Raus aus den Schulden: So will die Neustädter CDU-Ratsfraktion die Stadtkasse aufbessern
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Beratungen hinter Klostermauern: Die Haushaltsklausur der Neustädter CDU-Fraktion fand im Johanniterhaus des Klosters Wennigsen statt.
© Quelle: privat
Neustadt. Ein ausgeglichener Haushalt bis zum Jahr 2024 ist das finanzpolitische Ziel der CDU-Ratsfraktion. Hinter den dicken Mauern des Klosters Wennigsen beratschlagte die CDU jüngst, wie man das strukturelle Haushaltsdefizit (2021: -7.425 Millionen Euro) in den Griff bekommen will. Von einem strukturellen Defizit spricht man, wenn die laufenden Ausgaben die Einnahmen der Stadt übersteigen. Bei den CDU-Beratungen wurde ein Paket aus Sparmaßnahmen und Investitionsvorschlägen erarbeitet, bei denen die Nutzung regenerativer Energien eine entscheidende Rolle spielt. Der Rat wird voraussichtlich im Februar 2023 über den künftigen Haushalt und die Begleitanträge der Parteien entscheiden.
„Die Konsolidierung der städtischen Finanzen steht im Mittelpunkt unserer diesjährigen Haushaltsbegleitanträge“, sagt Frank Hahn (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Digitalisierung. Ansetzen will die CDU vor allem bei der Deckelung der laufenden Kosten. Die betrugen in 2020 15,3 Millionen Euro, in 2021 waren es 17,9 Millionen. Die CDU wünscht sich, in Absprache mit der Ratskooperation und der Verwaltung, eine Deckelung bei 18,5 Millionen für den kommenden Haushalt. „Alle müssen noch einmal einen Tick genauer hinsehen, muss eine Maßnahme jetzt sein, oder kann das warten“, sagt Hahn. Betroffen wären davon auch die vielen kleinen Instandhaltungsarbeiten an den öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kitas. „Man wird auch Prioritäten ändern müssen, allein aufgrund von Lieferschwierigkeiten werden sich Maßnahmen verzögern“, so Hahn. Die CDU schlägt auch vor, wie das aussehen soll.
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Haben die Haushaltskonsolidierung zum Schwerpunktthema der diesjährigen CDU-Haushaltberatungen erkoren: Der Regionsabgeordnete Stefan Porscha (CDU, von links), Sebastian Lechner, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion in Neustadt und Frank Hahn (CDU), Vorsitzender des Finanzausschusses. (Archiv)
© Quelle: Kathrin Götze
Umrüsten, jetzt
Ein Antrag zum Haushalt lautet, die Beleuchtung aller städtischen Gebäude soll bis zur Jahreshälfte auf LED-Technik umgerüstet werden. Noch brennen im Rathaus zahlreiche klassische Glühbirnen. Zusätzlich möchte die CDU den Ausbau von Fotovoltaik und Solarthermie an städtischen Immobilien vorantreiben – ein Projekt, dass auch die Neustädter Grünen, Kooperationspartner der CDU im Rat, 2023 beschleunigen will. „Es ist sinnvoll, um die Ausgaben für Strom, Heizung und Warmwasser zu reduzieren“, erklärt Sebastian Lechner, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion.
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Der Schuldenberg wächst
Der interaktive Ergebnishaushalt der Stadt weist für das laufende Jahr ein Defizit von voraussichtlich 11.76 Millionen Euro aus. Je nach Prognose fehlten in den vergangenen drei Jahren zusammen unterm Strich bis zu 24 Millionen Euro, um den Haushalt auszugleichen. Die Pro-Kopf-Verschuldung in Neustadt ist im Vergleich zum Vorjahr 2022 um rund 19 Prozent gestiegen auf 2525 Euro. Ein Wert deutlich über dem Regionsschnitt, der liegt bei 1700 Euro.
Um das jährliche Defizit auszugleichen, hat eine Ratsmehrheit aus CDU, Grünen, UWG und FDP im Frühjahr beschlossen, die Schulden über 30 Jahre gestreckt in Raten abzubezahlen. Die SPD hatte sich dafür ausgesprochen, stattdessen alles auf einen Schlag aus den Rücklagen der Stadt (circa 19.2 Millionen Euro) zu bezahlen. Das übergeordnete Ziel der Anstrengungen ist allen Parteien gemein. Durch Konsolidierung in Eigenregie möchte man verhindern, dass die Kommunalaufsicht der Stadt ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept auferlegt. Das würde den Handlungsspielraum des Rats und im Rathaus empfindlich einschränken.
Erster Stadtrat und Kämmerer wird 2023 neu gewählt
Zuständig für die Erstellung des Haushalts ist in Neustadt als Kämmerer der Erste Stadtrat Maic Schillack. Dessen Amtszeit endet im Juli 2023. Schillack (52) ist seit 2016 im Amt. Mit knapper Mehrheit hatte die damals rot-grüne Ratsmehrheit den Verwaltungsfachmann aus Bückeburg gewählt. Als Erster Stadtrat vertritt Schillack den Bürgermeister, wenn dieser etwa im Urlaub oder krank ist. In der Beziehung des Ersten Stadtrats zum Bürgermeister Dominic Herbst (Grüne) hatte es nach dessen Amtsantritt deutlich geknirscht. Nachdem der neue Bürgermeister die Kompetenzen des Ersten Stadtrats beschnitten hatte, bewarb sich Schillack selbst um eine Stelle als Bürgermeister in einer Baden-Würtenberger Gemeinde. Interne Querelen in der dortigen Ortspolitik führten dazu, dass der Wechsel aus Neustadt nicht zustande kam. Schillack ist aktuell zuständig für die Fachdienste Finanzen, Recht, Versicherungen, Feuerwehr und die Zentralen Dienste. Für eine Wiederwahl müsste Schillack vom Bürgermeister dem Rat vorgeschlagen werden. Auf das Thema angesprochen hält der sich allerdings bedeckt. „Zu der Personalie werde ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht äußern“, so Herbst. mm
Digitalisierung vorantreiben
Langfristig erwartet die CDU von Bürgermeister Dominic Herbst (Grüne) eine „verbindliche Agenda zur Digitalisierung“. „Wir würden es begrüßen, wenn die IT- und Organisationsstruktur der Verwaltung zur Chefsache wird. Bis zum Frühjahr wünschen wir uns einen Maßnahmenkatalog von der Verwaltung, wie die Stadt in den kommenden fünf Jahren digital fit gemacht werden kann“, sagt Lechner. Konkret beantragt die CDU, 500.000 Euro für ein Digitalisierungskonzept in den nächsten Haushalt einzustellen.
Investition in Schulen und Sozialfonds
Auf die Bremse treten will die CDU bei den Investitionen. „Im Fokus stehen der Bau des Gymnasiums, der Sek II an der KGS und der Ausbau in Helstorf. Weitere Projekte soll es nur geben, wenn darüber hinaus Planungskapazitäten vorhanden sind“, so Lechner. Auf einen Wunsch aus der Elternschaft heraus, will sich die CDU außerdem für die Einrichtung eines Schulsozialfonds einsetzen. Der soll etwa wirtschaftlich schlechter gestellten Eltern helfen, Tablets oder Laptops für ihre Kinder zu kaufen. Die Stadtkasse soll dabei möglichst nicht belastet werden, man hofft stattdessen auf Spenden für einen entsprechenden Fonds.
Regionsversammlung: Neustädter-Haushaltsanträge der CDU abgelehnt
Bei den Haushaltsberatungen der Regionsversammlung fanden zwei Anträge der CDU-Regionsfraktion zu Neustädter Angelegenheiten keinen Anklang bei der rot-grünen Mehrheitsgruppe. „Einmal mehr wurde deutlich, dass die Koalition kaum Bereitschaft zeigt, auf andere Fraktionen einzugehen“, kritisiert Stefan Porscha, Regionsabgeordneter der CDU aus Schneeren. Die CDU hatte beantragt, an der Landwehr „unverzüglich“ Bäume nachzupflanzen, die dort bereits vor einigen Jahren beseitigt wurden, in Erwartung einer bis heute ausstehenden Sanierung der Landwehr. Der Antrag wurde in der Regionsversammlung ebenso abgelehnt wie ein weiterer, der die Region beauftragen sollte, eine Machbarkeitsstudie für die Erweiterung des Nahwärmenetzes in Schneeren zu fördern. „Es zeigt sich wieder einmal die Politik der Käseglocke der Mehrheitsgruppe, die alles abprallen lässt, was nicht ihre Farben trägt“, kommentiert Porscha. mm