Kurt Krömer und seine „Late Night Show“
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Showdown in der Sitzgruppe: Kurt Krömer (M.) mit seinen Gästen Gregor Gysi (l.) und Helge Schneider.
© Quelle: Daniel Porsdorf/ARD
Berlin. Kurt Krömer ist eine Rampensau. Das wird sofort klar, wenn er vor der Aufzeichnung der ersten Ausgabe seiner neuen ARD-„Late Night Show“ im Theater am Schiffbauerdamm auftritt. Er hat das Publikum sofort in der Tasche, das Warmup wirkt sogar noch ein bisschen unmittelbarer als das Programm vor der Kamera. Er scherzt mit den Zuschauern („Es kann sein, dass Sie nach Hause geschickt werden, wenn mir Ihre Frisur nicht passt“) und kündigt an, ab sofort politisch korrekt sein zu wollen und statt Hausfrau „indoor woman“ zu sagen und statt Hühnerficker „chicken Romeo“.
Sein erster Satz für die Kamera lautet: „Ich bin zurück“, begleitet von tosendem Applaus. Im Vorfeld hatte er angekündigt, die bunten Anzüge zu Hause lassen und sich die Haare nicht mehr so streng scheiteln zu wollen. Krömer kommentiert den Imagewandel selbstironisch: „Ich bin jetzt viel seriöser. Habe ich zumindest in der Zeitung gelesen. Dabei haben mir meine Eltern beigebracht, dass es auf die inneren Werte ankommt. Diese elendigen Lügner.“
Tatsächlich aber beschränkt sich der Wandel vor allem aufs Äußere. Das Bühnenbild unterscheidet sich deutlich vom Sechziger-Jahre-Muster aus Krömers „Internationaler Show“, die bis 2011 vier Jahre lang in der ARD lief: Nun gleicht das Ambiente einem altmodischen Wohnzimmer mit Zimmerpflanze, roten Barhockern, einem alten Läufer, einem Oma-Sofa und einer Treppe mit einem Geländer, das auch in ein Eiscafé aus den Fünfzigern passen würde. An der Wand hängen ein ausgeblichenes Sonnenblumenbild und ein Kaninchenfoto. Der leicht angestaubte Charme des Berliner Ensembles ist die neue Kulisse für Krömers Late-Night-Show, die ab 18. August immer nach dem „Wort zum Sonntag“ ausgestrahlt wird.
Inhaltlich ist alles beim Alten geblieben: Der Abend setzt sich zusammen aus Talkshow und eingespielten Filmchen, die Krömer „MAZ“ (magnetische Bildaufzeichnung) nennt. Auch die neue Kurzrubrik „Kompetenzteam“ - Krömer fachsimpelt mit Technikern und Security - kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Grimme-Preisträger mit seiner neuen Show keinesfalls neu erfunden hat.
„Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: Der große Schabernack und der kleine Klamauk haben hier Hausverbot.“ Kaum hat Krömer diese Worte gesprochen, tritt Dirk Bach im Glitzerkostüm auf und verschwindet gleich wieder. Ein sehr wirkungsvoller Gag. Länger bleibt Gregor Gysi. Es entwickelt sich eine spannende Reibung zwischen den Gesprächspartnern, der Politiker sucht die Rollen zu vertauschen und fragt Krömer, ob er auch im Alltag lustig sei. Krömer mimt spontan den Psychiater-Patienten: „Nein, hinter den Kulissen bin ich ein trauriger Pierrot. Aber Sie, Sie haben mir das Lachen zurück geschenkt.“
Helge Schneider, der zweite Gast der Premierenshow, ist bekanntlich selbst dann ein großer Komiker, wenn er Erdnussflips in sich hineinschaufelt. Krömer gibt sich ihm gegenüber als ergebener Fan, eine ganz andere Haltung als gegenüber Gysi, dem er im Wechsel liebevoll und unverschämt begegnet.
Durch die Show ziehen sich kurze Filme über Krömers Besuch der Isaf-Truppen in Afghanistan. Weil Krömer den Krieg scheinbar so gar nicht ernst nimmt und sich wie ein naiver Clown im Krisengebiet bewegt, entlarvt er die Absurdität dieses Einsatzes. Dennoch drängt sich der Gedanke auf, ob in solch kurzen Einspielungen der komplexe Konflikt nicht banalisiert wird.
Ausstrahlung der ersten Sendung: Sonnabend, 18. August, 23.15 Uhr, ARD, danach zu wechselnden Uhrzeiten, aber immer nach dem „Wort zum Sonntag“.
Nina May
HAZ