Lehrte

Streit um Aldi: Warum tagt Ortsrat nicht?

Aligses Ortsbürgermeister Frank Seger wirft der Stadtverwaltung vor, Beschlüsse zum Aldi-Logistikzentrum im "Schweinsgalopp" herbeiführen zu wollen.

Aligses Ortsbürgermeister Frank Seger wirft der Stadtverwaltung vor, Beschlüsse zum Aldi-Logistikzentrum im "Schweinsgalopp" herbeiführen zu wollen.

Lehrte/Aligse. Der Streit um den geplanten Bau des Aldi-Logistikzentrums südwestlich von Aligse tritt in eine neue, höchst kontroverse Phase ein. Ortsbürgermeister Frank Seger (SPD) wirft der Stadtverwaltung jetzt vor, im „Schweinsgalopp“ Beratungen durch die Gremien jagen zu wollen und dabei den Ortsrat zu übergehen. Aus dem Ratshaus hingegen heißt es, Seger selbst nehme den Ortsratsmitgliedern die Möglichkeit, mit Planern und Einwohnern zu diskutieren.

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Konkret geht es bei dem Streit um die Frage, wie die Nachbesserungen im Bebauungsplan für das Aldi-Großprojekt beraten werden. Diese sollen am Dienstag, 29. Mai, in einer gemeinsamen Sitzung von Bauausschuss und Umweltausschuss ab 18 Uhr im Kurt-Hirschfeld-Forum vorgestellt und beraten werden. Am Mittwoch will dann der Rat dazu das letzte Wort sprechen. Die Nachbesserungen beziehen sich insbesondere auf einen Vertrag zwischen der Stadt und Aldi, wonach das Unternehmen einer Reihe von Anwohnern der Aligser und Röddenser Ortsdurchfahrt sogenannten passiven Lärmschutz, also neue Fenster und Lüftungsanlagen, bezahlen müsste. Außerdem geht es um eine neue Linksabbiegespur an der Autobahnabfahrt Lehrte, mit der der Lastwagenverkehr effektiver zum Logistikzentrum geleitet werden könnte.

Die Stadtverwaltung hat jetzt eine gesonderte Einladung zu der Ausschusssitzung am Dienstag verbreitet, in der sie den Gegenstand der Diskussion kurz vorstellt und ausdrücklich die Einwohner von Aligse und Röddensen einlädt. Die Bürger könnten sich im Kurt-Hirschfeld-Forum unmittelbar über die Änderungen im Bebauungsplan informieren. In der Einladung setzt es auch heftige Kritik an Seger. Diesen habe man frühzeitig darum gebeten, seinerseits zu einer Sitzung des Ortsrates Aligse-Kolshorn-Röddensen einzuladen, damit die Vorlagen auch dort beraten werden können. Die Rede war vom 18. Mai. Bedauerlicherweise sei Seger dieser Anregung „nach ursprünglicher Zustimmung nicht gefolgt“, heißt es. Das entspreche zwar den Vorgaben des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes, nicht aber „den Gepflogenheiten in der Stadt Lehrte“.

Seger ist über das öffentliche Schreiben aus dem Rathaus erbost. Den Vorwurf, er nehme den Bürger die Chance mitzureden, nennt er „nahezu infam“. Selbstverständlich habe in allen wichtigen Fragen eine Ortsratssitzung vor der beschlussfassenden Ratssitzung stattzufinden, kontert Seger. Das sei aber nicht nur so aus guter Übung, wie es die Stadt laut Seger „gönnerhaft“ formuliert. Es handele sich vielmehr um ein laut Kommunalverfassungsgesetz verbrieftes Anhörungsrecht des Ortsrats.

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Der Aligser Ortsbürgermeister stört sich vor allem an zwei Dingen: Erstens reiche die Zeit zur Bearbeitung und Beratung der komplexen Beschlussvorlagen, die mit Datum vom 17. Mai veröffentlicht wurden, nicht aus. Zweitens gehöre eine Debatte darüber in eine in Aligse stattfindende Ortsratssitzung und nicht etwa, wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen, in eine gemeinsame Sitzung mit den Fachausschüssen des Rates in Lehrte. Letzteres schließt auch Segers Stellvertreter Hendrik Thiel (CDU) aus.

Seger spricht zudem von „nicht ausreichender Zeit zur Prüfung und Kontrolle“ von Unterlagen. „Hier sollen die Gremiumsmitglieder wie das dumme Stimmvieh im Schweinsgalopp durch die gemeinsame Sitzung gejagt werden und sich so auch noch willfährig manipulieren lassen“, schreibt der Ortsbürgermeister in einer Stellungnahme an diese Zeitung. Er sei enttäuscht und entsetzt, wie in Lehrte demokratische Willensbildung praktiziert werde.

Aligses Ortsbürgermeister ist erklärter Gegner des Aldi-Logistikzentrums. Zum Thema Lärmschutz hat er eine klare Meinung. Am besten wäre es, „wenn alle Aldi-Befürworter und Aldi-Planer endlich die Stöpsel aus den Ohren nehmen würden, sich nicht mehr taub stellen würden gegenüber dem Bürgerwillen“, meint Seger: „Die Bürger wollen kein Logistikmonster vor unserem Dorf“. Der Planungsprozess gehöre ad acta gelegt. Dass nun die Linksabbiegerspur an der Autobahnabfahrt in die Diskussion gekommen ist, verwundert Seger. Noch im Dezember habe es geheißen, das sei technisch ausgeschlossen. Offenbar solle quasi ein „Wunder geschehen, indem man nun ein Schild neu ausrichtet und einen Erdwall aufschüttet.“

Von Achim Gückel

HAZ

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