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Seelze

Bronzetafel für Pastor Behrens wird in St. Martin enthüllt

Adelheid Berger (von links) und Eberhard Weichert vom Kuratorium Reibnitz/Bethelsdorf sowie Pastor Ortwin Brand mit der Bronzetafel.

Adelheid Berger (von links) und Eberhard Weichert vom Kuratorium Reibnitz/Bethelsdorf sowie Pastor Ortwin Brand mit der Bronzetafel.

Seelze. Zu einem besonderen Gottesdienst lädt die Kirchengemeinde St. Martin für Sonntag, 19. Mai, ein, bei dem an die langjährige Betreuung von schlesischen Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus dem Riesengebirge durch Pastor Joachim Behrens erinnert wird. Der um 11 Uhr beginnende Gottesdienst wird von Pastor Ortwin Brand gestaltet. Zum Gedenken an die Arbeit von Behrens wird im Anschluss eine Bronzetafel im Turmraum der Kirche enthüllt, die dort einen neuen Platz gefunden hat.

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„Nach Flucht und Vertreibung im Mai/Juni 1946 gab es in den Jahren 1949 bis 1999 über 50 Jahre hinweg regelmäßige jährlich große Heimattreffen der schlesischen Kirchengemeinde Reibnitz und Bethelsdorf aus dem Riesengebirge in unserer St.-Martins-Kirche“, berichtet Pastor Ortwin Brand. Der damalige Seelzer Pastor Joachim Behrens hatte Mitglieder seiner ehemaligen Gemeinde in Schlesien über 50 Jahre lang jährlich nach Seelze eingeladen. Weil die nach Flucht und Vertreibung in ganz Deutschland verstreute Gemeinde in mühseliger Kleinarbeit ausfindig gemacht werden musste, konnten die Schlesier sich 1949 zu ihrem ersten Treffen in Seelze versammeln.

„Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an den ehemaligen Pastor Joachim Behrens und sein segensreiches Wirken stiftete das Kuratorium der ehemaligen schlesischen Kirchengemeinde der Kirchengemeinde St. Martin Seelze eine Bronzetafel“, sagt Brand. Diese Tafel hing zunächst im ehemaligen Gemeindehaus an der Kolbestraße. Als dieses Gemeindehaus abgerissen und in den Jahren 2006/2007 durch einen Neubau ersetzt wurde, sei das Erinnerungsstück in Vergessenheit geraten und wäre fast verloren gegangen. „Nur durch die Umsicht des damaligen Küsters Werner Zillmann konnte die Bronzetafel bewahrt werden.“

Der Kirchenvorstand komme am Sonntag Kantate gern dem Wunsch des Kuratoriums nach und bringe diese Gedenktafel als Zeugnis der jüngsten Seelzer Zeitgeschichte dauerhaft im Turmraum der Kirche an. „So schafft St. Martin einen würdigen Ort, diesen bedeutenden Teil der hiesigen Zeit- und Kirchengeschichte zu erinnern und das Erlebte der schlesischen Vertriebenen als Teil unserer neuesten Geschichte zu bewahren.“

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Joachim Behrens war 30 Jahre Pastor in St. Martin

Von Januar 1949 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1979 war Joachim Behrens Pastor in Seelzes Kirchengemeinde St. Martin. Geboren 6. Januar 1914 in Krotoschin in der damaligen Provinz Posen war Behrens Anfang der 1940er Jahre erst Vikar und dann ab 1943 Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Reibnitz/Berthelsdorf im Kreis Hirschberg im Riesengebirge. Zum Zeitpunkt der Flucht und Vertreibung im Mai und Juni 1946 hatte die Gemeinde in beiden Dörfern 1580 Angehörige. Das eindrucksvolle Gotteshaus in Reibnitz, das sogenannte Bethaus, eine schlesische Fachwerkkirche war 1747 im heutigen Polen erbaut worden und verfiel in den Nachkriegsjahren zu einer Ruine. Im Jahr 1967 soll die Fachwerkkirche ganz abgerissen worden sein.

Die Fachwerkkirche in Reibnitz überstand zwar den Zweiten Weltkrieg, wurde aber Jahre später abgerissen

Die Fachwerkkirche in Reibnitz überstand zwar den Zweiten Weltkrieg, wurde aber Jahre später abgerissen.

Pastor Joachim Behrens wurde mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet

Pastor Joachim Behrens wurde mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Behrens organisierte 1946 das erste Treffen seiner damaligen Gemeinde in Lehrte. Der Geistliche verfasste zudem einen „Jährlichen Heimatbrief“, durch den die Gemeindeglieder miteinander verbunden blieben. Seine „segensreiche Seelsorgearbeit“ sei von den vertriebenen Gemeindemitgliedern immer wieder herausgehoben und gewürdigt worden. Bei der Vertreibung hatte Behrens in zwei Koffern neben Dingen des alltäglichen Lebens auch Stücke mit hohem Erinnerungswert für seine Gemeinde mitgenommen. Darunter war auch eine silberne Oblatendose für die Abendmahlsfeier aus dem Jahre 1846, die bis heute sonntäglich im Gebrauch sei und St. Martin zur 750-Jahr-Feier im Jahre 1998 gestiftet wurde, berichtet Brand. Ab 1949 habe es dann jährliche Heimattreffen in Seelze gegeben, die seit 1966 alle zwei Jahre anberaumt wurden. „Das waren bedeutende Großveranstaltungen unter großer Anteilnahme der Gemeinde vor Ort.“ Das mühevolle Zusammenführen und Veranstalten der Heimattreffen der „alten“ Gemeinde von Behrens sei deshalb unumstritten eine seiner großen Leistungen gewesen, für die er Ende Juni 1988 mit der Verdienstmedaille zum Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt und ausgezeichnet wurde.

Pastor Behrens im Jahr 1980 mit Goldenen Konfirmanden auf dem Weg zur Kirche

Pastor Behrens im Jahr 1980 mit Goldenen Konfirmanden auf dem Weg zur Kirche.

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Ein besonderes Verdienst von Pastor Behrens sei es gewesen, dass er Gemeindemitglieder gewann und zu Lektoren und Prädikanten dazu ausbildete, selbständig Gottesdienste und Predigten zu halten. Für diese Ausbildung von Lektoren und Prädikanten erhielt Pastor Behrens 1956 auch einen Lehrauftrag der Landeskirche. „Die besondere Prägung als lutherische Gemeinde jeden Sonntag in St. Martin Abendmahl zu feiern, geht auf ihn zurück.“

Behrens, der in der Nähe der Kirche an der Straße An der Junkernwiese wohnte, starb am 19. Februar 2000 in Seelze. Er gilt als eine prägende Gestalt. In den 30 Jahren seines Wirkens in St. Martin soll er zuweilen liebevoll „Fürstbischof von Seelze“ genannt worden sein.

Von Thomas Tschörner

HAZ

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