Rethen

Kammerjäger: „Man muss Gegner analysieren“

Günter Schaper, 58, ist seit fast 40 Jahren Schädlingsbekämpfer.

Günter Schaper, 58, ist seit fast 40 Jahren Schädlingsbekämpfer.

Rethen. Wenn die eigene Berufsbezeichnung negativ besetzt ist, macht es das Arbeiten manchmal etwas schwer. Das kennt auch Günter Schaper: Der Rethener ist Schädlingsbekämpfer in zweiter Generation. Er leitet einen von deutschlandweit rund 800 Betrieben. Was früher Kammerjäger hieß, ist zwar heute ein anerkannter Ausbildungsberuf, mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer nach dreijähriger Lehrlingszeit. Doch für viele Menschen ist Schapers Arbeitsgebiet immer noch mit viel „Iiihh“ verbunden.

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„Wespen sind spannende Tiere“

„Wespen sind spannende Tiere“: Ihre Nester hingegen werden von Menschen längst nicht überall geduldet.

Dabei hat der 58-Jährige einen vielseitigen Beruf, und gerade in diesem Jahr ist er viel gefragt: Es war ein Wespen-Sommer. Die schwarz-gelb-gestreiften Flieger sind zwischen April und Oktober aktiv, ihre Hochzeit war im August, die Tiere mögen die trockene Wärme. Schapers Team ist ohnehin ausgelastet, aber in dieser Saison kamen oft 30 bis 50 Wespennester, die entfernt werden sollten, hinzu – und das pro Tag. Die Diskussion, ob es nun eine Wespenplage gab oder nicht, fand ihren Weg in die Medien. So wurde Schaper, der Experte aus Rethen, zum Interviewpartner für Tageszeitungen und TV-Sender.

Wer Schädlingsbekämpfer werden will, muss fit sein in den Naturwissenschaften, vor allem Biologie und Chemie. Und er sollte Tierfreund sein. „Wichtig ist, wir dürfen nur Schädlinge bekämpfen, Nützlinge nicht“, betont Schaper. Ob ein Tier oder Pilz ein Schädling ist, ist keine Frage der Biologie. Vielmehr geht es bei der Definition darum, ob sie dem Menschen wirtschaftlich schaden, etwa seine Vorräte befallen oder Krankheiten übertragen. So unterscheidet man Agrarschädlinge wie Blattlaus und Kaninchen von Forstschädlingen wie dem Borkenkäfer oder Holzwurm, Vorratsschädlinge wie Schabe, Motte und Maus von Holzschädlingen wie Hausbock und Termite. Als Nützlinge gelten dagegen vor allem solche Tiere, die Schädlinge fressen.

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Fünf Tipps zum Umgang mit Schädlingen

Schädlinge vermeiden: Es hilft, nicht zu viele Nahrungsmitteln zu kaufen und nicht zu lange lagern. Was im Schrank nach hinten rutscht und in Vergessenheit gerät, kann schnell zum Futter für kleine Besucher werden.

Bei Ameisen ordentlich wischen: Bei Ameisen im Haus hilft es zunächst, ordentlich zu wischen. Nicht nur ist damit die Ursache, etwa ein Fruchtsaftfleck, entfernt. Die Ameisen markieren ihre Straße mit einem Duftstoff, der ebenfalls weggewischt wird.

Wasserzerstäuber gegen Wespen: Wespen mögen keine Feuchtigkeit. Um sie zu vertreiben, kann auf Balkon und Terrasse ein einfacher Wasserzerstäuber helfen.

Vorsicht vor Betrügern: Ein seriöser Schädlingsbekämpfer kassiert nie in bar vor Ort, sondern schreibt eine Rechnung.

Zertifierung: Auftraggeber sollten darauf achten, dass der Schädlingsbekämpfer IHK-geprüft ist.

„Wir machen alles von A bis Z – von Ameise bis Zecke“, sagt Schaper. Was im Auftragsblatt steht, hängt von der Saison ab. Zuerst kommen die Ameisen, dann die Silberfische und Fliegen, die Wespen und vieles mehr. Schaper betont, dass Wespen spannende Tiere seien, die an sich keinen Grund haben, den Menschen anzugreifen und zu stechen. In vielen Fällen könne man sich mit den Wespen wie auch mit Hornissen sehr gut arrangieren und sie einfach fliegen lassen. Bekämpfen, also töten darf er die besonders geschützten Tiere nur dann, wenn sie dem Menschen gefährlich werden könnten, sie sich schon durchs Mauerwerk ins Haus oder in den Dachboden gefressen haben. Nisten die Wespen aber in einem Baum im Garten, wo sie nicht stören, darf Schaper sie höchstens in einen Wald umsetzen.

Das Motto des Inhabers ist „Schaper schützt“ – und meint damit, den Lebensraum des Menschen schützen. Das macht der Betrieb schon seit 1946. Vater Karl gründete das Unternehmen, das lange ein Ein-Mann-Betrieb war: auch noch 1981, als Sohn Günter einstieg.

Eine Bettwanze (Cimex lectularius), hier in einer Aufnahme des Biologischen Institut der Technische Universität Dresden ist papierdünn und übl

Eine Bettwanze (Cimex lectularius), hier in einer Aufnahme des Biologischen Institut der Technische Universität Dresden ist papierdünn und üblicherweise nur 0,4 Millimeter, im vollgesogenen Zustand doppelt so groß.

Heute ist die Firma eine GmbH mit zwölf fest angestellten Mitarbeitern. Sechs davon starten jeden Morgen vom Firmensitz in der Rethener Petermax-Müller-Straße und fahren von Kunde zu Kunde. Oft müssen sie erst mal schauen, wo genau deren Problem liegt: Nicht jeder Mensch kann Bienen, Wespen, Hummeln und Hornissen voneinander unterscheiden oder sagen, ob da etwas krabbelt, hüpft oder fliegt.

Schaper setzt auf biologische Stoffe. Aus Umweltbewusstsein, aber auch im eigenen Interesse, denn er müsste ja auch mit der gesundheitsgefährdenden Chemie hantieren. Chrysanthemenextrakt etwa hilft gegen Bettwanzen, Zecken und andere Insekten, zersetzt sich im Tageslicht und verliert so seine Wirksamkeit. Einer von Schapers Mitarbeitern bekämpft Bettwanzen auch mit fossilem Plankton. „Objektbezogene Strategien“, nennt Schaper das: „Man muss seinen Gegner analysieren, jeder hat Schwachpunkte.“ Allein bei den Ameisen gebe es in Europa bis zu 200 Arten, manche mögen Süßes, manche fressen Protein oder Blut. Entsprechend müssen die Maßnahmen zur Bekämpfung aussehen.

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Günter Schaper, Schädlingsbekämpfer

Günter Schaper, Schädlingsbekämpfer

Neben den Schädlingen kümmert sich der Rethener Betrieb auch um die Abwehr von Tauben, Schaper ist außerdem noch staatlich geprüfter Desinfektor. Als solcher bekämpft er nach dem Infektionsschutzgesetz Viren, Keime, Bakterien in Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten.

Ob der Betrieb in Familienhand bleibt, steht noch nicht fest. Schapers Kinder sind erst 21 und 23 Jahre alt, müssen sich noch nicht entscheiden. Günter Schaper selbst will in drei Jahren das 75-jährige Firmenjubiläum feiern, das gleichzeitig sein 40-jähriges Betriebsjubiläum ist. Danach sehe er weiter.

Von Katharina Kutsche

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