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Echte Streamingflops

Bitte nicht anschauen! Die sieben nervigsten Filme und Serien bei Netflix

Wehrhafte Endzeitjugend: Henriette Confurius (v. l.) David Ali Rashed und Emilio Sakraya in einer Szene aus der Netflix-Serie „Tribes of Europa“.

Wehrhafte Endzeitjugend: Henriette Confurius (v. l.) David Ali Rashed und Emilio Sakraya in einer Szene aus der Netflix-Serie „Tribes of Europa“.

Keine Frage, Netflix hat einiges an Seriengold im Portfolio. Von „Narcos“ über „Ozark“ bis „Haus des Geldes“, von „The Crown“ über „Stranger Things“ bis zur „Umbrella Academy“. Aber der Streamingriese, der jüngst erstmals sinkende Abonnentenzahlen hinnehmen musste, hat in Zeiten heftiger Konkurrenz auch Mittelmäßiges im Programm.

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Platz sieben: „Gilmore Girls“ (2016)

Das Spiel mit Popkultur und Nostalgie kann gelingen. Die Serie „Bates Motel“ war eine leise thrillende Vorgeschichte zu Hitchcocks „Psycho“ und die Neuauflage zu „Battlestar Galactica“ war der Originalserie sogar klar überlegen. Bei Netflix’ Versuch „Gilmore Girls: Ein neues Jahr“ ging die Sache schief. Wir erinnern uns an das Ende der Originalserie um Mutter Lorelai und Tochter Rory: „Ich liebe Chris“ schwor da die schöne Lorelai so lange öffentlich, bis der letzte „GG“-Fan erleichtert begriff, was er immer ahnte: Dass sie eigentlich Luke liebt, den schweigsamen Restaurantgrummelkopf mit Baseballkäppi und Dreitagebart. So bekam diese Serie mit dem Ende der siebten und letzten Staffel ein echtes, kitschiges und verdientes Finale und keinen jener unzufrieden machenden, seltsamen, oft offenen Pseudoschlüsse, die sich nur die Option auf weitere Staffeln offenhalten.

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Bye, Gilmores, dachte man, schön war‘s mit euch in Stars Hollow. Und dann holte Netflix die Mädels neun Jahre später zurück: Mein Gott, Rory ist 32, dachte man jetzt. Na ja, aber sie sah so jung aus, dass man ihr an deutschen Metzgertheken immer noch ein Stück Fleischwurst zum Gratisschnuckern rüberschieben würde. Es war schön, mal wieder in das muckelige Vorzeigestädtchen reinzuschauen, sodass man noch nicht einmal Handlung bräuchte. Dachte man falsch. Nach einer Weile reichte uns das nicht mehr, nach einer kurzen Zeit der Wiedersehensfreude erkannte man, dass sich die Neuauflage zur alten Serie verhält wie die Schimanski-„Tatorte“ zu der späteren „Schimanski“-Serie. Was einst richtig und geradeaus gewesen war, erschien jetzt aufgesetzt, schief, ohne Esprit. Und man erkannte am laxen Umgang der Autorinnen und Autoren mit den geliebten Charakteren: Dieses Revival verdankte sich nichts anderem als dem Gefühl einiger Leute, ihr Bankkonto sei reif für ein Comeback der Girls.

Platz sechs: „The Bubble“ (2022)

Judd Apatow erzählt in seinem Film vom Filmemachen im ersten Jahr der Pandemie. „Cliff Beasts“, das 23.-erfolgreichste Franchise der Filmgeschichte, soll eine Fortsetzung bekommen. Mehr denn je, so stellt ein Text dem Film voran, sei es wichtig gewesen, dem durch das Virus, sein Wirken und die Konsequenz der Isolation verunsicherten bis verzweifelten Publikum Abwechslung zu bieten. Schwachsinn mit Sauriern wie „Cliff Beasts“ scheint hierfür perfekt geeignet. Auch der Cast und die Crew, dazu verdammt, monatelang in einer Blase, fernab von Familie, Freunden und Halligalli zu leben, leidet schwer unter Corona.

Am Anfang, wenn der in einem Baumarkt angeworbene Regisseur (Fred Armissen) am Set den Dünnbrettbohrer gibt, denkt man noch erfreut: „Satire!“ Aber Armisen spielt einen Filmemacher ohne Timing in einem – man muss es leider sagen – Film ohne Timing. In dem gibt es unglaublich unmotivierte Füllszenen, wo das Ensemble einfach sinn- und lustlos herumhüpft. „Star Wars“-Star Daisy Ridley kommt plötzlich ins Bild: „Ich habe keine Ahnung, wieso ich hier bin“, sagt sie da. Das geht uns auch so, liebe Daisy. Wir vom Publikum haben weder eine Ahnung, wieso du hier bist, noch wieso wir noch zuschauen.

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Platz fünf: „Cracow Monsters“ (2022)

Eine polnische Horrorserie, in der Heldin Alex (Barbaa Liberek) den Fehler macht, vom Äußeren aufs Innere zu schließen. Das Derimetermonster, das im Altbau von der Decke hing, war ein Guter, der bleiche Junge, den sie gerettet hat, ist dagegen ein Dämon in Kindergestalt, der erst Krakau und dann die Welt verheeren möchte. Verheerend ist die ganze Serie mit ihren sexbesessenen Wassernymphen und einem Väterchen Frost, das hier nicht die vertraute gemütliche östliche Jahresendzeitfigur ist, sondern ein fieser Riese, der sich Ghoul-mäßig aus der Erde wühlt, um – frustriert über moderne Zeiten – die schlechte Luft und überhaupt Menschen in Eiszapfen zu verwandeln. In Maske und Kostüm erinnert der Unhold an alte tschechoslowakische Märchenfilme.

Die Regisseurinnen Kasia Damik und Olga Chajdas und ihre vier Autorinnen erzählen ohne Ziel drauflos. Die Geschichte wird dabei so konfus wie die meisten Horrorstorys, in denen komplexe, plausibilitätsfremde Pläne geschmiedet werden, um die Unterweltler in die Unterwelt zurückzuschicken und einen Pfropfen in ihr Schlupfloch zu rammen. Ein schwarzer Ritter, so lächerlich wie der in Monty Pythons „Ritter der Kokosnuss“, nur unfreiwillig komisch, teilt uns am Ende noch mit, dass durchaus die Möglichkeit eines Sequels bestünde. Um’s polnisch-katholisch zu sagen: „Der Himmel bewahre uns davor!

Platz vier: „Hoops“ (2020)

Der Titel dieser Zeichentrickserie klingt schon wie eine Entschuldigung, nachdem man jemandem versehentlich auf den vereiterten Zeh getreten ist. Nein, es ist nicht komisch, dem Basketballlehrer Ben Hopkins dabei zuzuschauen, wie er die orangerote Kugel gefühlte 15 Stunden einfach nicht in den Korb kriegen will. Aber viel witziger wird‘s in den zehn Episoden über den blauen Proleten, der ein trauriges Highschool-Basketballteam zu Siegern formen soll, auch nicht.

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Humor ist in der Serie von Ben Hoffmann der einzige, der fehlt, stattdessen werden nonstop derbste Zoten gerissen, als wäre „adult comedy“ nur den körpereigenen Niederlanden verpflichtet. Um je wieder einem Trainer ins Gesicht schauen zu können, muss man sich hinterher auf Apple TV+ mit zwei Staffeln des wunderbaren Fußballcoachs „Ted Lasso“ entgiften. Am Ende bekam Hoffman denn auch einen Korb von Netflix. „Hoops“ wurde nach nur einer Staffel eingestellt.

Platz drei: „Texas Chainsaw Massacre“ (2022)

Wenn du zu Leatherface gehst, vergiss die Kotztüte nicht. Der Mann mit der Kettensäge war in diesem Februar wieder da, eine der berühmtesten Figuren des Horrorfilms (Subgenre Slashermovie). Damals, 1974, im Jahr, als Abba den ESC gewannen, erlebte eine Teenagertruppe in Tobe Hoopers Originalfilm „The Texas Chainsaw Massacre“ ihr Waterloo in der Hinterwäldlerzone von Texas. Nur eine junge Frau überlebte den Amoklauf eines irren Mörders.

Und jetzt werden in David Blue Garcias Sequel, dem nur das „The“ im Titel fehlt, nicht Hippies, sondern jungen Leuten der Generation Z das Fürchten und Sterben gelehrt. Die Kettensäge brüllt auf und in der Folge erweist sich der bullige Hinterwäldler erneut als Musketier der kraftstoffbetriebenen Klinge. Weggucken ist fürs Publikum bald besser als Zugucken. Wer dennoch weiterschaut, erlebt Leute, die sich superdumm verhalten, nur um in eine unüberlebbare Zweikampfsituation mit dem Monster zu kommen. Kettensäge vs. Nervensägen – dieses Blutbad braucht kein Mensch.

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Platz zwei: „Tribes of Europa“ (2021)

Die sogenannte Endzeit – spätestens seit „The Walking Dead“ immer ein Bringer. Nicht aber im Fall von Philip Kochs „Tribes of Europa“, die sich nach einem Zivilisation beendenden Stromausfall in der Nähe Berlins in die Haare bekommen. Die netten Gemüsebauern namens „Origines“ (Waldbewohner) werden von den bösen Hauptstadtruinenbewohnern „Crows“ unterjocht. Hat man Crows-Boss Captain Ivar (Sebastian Blomberg) dann gesehen, einen cartoonartigen Stockschwinger mit Samuraizopf und einem gerüttelten Maß Caligula-Irrsinn, kann man sich keine Sekunde vorstellen, wie irgendwer auf das Kommando eines solch lachhaften Nervenheilanstaltsprimus hören kann.

Und die aufgesetzt erscheinende Coolness einiger der nicht allzu tiefschürfenden Teeniecharaktere nervt auch. Dann ist da noch Oliver Masucci als windiger Schrottsammler Moses Sparwasser – ein Mad-Max-Han-Solo-Mix, der einem auf deutschen Straßen und Wegen mit seinem rostigen VW-Lasterchen allerdings eher vorkommen will wie ein postapokalyptischer Hans Albers mit Erklärbärfunktion. Hoppla, jetzt komm ich und erzähl euch was: „Das Mindesthaltbarkeitsdatum war eine Erfindung der Lebensmittelindustrie“, protzt er beim Öffnen einer mindestens 45 Jahre alten Dose. Das Mindesthaltbarkeitsdatum der Serie? Bislang wurde noch keine zweite Staffel vermeldet.

Platz eins: „Dogs of Berlin“ (2018)

Ein türkischstämmiger deutscher Nationalspieler ist in Netflix’ zweiter deutschen Serie nach „Dark“ in Berlin-Marzahn tot aufgefunden worden – mit nur noch neun Fingern, einen Tag vor dem Spiel gegen die Türkei im Olympiastadion. Die Straße runter sieht der Kommissar und untreue Familienvater Kurt (Felix Kramer) die Reflektion von Blaulicht, erkennt die prominente Leiche und hat eine Idee: Wenn das Ableben dieses deutschen Ausnahmespielers noch einige Zeit geheim bliebe, könnte er im Wettbüro auf den unwahrscheinlichen Sieg der türkischen Mannschaft setzen und mit links die 17.000 Euro Schulden bei dem ostmafiösen Clanchef Tomo Kovac (Misel Maticevic) bezahlen. Das Geld ist just an diesem Tag fällig und Tomos Schläger streicheln einander schon testosterongeschwollen die Schlagringe.

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Gedacht, getan. Gut für Grimmer, dass gerade zwei Jungpolizisten mit der Tatortabsicherung beschäftigt sind, die in früheren Zeiten Paraderollen für Stan Laurel und Oliver Hardy abgegeben hätten. Und so weiter. In diesem Berlin knattern Männer in einem fort scheingewichtige Sätze, Frauen sind vorwiegend Beischlafmaterial mit Neigung zum Nacktsein. Es gibt fast nur Schurken hier, und damit man sie auch als solche erkennt, gucken sie brutal wie Kater Karlo, wenn der in den Problemvierteln von Entenhausen wieder mal die Micky Maus ein bisschen herumschubsen will. Am unglaubwürdigsten im Slapstickpanoptikum des Nick-Tschiller-„Tatort“-Machers Christian Alvart sind die völlig verblödeten Neonazis dieses Films, die sich tatsächlich streiten, ob man ein deutsches Tor bejubeln dürfe, wenn es ein Schwarzer wie Bou‘Penga geschossen hat. Überhaupt: Wer kommt auf solche Namen? Nach den ersten Folgen glaubt man, das verlorene Drehbuch zu „Die nackte Kanone 444 ¼“ sei endlich wieder aufgetaucht.

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