Angeschossene Funkhäuser: Die sieben größten Probleme von ARD und ZDF
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Sparen? Das war über Jahrzehnte ein Fremdwort im gebührenfinanzierten Schlaraffenland.
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Hannover. Sie stoßen an, sie sind zufrieden. Ein öffentlich-rechtliches Familientreffen an einem kalten Abend in Hamburg. 400 Gäste sind gekommen, darunter Tom Buhrow, Linda Zervakis, Ulrich Wickert, Anne Will, Kai Pflaume, Ingo Zamperoni, dazu fast alle ARD-Intendanten und drei Ministerpräsidenten. NDR-Chef Lutz Marmor geht in den Ruhestand, nach zwölf Jahren. Man feiert sich. „Wir sind noch nicht tot“, ruft Caren Miosga.
Balsam auf die Seelen. Applaus im Rolf-Liebermann-Studio.
Es ist ein Ort, der mit Gold und rotem Plüsch die schimmernde Grandezza der Vergangenheit atmet, als Rundfunk noch ein Hochamt war. „Ein Abend für Lutz Marmor“ heißt die Party. Aber es ist vor allem ein Abend für das gute Gefühl, dass alles in Ordnung ist. Bloß: Das stimmt nicht. Und alle hier wissen das.
Es knirscht heftig im Gebälk des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. 2020 wird ein entscheidendes Jahr für die Zukunft der 70 Jahre alten Institution. Es geht ums Geld und um die Zukunft. „Wir stehen vor Jahren des Verzichts“, sagt Miosga. Dieses Bewusstsein brauchte lange, um in die Köpfe der 22.000 ARD-Mitarbeiter und ihrer 3500 ZDF-Kollegen zu sickern. Doch inzwischen, berichten Insider, hat es auch der Letzte verstanden – vom Intendanten bis zum Oboisten. Es wird hart. Jedenfalls für öffentlich-rechtliche Verhältnisse.
<b>PROBLEM 1: </b>Der Spardruck steigt
Sparen? Das war über Jahrzehnte ein Fremdwort im gebührenfinanzierten Schlaraffenland. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass die ARD stolz ein „Zukunftspapier“ präsentierte. Bis 2028, hieß es darin, wolle man 981 Millionen Euro einsparen. WDR-Chef Tom Buhrow nennt es „die umfangreichste Strukturreform der Geschichte“.
Aber: „Das Ergebnis war ernüchternd“, sagt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Hier mal eine Spätschicht weniger, dort mal ein gekürzter Beitrag? Die Politik will mehr sehen als Kosmetik. Vor allem die beiden Zwerganstalten der ARD sind nervös. Radio Bremen fürchtet seit Jahren die Zwangsfusion mit dem NDR, der Saarländische Rundfunk könnte in den SWR integriert werden. Bis März will die ARD den internen Finanzausgleich neu regeln.
Die Stimmung ist gereizt. Noch mehr sparen? Dann müsse man auch ans Programm, drohen die Intendanten. Die Frage ist: Wäre das so schlimm? Könnte das Rezept nicht lauten: Weniger machen, aber besser? Ein robustes System aus Gewohnheitsrechten und Erbhöfen freilich sorgt zuverlässig für heftiges Gemurre, sobald in irgendeiner „Redaktion Zeitgeschehen“ oder in einem Regionalbüro Einschnitte drohen. Nun aber sollen allein beim WDR 500 Stellen wegfallen – das ist fast jede achte.
<b>PROBLEM 2: </b>Die Kritik am Rundfunkbeitrag wird lauter
Kein deutsches Medienhaus steht finanziell besser da als ARD und ZDF. Knapp 8 Milliarden Euro pro Jahr nehmen beide über den Rundfunkbeitrag ein, der seit 2013 pro Haushalt fällig ist. Allein die Abwicklung dieser Geldflut kostet 170 Millionen Euro pro Jahr. Beim „Beitragsservice“ in Köln (früher: GEZ) arbeiten fast 900 Mitarbeiter. In diesem Jahr endet die aktuelle, vierjährige Gebührenperiode. Die Gebührenkommission KEF schlägt vor, den Beitrag ab 2021 um 86 Cent zu erhöhen – also von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro pro Monat. Den endgültigen Bericht legt die KEF noch in diesem Monat vor. Im Herbst entscheiden dann die Ministerpräsidenten. Kein Zweifel: Sie werden einen höheren Beitrag ab 2021 beschließen.
Warum fürchten die Sender dann Finanzlöcher? Hintergrund: Zuletzt durften sie Rücklagen ausgeben. Dieses Geld ist aufgebraucht. Netto wird es also weniger. Die Wahrheit ist aber auch: Die Finanzen von ARD und ZDF sind in den letzten 25 Jahren fast explodiert: Die Inflation legte um knapp 36 Prozent zu, die Beitragseinnahmen dagegen um gut 70 Prozent. Das hat das Portal warenvergleich.de errechnet. Einige Bundesländer hätten den Rundfunkbeitrag gern dauerhaft an die Teuerungsrate gekoppelt. Er wäre dann automatisch gestiegen – ohne politisches Gezerre. Doch dieses Indexmodell scheiterte im Bundesrat.
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, macht sich deshalb gar keine Illusionen: „Es wird in diesem Jahr eine Grundsatzdebatte über den Beitrag geben“, sagt sie voraus. Denn es gebe auch in ihrem Bundesland „politische Kräfte, die dafür sorgen“. Fast täglich schimpfen AfD-Politiker über „Staatsfunk“ und „Systemmedien“. Ex-WDR-Chef Fritz Pleitgen erwartet im „Handelsblatt“ gar einen regelrechten „Showdown“.
Gegen den drohenden Sturm der Entrüstung hat der WDR gerade eine externe Agentur für Krisenkommunikation engagiert. Das Problem: Der Reformstau, das Wagenburgdenken und jüngste Pannen machen es den Gegnern von ARD und ZDF leicht. Die Sender neigen weiterhin dazu, bei Kritik oder Spardruck in reflexhaftes Abwehrpathos zu verfallen („Demokratie sichern!“). Aber nicht jede Sparmaßnahme gefährdet gleich die Staatsstabilität.
<b>PROBLEM 3:</b> Die Pannen häufen sich
Die Liste der jüngsten Aufreger ist lang. Nicht nur, dass WDR-Chef Buhrow die übereilte Löschung des „Umweltsau“-Videos verteidigte, in dem der WDR-Kinderchor scherzhaft klimaschädliche Seniorensünden anprangerte. Gerade hat Richard Gutjahr, bisher Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, den Intendanten Ulrich Wilhelm heftig dafür kritisiert, dass ihn der Sender in einem gewaltigen Shitstorm im Regen habe stehen lassen. Vor allem Buhrow muss sich Vorwürfe gefallen lassen, er agiere halbherzig und weltfremd – auch bei der Aufklärung mehrerer Fälle von sexuellem Missbrauch beim WDR. Im größten ARD-Sender herrscht, wie man hört, Frust über verkrustete Strukturen, Machismo und Cliquenwirtschaft.
<b>PROBLEM 4: </b>Die globale Konkurrenz wächst
Lineares Fernsehen? Was war das noch mal? Zwar ist das Vertrauen in ARD und ZDF unverändert hoch. In allen Altersgruppen aber werden Streamingdienste wie Netflix oder Amazon rasant populärer. Die lineare Nettofernsehzeit sinkt. Mit Ausnahme weniger Prestigeprojekte findet das „Golden Age of Television“ ohne ARD und ZDF statt. Dabei zeigen die BBC oder das dänische Fernsehen, dass auch nationale Medienhäuser internationale TV-Perlen produzieren könnten.
Die US-Riesen produzierten allein 2018 rund 500 neue Serien für 60 Milliarden Dollar. Mehr Kooperationen zwischen Konkurrenten – wie etwa der ARD und Sky bei „Babylon Berlin“ – werden nötig. Denn die Zukunft steht und fällt mit den Inhalten. Aber die Gagen für Starmoderatoren sind immens hoch – und die Sportrechte schon jetzt fast unbezahlbar. Mit DAZN oder Amazon mithalten? Das geht kaum noch. Gerade hat die Telekom sich die Rechte an der Fußball-EM 2024 gesichert.
Die sogenannte Schutzliste stellt zwar sicher, dass alle Spiele mit deutscher Beteiligung, das Eröffnungsspiel, die Halbfinals und das Finale im Free-TV laufen müssen – aber eben nicht unbedingt bei ARD und ZDF.
<b>PROBLEM 5: </b>Die Jüngeren wenden sich ab
Lineares Fernsehen ist wichtig für die Meinungsbildung – aber nur noch für 32,2 Prozent des Gesamtpublikums. So steht es im „Medienvielfaltsmonitor“ der Medienanstalten. Dahinter folgt schon das Internet mit 28,7 Prozent. Und für die Jüngeren ist klassisches Fernsehen schlicht irrelevant: Bei den Unter-29-Jährigen kommt das Netz auf 58,2 Prozent. Das alte Fernsehen liegt abgeschlagen bei 13,7 Prozent.
Sogar das Radio ist ihnen wichtiger. Schon die Werbeinseln im Vorabendprogramm verraten, für wen ARD und ZDF Fernsehen machen: Es geht viel um Reizdarm und Blasenschwäche. Bei den Mediatheken freilich kooperieren sie jetzt verstärkt. Und: Gerade hat die ARD Florian Hager, den Chef des Jugendangebots Funk, zum stellvertretenden Programmdirektor und obersten Mediathekenbeauftragten gemacht.
<b>PROBLEM 6: </b>Im Osten rumort es
Ein Indiz für den drohenden Strömungsabriss zwischen den im Westen produzierten TV-Hauptnachrichten und Teilen der ostdeutschen Bevölkerung ist das „Frankfurt-Problem“. Jahrelang war in der „Tagesschau“ nur von „Frankfurt“ die Rede. Dabei gibt es zwei deutsche Frankfurts. „Dass ein Ostdeutscher das automatisch mit Frankfurt/Oder verband, war uns hier lange nicht klar“, sagte „Tagesschau“-Chefsprecher Jan Hofer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sein bitteres Fazit: „Die gefühlte Grenze ist noch immer da. Sie zu überwinden ist eine extrem wichtige Aufgabe für uns.“
„Wir in Ostdeutschland wollen nicht nur in den ,Tagesthemen’ sein, wenn Nazis über die Straße marschieren“, sagt Ministerpräsidentin Schwesig. Inzwischen gibt es ARD-interne Seminare, in denen ostdeutsche Mitarbeiter ihren Westkollegen quasi Nachhilfestunden für gesamtdeutsches Empfinden geben. Neulich war auch die Publizistin Jana Hensel zu Gast. Beim Zorn im Osten gehe es nicht so sehr um Fakten, sagt Hofer, sondern um ein Gefühl.
„Es ist das Gefühl: ,Dadurch, dass ihr immer über das Negative berichtet, zerstört ihr unsere schöne Stadt.’“ Und dafür auch noch Gebühren zahlen? Es ist auch die Furcht um den Ruf der Heimat, die Frust schürt. Diesen Frust machen sich Populisten zunutze.
„Wir sind deins“, lautet der aktuelle ARD-Slogan. Damit wolle man zeigen: „Die ARD dient der Gesellschaft“, sagt BR-Chef Wilhelm. Doch diese Botschaft hat es schwer in Teilen Ostdeutschlands.
<b>PROBLEM 7: </b>Die Legitimation ist umstritten
Das Vertrauen ist weiter hoch – aber die Frage, ob ARD und ZDF noch die gesamte Gesellschaft erreichen, wird lauter. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kämpft um seine Legitimation, auch gegen eine Wutwelle in den sozialen Medien, wo man schnell Propaganda und Manipulation wittert. „Ich bin immer erstaunt, dass selbst normale, gebildete Menschen glauben, wir erhielten unsere Direktiven aus dem Kanzleramt“, sagt Helge Fuhst, Vizechef von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“. Sein Mittel für mehr Medienkompetenz: „Wir müssen erklären, was wir tun. Wir sprechen über uns, wir holen die Menschen ins Haus. Und da sind sie oft überrascht.“
Mehr Transparenz? Wird das reichen? Das duale TV-System – Private hier, Öffentlich-Rechtliche dort – ist nicht in Stein gemeißelt. „Wir müssen eine Sprache finden, die die Zuschauer verstehen – und zwar alle“, fordert ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler im Magazin „turi edition“. Über die Notwendigkeit eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks herrscht ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Aber schlanker soll er sein, agiler und zeitgemäßer.
In einer neuen Studie schlagen vier Medienwissenschaftler vor, ARD und ZDF zu einer Art „unabhängiger Digitalagentur für Qualitätsinhalte“ zu machen – eine Art „Spotify für Journalismus“, das auch Inhalte der Konkurrenz verbreitet. Das wäre das Ende des dualen Rundfunksystems. Mit dem Gedanken einer paneuropäischen TV-Plattform spielen etwa BR-Intendant Wilhelm und Springer-Chef Mathias Döpfner schon lange. In der FDP wurden zuletzt Stimmen laut, die die Aufgaben ganz neu verteilen wollen: Das ZDF könnte nationaler Sender bleiben, die ARD sich ganz um das Regionale kümmern.
Am Ende teilt auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen das Schicksal vieler großer Institutionen, die es lange nicht gewohnt waren, den Nachweis ihrer Existenzberechtigung selbst erbringen zu müssen. Wie die Gewerkschaften. Wie die Volksparteien. Wie die Kirchen. Am Ende haben alle eines gemeinsam: Wenn sie zum Selbstzweck werden, wenn es ihnen nicht gelingt, dem Publikum das Gefühl zu geben, ihre Lebenswelt abzubilden, sind sie verloren.
Was dürfen ARD und ZDF überhaupt?
Stolze 29 Jahre hat das Papier auf dem Buckel, das in Deutschland bisher die Fernseh- und Radiowelt geregelt hat: der Rundfunkstaatsvertrag. Er stammt aus dem Jahr 1991 – aus der Steinzeit der Digitalisierung also, in der von Youtube, Netflix, Profi-Gamern und Livestreams bei Tiktok noch keine Rede sein konnte. Im Dezember haben die Ministerpräsidenten endlich seinem modernisierten Nachfolger zugestimmt. Der neue „Medienstaatsvertrag“ definiert Rundfunk nicht mehr als „elektromagnetische Schwingungen“.
Das aufgefrischte Regelwerk sieht unter anderem folgende Neuerungen vor: Facebook, Google und Co. dürfen journalistisch-redaktionelle Angebote nicht diskriminieren – sprich: Sie müssen offenlegen, warum sie Themen wie gewichten. Fake-News-Verbreitern drohen Konsequenzen. Plattformen, die Inhalte anderer Redaktionen verbreiten („Medienintermediäre“) – dazu gehören auch Alexa und Siri – müssen ihre Gewichtungskriterien künftig transparent machen und Inhalte mit „gesellschaftlichem Mehrwert“ prominenter platzieren als andere. Und: Livestreams und Youtuber, die im Schnitt der letzten sechs Monate weniger als 20.000 gleichzeitige Zuschauer hatten, brauchen keine teure Rundfunklizenz. Bisher lag diese Grenze bei 500. Wegen einer EU-Frist müssen die Länder dem Vertrag bis September zustimmen.
15 Symphonieorchester, acht Chöre und vier Big Bands
Das neue Gesetzeswerk regelt aber auch den genauen Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen demnach „die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft“ erfüllen – und zwar „objektiv und überparteilich“. Das umfasst „Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung“ sowie „Kultur“.
In ihren Onlineportalen dürfen die Sender keine Werbung schalten, keine „flächendeckende lokale Berichterstattung“ anbieten und nicht „presseähnlich“ sein. Stattdessen muss der Schwerpunkt auf Bild und Ton liegen. Finanziell müssten die Öffentlich-Rechtlichen so ausgestattet sein, dass sie ihren Auftrag erfüllen und „Bestand und Entwicklung“ des Rundfunks gewährleistet sind.
Die Frage, was zu einem zeitgemäßen Programmauftrag gehört, war über Monate in der politischen Diskussion. Müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio wirklich Studios an 129 Orten in Deutschland betreiben, um regionale Vielfalt zu sichern? Braucht öffentlich-rechtlicher Rundfunk 15 Symphonieorchester, acht Chöre und vier Big Bands? Der neue Medienstaatsvertrag gewährt ARD und ZDF in Details mehr Freiheiten. Er erinnert aber auch wörtlich an „die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“.
Extra: „Staatsfunk“ – ein politischer Kampfbegriff
ARD und ZDF – das sei doch „Staatsfunk“, klagen AfD-Funktionäre und Internettrolle regelmäßig. Zwar klingt „öffentlich-rechtlich“ nach Staat und Behörde. Historisch gesehen aber ging es genau um das Gegenteil: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Gegenmodell zum gleichgeschalteten Rundfunk der Nazizeit geschaffen. Statt verstaatlichter und zentralisierter Regierungsmedien sollten die Rundfunkanstalten nach dem Vorbild der BBC unabhängig vom Staat agieren. Kontrollorgane sollten Gremien sein, in denen Vertreter vieler „gesellschaftlich relevanter Gruppen“ sitzen – also auch Politiker.
Immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt: In Deutschland darf es keinen „Staatsfunk“ geben – sehr zum Ärger etwa von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Der träumte einst von einem privaten Deutschland-Fernsehen. Für den Bund sollte es 51 Prozent an dieser GmbH geben, für die Länder 49 Prozent. Karlsruhe schritt ein, das Adenauer-Fernsehen gab es nie. Die Politikferne freilich muss regelmäßig neu justiert werden. Zuletzt erklärten die Karlsruher Richter 2014 den ZDF-Staatsvertrag in Teilen für verfassungswidrig, weil zu viele Vertreter von Bund, Ländern und Parteien in den Aufsichtsgremien saßen. Staatsferne ist also eine verfassungsrechtliche Pflicht.
Der Geburtsfehler freilich liegt in der Krux, dass es die Länderparlamente sind, die über Auftrag und Ausgestaltung von ARD und ZDF entscheiden. Daraus resultiert der Dauerverdacht, beide steckten unter einer Decke. Und tatsächlich missverstand mancher Landesfürst „sein“ drittes Programm als Machtvehikel. Als gesamtgesellschaftlich und solidarisch organisiertes Instrument zur Meinungsbildung ist das Konstrukt zwar dringend reformbedürftig. Von „Staatsfunk“ aber kann keine Rede sein.
RND