Viele Stellen helfen bei Gewalt in Partnerschaft und Familie
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Frauen und Kinder sind vielfach Opfer häuslicher Gewalt (Symbolbild).
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Neustadt. Familien und Ehepaare, in der Corona-Krise allein zu Hause, vielleicht noch mit Existenzsorgen: In belasteten Beziehungen kann das zu besonderen Schwierigkeiten führen. Experten befürchten unter anderem Gewaltausbrüche.
Die Frauenberatungsstelle in Neustadt hat in jüngster Zeit keine neuen Fälle gemeldet bekommen. „Diese Ruhe ist schon fast gespenstisch“, sagte Beraterin Jutta Wienand. Sie kann sich allerdings andere Erklärungen vorstellen, als die, dass einfach nichts passiert. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Opfer häuslicher Gewalt nicht in der Lage sind, viel zu telefonieren. Meist sind es Frauen, aber nicht immer“, sagte Wienand. Wenn nun ein gewalttätiger Partner den ganzen Tag zu Hause bleibt, fehlt den Opfern der Freiraum, sich Hilfe zu suchen. Der Kontakt zur Beratungsstelle sei häufig auch nicht der erste Schritt aus einer bedrohlichen Situation zu Hause, sagt die erfahrene Beraterin. „Wir haben es hier mit sehr unterschiedlichen Konstellationen zu tun, auch viel mit psychischer Gewalt.“
Häusliche Gewalt kommt häufig vor
In Gewaltsituationen ist häufiger die Polizei erster Ansprechpartner – im Zusammenhang mit der Kriminalstatistik hat Neustadts oberster Ermittler, Jürgen Winkler, kürzlich darauf hingewiesen, dass bei den rund 250 Fällen von Körperverletzung im vergangenen Jahr die häusliche Gewalt eine wichtige Rolle gespielt hat. Verwundert war deswegen die Kontaktbeamtin Pamela Hoffmann noch am Donnerstag, dass zuletzt sehr wenige Einsätze aus diesem Grund anfielen. „In den letzten zwei Wochen ist kein einziger Fall bekannt geworden“, sagte sie, „das ist schon ungewöhnlich.“
Über das Osterwochenende seien nun zwei Fälle dazugekommen, meldete ihr Kollege Gunther Behring am Montag. Das wiederum sei nicht ungewöhnlich: „Gerade bei Familienfesten passiert häufiger etwas, auch an Weihnachten.“ Die Beteiligten am Wochenende seien der Polizei bereits einschlägig bekannt gewesen.
Wichtige Meldewege fehlen jetzt
Mit den geltenden Kontaktbeschränkungen fielen wichtige Meldewege weg – vor allem, was Gewalt gegen Kinder betrifft, sagte Wienand. Im normalen Alltag fielen beispielsweise Verletzungen bei Kindern etwa in Schulen oder Sportvereinen auf. Diese Möglichkeiten sind nun nicht gegeben. „Ein Appell geht daher auch an Nachbarn, in dieser Beziehung aufmerksam zu sein und mögliche Übergriffe zu melden.“
Schlimmstenfalls muss ein Kind aus der Familie genommen werden, wenn ihm dort Gefahr droht. Die Region Hannover als Jugendhilfeträgerin verzeichne seit März keine gestiegene Zahl bei den Inobhutnahmen, meldete Sprecherin Christina Kreutz. „Dennoch wissen wir natürlich, dass die aktuelle Situation für einen Teil der Familien, insbesondere für Familien im Jugendhilfekontext, eine besondere Belastung und Herausforderung darstellt“, sagte sie. Der Fachbereich Jugend der Region Hannover versuche deshalb, bestmöglich Kontakt zu den Familien und Diensten zu halten, ebenso wie die freien Träger.
Hier finden Betroffene Hilfe
Die Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Region Hannover in Neustadt ist unter Telefon (0511) 61626300 zu erreichen. Auf der Internetseite www.kein-kind-alleine-lassen.de sind weitere Hilfsangebote aufgeführt, unter anderem die bundesweite Hotline (0800) 22 55 530.
Ebenfalls bundesweit gilt die Nummer (08000) 116016 für das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Die Neustädter Frauenberatung ist unter Telefon (05032) 7898 zu erreichen. Für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder steht in der Region Hannover seit Januar das Frauenhaus24 rund um die Uhr bereit. Die Telefonnummer lautet (0800) 7708077. Möglich ist, in Zusammenarbeit von Polizei und Gericht auch die sogenannte Wegweisung eines übergriffigen Partners. Dafür halte die Stadt Neustadt eigens Wohnungen bereit, berichtete die Polizeibeamtin Hoffmann.
Beratung gibt es auch für potenzielle Täter. Auf der Internetseite www.bevor-was-passiert.de finden Menschen Rat, die pädophile Neigungen in sich spüren. Für sie ist auch eine kostenfreie Hotline unter (0800) 7022240 geschaltet.
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Von Kathrin Götze