Bürger dürfen wieder Widerspruch einlegen
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Vor dem Gang zum Verwaltungsgericht gibt es bei der Stadt Wunstorf künftig wieder eine weitere Instanz.
© Quelle: Archiv
Wunstorf. Gegen die Stimmen der CDU und von Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt hat der Rat am Mittwochabend beschlossen, dass Bürger ab August Widerspruch bei der Stadtverwaltung einlegen können, wenn sie mit Bescheiden insbesondere zu kommunalen Abgaben nicht einverstanden sind. Über die Sache wurde verbal ähnlich gerungen wie schon beim ersten Grundsatzbeschluss im Februar.
„Wir wollen ein Angebot schaffen, dass niedrigschwelliger ist als eine Klage beim Verwaltungsgericht“, begründete die Vorsitzende Kirsten Riedel die Haltung der Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und FDP. „Lassen Sie es uns ausprobieren!“, appellierte sie – nach einem Jahr sollen die Ergebnisse auch überprüft werden. Auch wenn Wunstorf mit der Entscheidung in der Region noch allein steht, sprach der Linke Rüdiger Hergt sich dafür aus, zum Vorreiter zu werden.
„Für die Bürger wird es keinen Mehrwert geben“, sagte dagegen Colette Thiemann für die CDU. Wenn die Empfänger der Bescheide meinen Fehler entdeckt zu haben, werde das in der Praxis auf direktem Weg und ohne formales Verfahren geklärt. „Die Verwaltung soll unbürokratisch und bürgerfreundlich arbeiten“, ist der Anspruch. Und wenn die Angelegenheit so nicht geklärt werden kann, könne der Bürger im nächsten Schritt vor das Gericht ziehen.
Der Bürgermeister erinnerte an die Zeiten, als Widersprüche noch durchgängig möglich waren: „Bis auf mehr Arbeit hat das nichts gebracht.“ Er befürchtet auch, dass bei den Bürgern ein schiefes Bild entsteht, wenn innerhalb des Rathauses auch über den Widerspruch entschieden wird. Früher hatte das bei den Bezirksregierungen stattgefunden, in einigen Rechtsgebieten ist die Region dem nachgefolgt.
Eberhardt sicherte zu, den Ratsbeschluss auch gegen die eigene Überzeugung umzusetzen: „Wir haben schon jemanden eingestellt, der das vorbereitet“, berichtete er.
Ausbauten folgen Standards
Bei den nächsten Straßenausbauten haben Verwaltung und Politiker für die Verhandlungen mit den Anwohnern Standards als eine Orientierung, die der Rat trotz einiger Bedenken einmütig beschlossen hat. „Das wird für uns eine große Hilfe sein“, sagte Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt, und Kirsten Riedel sagte für die Ampelkoalition: „Das ist eine gute Sache, weil heute jeder Anlieger meint, die gewählte Belastungsklasse selbst aushandeln zu können.“ Manfred Wenzel (CDU) vermisste allerdings die notwendige Freiheit, um die Wünsche der Bürger berücksichtigen zu können, die hinterher auch bezahlen müssen. Die Standards seien vielleicht erst dann sinnvoll, wenn die Anliegerbeiträge abgeschafft werden. Allerdings gibt es in den Richtlinien eine Klausel, die Ausnahmen in besonderen Einzelfällen zulässt. Weil die Union auch jede Gelegenheit nutzt, gegen Aufpflasterungen zur Verkehrsberuhigung vorzugehen, wurde in der Diskussion vorgeschlagen, die tatsächliche Lärmbelastung für die Anwohner einmal zu untersuchen – an einer „Rammsteinallee“, wie ihr baupolitischer Sprecher Steffan Strulik sie bezeichnete.
Von Sven Sokoll