt werden, beispielsweise der Abschluss von Ablöseverträgen oder die Erhebung von Vorausleistungen, deren Fälligkeiten auch zeitlich gestaffelt werden dürften.
Das „Abstottern in Raten“ sei in Isernhagen schon jetzt möglich, fügte Bauamtsleiterin Heike Uphoff hinzu. Das Rathaus hatte sich schon im Vorfeld der Sitzung gegen wiederkehrende Beiträge ausgesprochen – wegen der unsicheren Rechtslage, des hohen Klagerisikos und der erheblichen Verwaltungskosten. So kalkuliere die Stadt Burgwedel allein für die Einführung der Neuregelung mit Kosten von 150.000 Euro.
Die Politiker sahen noch Beratungsbedarf – sie vertagten sich bis zur nächsten Bauausschusssitzung.
Von Frank Walter
HAZ